Hamburg. Der Vertraute des CDU-Abgeordneten Christoph Ploß wurde wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer Burschenschaft angegriffen.
Gewaltsamer Übergriff an der Universität Hamburg: Maurice Gesser, stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union in Hamburg und Vertrauter des CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß, wurde während der Sitzung des Studentenparlaments am Donnerstagabend niedergeschlagen.
Wie die Polizei bestätigt, sei es gegen 21.15 Uhr im Hörsaal der ehemaligen Hochschule für Wirtschaft und Politik zu einem Übergriff gekommen, zwei Streifenwagen waren im Einsatz. Gesser, der als Nachrücker für den Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) der Sitzung beiwohnte, wurde leicht verletzt und erstattete Anzeige.
Gesser ist Mitglied in schlagender Verbindung
"Der Täter hat mir in den Brustkorb getreten und mir einen Faustschlag versetzt, sodass ich über eine Stuhlreihe flog, an der ich lehnte, und zu Boden ging", berichtete Gesser dem Abendblatt. Er habe ein blaues Auge und Knochenprellungen davongetragen. Der Täter habe zu einer Gruppe von vier bis fünf parlamentsfremden Personen gehört, die es offenbar wegen Gessers Mitgliedschaft in einer studentischen Verbindung auf ihn abgesehen hatten.
"Einer hatte mich in einer Fraktionspause immer wieder gefragt, ob ich ein 'Burschi' sei", sagte Gesser (23). Er habe das wahrheitsgemäß verneint, weil er Wert auf die Unterscheidung zwischen Burschenschaften und Verbindungen lege. In der schlagenden Verbindung Corps Rhenania, der Gesser angehört, sei Toleranz das wichtigste Prinzip. Im Gegensatz zu den oft rechts ausgerichteten Burschenschaften, deren Gedankengut er ablehne, träten Verbindungen zudem nicht politisch auf. Religion und Herkunft spielten keine Rolle, auch seien politisch alle Strömungen vertreten.
Polizei ermittelt wegen Körperverletzung
Diesen Unterschied habe er auch im späteren Verlauf der Sitzung zu erklären versucht, als Gesser mit einem Foto von einem Stiftungsfest konfrontiert worden sei, auf dem er als Korporierter zu erkennen war. Hintergrund: Laut einem Beschluss des Studierendenparlamentes vom 23. Mai 2013 gilt die Übernahme von Ämtern innerhalb der Studierendenschaft durch im Kooperationsverband Deutsche Burschenschaft Organisierte als unvereinbar. BWL-Student Gesser: "Offenbar wurden meine Erklärungen nicht verstanden." Es kam zum tätlichen Angriff.
Der Täter und die dazugehörige Gruppe konnten unerkannt durch die Räume des Cafés Knallhart flüchten. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Körperverletzung.
RCDS greift Grüne an
Der gewaltsame Übergriff hatte allerdings auch ein politisches Nachspiel. Während der RCDS und andere Fraktionen die Sitzung nach dem Vorfall geschlossen verließen und damit das Parlament nicht mehr beschlussfähig war, wollte die Gruppe CampusGrün die Sitzung fortsetzen. Ihre Vorsitzende Laura Franzen betonte zwar, dass Gewalt kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung und durch nichts zu rechtfertigen sei. Allerdings widerspreche Gessens Mitgliedschaft im Corps Rhenania wenn schon nicht dem Wortlaut, so doch dem Geist der Bekundung des Parlaments von 2013. Burschenschaften und Corps, hieß es in einer Stellungnahme weiter, seien "mit ihren rassistischen, sexistischen und nationalistischen Einstellungen ein Hort von rechtem Gedankengut. Diese Form der organisierten Ungleichheitsideologie steht gegen unsere Überzeugung der Gleichwertigkeit aller Menschen und bedeutet eine strukturelle Form von Gewalt."
Der RCDS hob dagegen hervor, dass das mutmaßliche Tatmotiv, die vermeintliche Mitgliedschaft in einer Burschenschaft, nicht gegeben sei, und warf CampusGrün sowie den Linksaußen-Fraktionen vor, den Angriff zu relativieren. Die Grünen hätten mit ihrer Stellungnahme den Kreis der Demokraten verlassen und das Opfer zum Täter gemacht. "Wer zur Gewalt gegen Andersdenkende greift, ist ein Feind von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Landesvorsitzenden Ramon Weilinger und des Gruppenvorsitzenden Ramin Shakiba.
Auch den RCDS-Bundesverband rief der Vorfall auf den Plan. Er forderte als Konsequenz, die Demokratieerklärung für die Förderung studentischer Initiativen wiedereinzuführen und die Zusammenarbeit der Hochschulen mit vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuften Organisationen zu beenden.