Hamburg. 15 neue Kriminalfälle von Rechtsmediziner Klaus Püschel und Autorin Bettina Mittelacher
Tote riechen recht bald unangenehm. Leichen verwesen und faulen, mumifizieren oder skelettieren. Sehr detailreich beschreibt das der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel in dem neuen Krimi-Sachbuch „Tote lügen nicht“. In seiner mehr als 30-jährigen Berufskarriere hat Püschel unzählige Leichen untersucht und dazu beigetragen, Verbrechen aufzuklären. Mitautorin Bettina Mittelacher hat viele Prozesse gegen Mörder und Totschläger verfolgt und stellt die Ergebnisse von Püschel in den größeren, dramatischen Kontext.
Die 15 beschriebenen Fälle sind bedrückend. Es geht unter anderem um den Hungertod der kleinen Jessica 2005, die Ermordung der afghanischstämmigen Jugendlichen Morsal durch ihren Bruder 2008 und einen Selbstmord im Schredder eines Recyclingunternehmens. Besonders ausführlich gehen die Autoren auf den Fall des „Maskenmannes“ ein, dessen Opfer – Jungen im Alter zwischen acht und 13 Jahren – Püschel fast 20 Jahre lang beschäftigt haben. Wie sich später herausstellt, ist der Serientäter ein Pädagoge. Nachts dringt er dunkel gekleidet und maskiert in die Schlafräume von Kindern ein und missbraucht sie. Den ersten Jungen entführt er im Februar 1992 aus einem niedersächsischen Internat. Wochen später wird seine Leiche bei Verden gefunden.
Die Polizei kommt dem Täter lange Zeit nicht auf die Spur. Mehrere Dutzend Male werden in den folgenden Jahren in niedersächsischen Schullandheimen und Zeltlagern Jungen missbraucht. Im Sommer 1995 wird erneut ein Achtjähriger ermordet. Die Leiche wird in Dänemark nahe der Grenze zu Deutschland entdeckt. 2001 verschwindet ein Neunjähriger aus einem Schullandheim bei Bremen. Das tote Kind wird zwei Wochen später im Wald gefunden. Doch erst zehn Jahre später, im April 2011, können die Ermittler den damals 40 Jahre alten Pädagogen in Hamburg festnehmen. Am Tag darauf gesteht er die drei Morde und weitere Missbrauchstaten.
Die beschriebenen Fälle sind „unglaublich spannend“, wie die Autoren im Vorwort schreiben. Doch zum Schluss stellen Püschel und Mittelacher auch die selbstkritische Frage, wem die Geschichten nützen, außer vielleicht der Selbstdarstellung der Autoren und dem Fach Rechtsmedizin? Ihre Antwort: „Wir können verstehen, lernen und Erfahrungen in positive Energie umsetzen.“ Nach „Tote schweigen nicht“ und „Tote lügen nicht“ kündigen sie einen dritten Band zum Thema an.