Hamburg. Der Poet und Liedermacher trat auf seiner Jubiläumstour in der ausverkauften Laeiszhalle auf. Ein phänomenaler Abend.
Als nach dem ersten Teil die Ovationen kein Ende nehmen wollen, warnt Konstantin Wecker mögliche neue Besucher seiner Konzerte: „Jetzt kommt nur die Pause, es geht gleich weiter.“ Zwei Stunden später, die Uhr zeigt gen Mitternacht, ist der Abend dann wirklich vorbei. Wecker kommt noch einmal auf die Bühne der ausverkauften Laeiszhalle, um sich zu bedanken: „Wie schön, wenn man ein Publikum hat, dass einem dreieinhalb Stunden zuhört.“
70 Jahre alt ist Konstantin Wecker im Juni geworden, auch das Konzert am Sonntag in Hamburg trägt den Stempel Jubiläumstour. Der Münchener hätte es sich mit einem eilends zusammen gestöpselten Best-of-Programm aus einem halben Jahrhundert musikalischen Schaffens einfach machen können. Aber den leichten Weg ist Konstantin Wecker noch nie gegangen, stets war er bereit für Neues. Solo, mit Weggefährten wie Hannes Wader, an der Seite von Weltstars wie Joan Baez und Mercedes Sosa oder mit einem Chor aus Kamerun, mit dem er 1996 durch die Republik tourte.
Wecker wagt an diesem Abend viel
Wecker wagt auch an diesem Abend viel, selbst auf „Genug ist nicht genug“, eines seiner bekanntesten Werke, verzichtet er. Das schafft Raum für Neues, für Überraschendes, etwa für eine berührende Hommage an seinen Vater, einem wenig erfolgreichen Opernsänger: „Mir flog das zu, was Dir verwehrt geblieben ist. Du hattest Mut, ich hatte Glück.“ Begleitet wird er von fünf großartigen Musikern, die für den Chef immer wieder neue Klangfarben zaubern. Von der Klassik über den Pop bis zum Blues.
Zwischendurch haut Wecker selbst in die Tasten, seine neue CD heißt nicht umsonst „Poesie und Widerstand“. Er singt wie eh und je gegen Krieg, gegen Faschisten, für den Frieden, für die Liebe. Mit „Sag nein“, jener Hymne gegen Ausländerhass und Schwulenfeindlichkeit, hat er den Abend eröffnet, sein politisches Signal nach der Bundestagswahl. Die Tonart d-Moll hat er eigens gewechselt. Schließlich könne man in diesen Zeiten den Dreiklang a-f-d nicht mehr spielen, sagt Wecker mit einem Augenzwinkern.
Manches ist Wecker peinlich
Dogmatiker, nein, das wollte einer wie er nie sein. Einst stürmten stramme Marxisten seine Konzerte, wollten ihn auf Linie trimmen, seine Lieder gar umschreiben. Wecker hat das immer abgelehnt, wollte sich nie vereinnahmen lassen. Manches ist ihm peinlich in der Rückschau, vor allem sein Gockel-und Macho-Gehabe. Etwa, als er sich vor in den Siebziger Jahren in einem bodenlangen Nerzmantel in seiner Heimatstadt München fotografieren ließ.
„Ich habe alles dafür getan, um die Siebzig nicht zu erreichen“, sagt Wecker in Anspielung auf seine Drogensucht, die ihn sogar ins Gefängnis brachte. Diese Tournee ist daher auch sein großer Sieg über sich selbst. Und ein Geschenk für seine Fans. Ein phänomenaler Abend.
Am 12. Oktober 2018 kommt Wecker wieder in die Laeiszhalle. Der Vorverkauf startet in Kürze.