Hamburg. Wassersport ist ein typisches Hobby für Hamburger. Hingabe zum Segeln verändert sich jedoch. Das spürte auch die hanseboot.

Wer in diesen Tagen Hamburger Yachthäfen besucht, sieht ein seit Jahren vertrautes Bild: Viele Liegeplätze sind jetzt schon verwaist, in anderen schaukeln im Herbstwind Segelboote, deren Masten bereits für das „Winterlager“ an Land gelegt sind. Grauhaarige Männer klarieren an Deck die Leinen, Trecker dröhnen, während sie schwere Boote aus dem Wasser ziehen. Der Oktober ist in Hamburg das klassische Saisonende für die „Yachties“, die an Elbe, Alster oder Bille ihre Liegeplätze haben. Winterzeit heißt jetzt Bastelzeit. Und so etwas wie ein Startschuss für diese Vorbereitung auf die neue Saison ist die Hamburger Traditionsmesse hanseboot Ende des Monats.

Das ist ein fester Termin – und für manchen Bootseigner wohl schon eine so unverrückbare Tradition wie Weihnachten. Und doch schockte die Hamburg Messe kürzlich mit der Ankündigung, dass die hanseboot nach 56 Jahren 2018 aufgegeben und durch eine „In-Water-Show“ ersetzt wird. Zu wenig Aussteller, zu wenig Besucher, hieß es zur Begründung. Kamen noch 2005 gut 130.000 Besucher, wurden zuletzt etwa 60.000 gezählt.

Am Nachwuchs mangelt es in Hamburg nicht

Hat die Affinität der Hanseaten zum Wassersport nachgelassen? Mit Zahlen ist das nicht zu belegen, wie eine Nachfrage bei den Verbänden zeigt. Der Hamburger Seglerverband vertritt beispielsweise immer noch 13.000 Mitglieder seiner angeschlossenen Vereine. Eine Zahl, die seit Jahren stabil sei, wie Verbandssprecher Martin Borkmann sagt. Zwar gebe es den einen oder anderen Club mit Nachwuchssorgen, aber Vereine, die sich um dieses Thema kümmern, hätten immer noch große Jugendabteilungen. Auch der Hamburger Motorbootverband will nicht klagen. 1500 Mitglieder zählt er, wie sein Vorsitzender Dieter Esdorn sagt. Auch das sei eine stabile Zahl: „Wir hatten beim Nachwuchs mal einen Durchhänger, aber das hat sich wieder normalisiert.“

Doch warum blieben dann der hanseboot die Besucher weg? Eine Antwort auf diese Frage kann man in dem kleinen Hafen der Harburger Knief-Werft finden, die in diesem Frühjahr immerhin 90 Jahre alt geworden ist. Firmengründer Alfred Knief hatte zunächst Kajaks und Ruderboote repariert und gebaut. Gemeinsam mit seinem Sohn und heutigen Werfchef Peter Knief entstanden an der Süderelbe später auch hölzerne Jollenkreuzer und andere Boote. GFK als neues Bootsmaterial war dann die Sache von Peter Knief, der 1965 mit 24 Jahren jüngster Bootsbaumeister Hamburgs wurde.

Ideeller Träger der Messe

Die Kniefs gehörten mit ihren Booten 1961 zu den ersten Ausstellern und gewissermaßen auch Gründern der hanseboot, weil ihr Bootsbauverband immer ideeller Träger der Messe war. „Das war zuerst vor allem eine Messe von Hamburgern für Hamburger“, erinnert sich Peter Knief. Zuletzt war er mit Neubauten der traditionellen Elb-H-Jolle dort vertreten, Boote für Liebhaber klassicher Linien, die Knief in einer Kombination aus GFK und Holz fertigt. „Die Leute wollen das auch sehen und anfassen können“, sagt er.

Dennoch hatte er bereits 2014 einen Schlussstrich unter die hanseboot gezogen. Man habe seinen Stand ständig verlegt, schließlich habe er sich zwischen Klamotten und Whirlpools wieder gefunden, schimpft er und wiederholt das Wort „Whirlpool“, als sei es irgendetwas Ekliges zum Essen. Auch andere Bootsaussteller seien da schon nicht mehr nach Hamburg gekommen, sagt er. Manche auch deshalb, weil es mit den Hallen mitten in der Stadt einfach zu eng sei, um größere Yachten dort hin transportieren zu können.

Düsseldorf hat Hamburg den Rang abgelaufen

Tatsächlich hat Düsseldorf mit seinem abseits gelegenen Messegelände Hamburg längst den Rang abgelaufen. Mit 240.000 Besuchern ist die dortige Bootsmesse weltweit Marktführer und lange vor dem Termin im Januar weitgehend ausgebucht. Diese Konzentration hat nach Auffassung des Harburger Werfchefs aber auch einen Grund, der sich in Hamburg beobachten lässt. „Es gibt schon ein Problem“, sagt Knief. Denn die jüngeren Segler chartern lieber oder messen sich bei Regatten mit vereinseigenen Booten. Sich mit einer eigenen Yacht auf Jahre binden, jede Freizeit in dieses Hobby zu investieren - das gebe es heute immer weniger, sagt Knief. Er kann sich dabei auf Zahlen berufen: So besitzen nach Branchenangaben etwa drei Prozent der über 60-Jährigen ein eigenes Boot, bei jüngeren Jahrgängen sind es mit sinkender Tendenz nur noch ein Prozent.

Hinzu kommt ein riesiges Angebot von Gebrauchtyachten, die günstig zu haben sind: Eine ganze Generation älterer Wassersportler gibt gerade das so lang gepflegte Hobby auf, weil es körperlich oft nicht mehr geht. Die GFK-Yachten der 70er-Jahre rosten aber nicht wie Autos, 80 Prozent aller jemals gebauten Kunststoffyachten existieren nach Schätzungen noch. „Wer kauft schon ein neues Boot, wenn es viel günstiger ein gutes gebrauchtes gibt“, sagt Knief. Die Aussteller großer Yachten konzentrieren sich daher dann auf wenige Messen wie in Düsseldorf. Weniger Aussteller bedeuten aber auch weniger Besucher. Eine Chance für eine hanseboot-Zukunft sieht Werftchef Knief dennoch. „Wir bräuchten“, sagt er, „einfach eine kleinere, regionale Messe.“ Immerhin: genau so etwas ist geplant - dann aber im Hafen direkt.