Wie Jil Sander eine ganze Generation junger Designer aus der Hansestadt beeinflusst hat

Tobias Jopp und Stefan Harm, Harm Jopp Jerseys: „Die 1990er-Jahre waren für uns Modedesign-Studenten eine aufregende Zeit. Der Minimalismus feierte viele anspruchsvolle Kollektionen, und die konsequente ,Queen of Less‘ beeindruckte mit ihrer kreativen und puristischen Formensprache mit jeder Kollektion aufs Neue.

1997 eröffnete Jil Sander ihren Flagship-Store am Neuen Wall. Dieser beeindruckend großzügig und clean angelegte Store vermittelte mir das Gefühl, dass sich jetzt etwas wandelt: Hamburg wurde zur europäischen Modemetropole. Die Architektur vermittelte internationales Niveau; Modedesign und Ladenkonzept schienen zu verschmelzen. Dieses gesamtheitliche Denken im Designanspruch hat mich sehr beeindruckt. Mit ihrem Firmensitz an der Alster zeigte die Designerin eine Verbindung von Tradition, Prunk und Snobismus. Modedesign made in Germany hatte erstmals einen hohen, anerkannten Stellenwert.

Ihre Designsprache hat meine Generation nachhaltig geprägt. Der Verzicht auf unnötige Dekoration und die Leichtigkeit eines Kleidungsstückes sind bis heute für unsere kreative Arbeit unverzichtbar. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Der leichte, ungefütterte Blazer, gelauncht von Frau Sander Mitte der 1990er-Jahre, ist fester Bestandteil unserer Kollektionen.“

Stefan Eckert: „Jil Sander hat es wie keine andere geschafft, das Hamburger Lebensgefühl in einen eigenen und unverkennbaren Stil zu übersetzen. Von Beginn ihrer Karriere war die Mode von Jil Sander hochwertig, perfekt gearbeitet und losgelöst von saisonalen Trends. Für mich war dieses werteorientierte Konzept von Jil Sander sehr inspirierend, als ich vor fast neun Jahren mein eigenes Label gegründet habe. Ihre Bedeutung für die Mode wird noch deutlicher, wenn man ihre Entwürfe im Kontext ihrer Entstehungszeit betrachtet. Ihre Haltung zu Mode war schon immer revolutionär und drückte ein gewisses neues Selbstverständnis moderner Frauen auf perfekte Weise aus. Dieses habe ich immer als sehr unbemüht und unangestrengt empfunden.

Auch, wenn ihre Entwürfe natürlich immer auch einen intellektuellen Ansatz hatten, waren sie gleichzeitig schön und haben Frauen gut gekleidet. Für mich ist dies nicht selbstverständlich, da vor allem in Deutschland Mode gerne oft eine gewisse Oberflächlichkeit attestiert wird. Oft habe ich sogar den Eindruck, dass es manche Menschen als Notwendigkeit empfinden, sich schlecht zu kleiden, in der Hoffnung, sich damit einen Anschein von Tiefgang und Reflexion zu verleihen. Für mich gehört Jil Sander zu den wichtigsten internationalen Modedesignern der letzten Jahrzehnte.“

Susanne Gröhnke und Telsche Braren, Modelabel Hello: „Wir lieben Jil Sander! Sie ist Inspiration seit unseren Studienanfängen Ende der 1980er-Jahre. Wir waren damals überglücklich, wenn wir Stoffe ihrer Kollektionen bei einem Stoffgroßhändler ergattern konnten, um eigene Entwürfe daraus zu realisieren. Das waren luxuriöse und innovative, ganz außergewöhnliche Stoffe.

Für uns war und ist die Modeschöpferin noch immer der Inbegriff des coolen und zeitlosen Stils. Mit ihrem Look verkörpert sie die moderne, berufstätige Frau. Jil Sander hat in ihren Kollektionen nicht die Robe für abendliche Events in den Vordergrund gestellt, sondern den Anzug – als Symbol für eine selbstbewusste Frau. Auch in unseren Kollektionen ist dieses Frauenbild Leitthema: Seit 1996 entwerfen wir eine Linie, die sich durch klares, pures Design, elegante Schnitte und perfekte Passform auszeichnet. Denn auch unsere Kundin ist eigenständig und muss für ihren Job perfekt gekleidet sein.

Jil Sanders Ausstellung werden wir uns auf jeden Fall anschauen, und es würde uns wahnsinnig freuen, sie einmal persönlich zu treffen.“