Hamburg/Ahrensburg. Hunderte Weggefährten bei zwei Trauerfeiern – morgens in der Kirche und abends im Restaurant. Bewegende Worte von Udo Lindenberg.

Dieser Abend hätte „Gotti“, wie ihn seine Kollegen nannten, gefallen: Schon nach den ersten Takten von Axel Zwingenberger wich die Trauer aus vielen Gesichtern. Die Musik brachte die gut 300 Gäste zum Lächeln. „Willkommen zu einer hoffentlich wundervollen Session aus einem sehr traurigen Anlass“, sagte Zwingenberger im Restaurant Strehl in Ahrensburg, wo Böttger zuletzt wohnte.

Auf einem Klappstuhl vor der Bühne verfolgte seine Lebenspartnerin Ellen von Spányi die Auftritte, an ihrer Seite saß Bischöfin Kirsten Fehrs. Während die Gitarristen Manusch Weiß und Roberto Weiß mit Jürgen Attig (Bass) musizierten, kam auch Udo Lindenberg an. Nach einem Schluck alkoholfreiem Weizenbier zog es ihn ins Gartenzelt, um eine Zigarre zu rauchen. Dort stand auch Pop-Art-Künstler Kurt Schulzke (Schulzke’s Skandal Trupp), der ein großes Böttger-Porträt mitgebracht hatte. „Das ist vor zehn Jahren entstanden, zu einer Preisverleihung“, sagte Schulzke.

Udo Lindenberg erinnerte an die „dollen 70er-Jahre“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Manusch Weiß erzählte, wie er Böttger über seinen Vater kennengelernt hatte – der Beginn einer langen Freundschaft. „Gottfried war auch in Zeiten für mich da, als es mir nicht gut ging“, sagte Weiß. Nach dem Duo 2Hot erinnerte Lindenberg an die „dollen 70er-Jahre“. Und sang Böttgers Lieblingslied: „Mackie Messer“. Am Klavier, und auch das hätte „Gotti“ gefallen, begleitete ihn Böttgers Sohn Bendix.

Schon am Vormittag hatten Freunde und Weggefährten in der Kirche St. Johannis Harvestehude Abschied von dem Pianisten genommen, der am 16. Oktober im Alter von 67 Jahren an Krebs gestorben war. Der schwarze Sarg glänzte im Kerzenlicht der vielen Messingleuchter. Davor schlichter Blumenschmuck: Kranz, Gesteck und ein paar Sträuße. Den Deckel des Sargs ziert eine Klaviertastatur.

Vier Jahrzehnte lang saß „Gotti“ bei „3nach9“ am Klavier

Sechs Jahrzehnte seines Lebens hatte der Hamburger dem Spiel auf den schwarz-weißen Tasten gewidmet. Sein Können und seine Begeisterung für Boogie-Woogie, Ragtime und Blues haben die Musikszene der Hansestadt maßgeblich geprägt, Millionen Menschen unterhalten und der Talkshow „3nach9“ vier Jahrzehnte lang den musikalischen Rahmen gegeben.

Zu den rund 500 Trauergästen gehörten neben Böttgers Lebensgefährtin Ellen von Spányi und seinem Sohn Bendix seine langjährigen musikalischen Begleiter Abi Wallenstein, Vince Weber und Axel Zwingenberger. Letzterer ehrte seinen Freund schon bei der Trauerfeier in der Kirche auf ganz besondere Weise. Er spielte am Flügel den How-Long-Blues und den Hit aus „Gottis“ früherer Rentnerband: „Der Clou“.

Im Krankenhaus spielte er noch jeden Tag für Patienten

Ebenfalls gekommen waren Kabarettist Hans Scheibner, der für Böttger den Text zu „Hamburg 75“ geschrieben hatte, Carlo von Tiedemann, der Böttger noch aus Onkel-Pö-Zeiten kannte, die „3nach9“-Moderatoren Judith Rakers und Giovanni di Lorenzo sowie Böttgers Exfrau, die Pianistin Jasmin Böttger. Die Trauerfeier wurde von Gemeindepastorin Claudia Tietz und Bischöfin Kirsten geleitet. Ihren sehr persönlichen Ansprachen merkte man an, wie sehr sie den Verstorbenen geschätzt hatten. „Er war ein herausragender Musiker, ein großartiger Gefährte, ein Herzensmensch“, sagte die Bischöfin.

Pastorin Tietz berichtete, wie sehr Böttger der Harvestehuder Kirche verbunden war. „Hier wurde er konfirmiert, hier hat er als Jugendlicher Klavier gespielt.“ Einmal sei er sogar nachts in den Gemeindekeller eingestiegen, um dort Klavier zu spielen. Noch sechs Wochen vor seinem Tod habe er während eines Gemeindefests vor der Kirche ein kleines Konzert gegeben. „Im kommenden Jahr wollte er das in der Kirche wiederholen.“

Die Musik sei seine Sprache gewesen, sagte die Bischöfin. Sie sei seine Begabung und seine Energie gewesen und habe ihn in der Krankheit begleitet. Sie erzählte der Trauergemeinde, dass der 2009 an Blasenkrebs erkrankte Böttger nach der Operation im Krankenhaus ein Klavier entdeckte – und fortan an jedem Nachmittag um 16 Uhr ein Konzert für die Patienten gab.