Hamburg. Das Le Méridien an der Alster wird vom 6. bis 8. Oktober zu einem großen Mode-Showroom. Mehr als 100 Modedesigner sind mit dabei.

Anton Birnbaum (37) fährt wie jeden Morgen mit dem gläsernen Fahrstuhl in den neunten Stock seines Hotels und lässt den Blick über die Außenalster schweifen. Er tut dies ebenso selbstverständlich wie sich allmorgendlich ein weißes Hemd und einen schwarzen Anzug anzuziehen. „Über meine Kleiderordnung brauche ich mir als Hotelmanager zum Glück keine großen Gedanken zu machen“, sagt der sympathische Österreicher mit hör­barem Akzent.

Das bedeutet nicht, dass Birnbaum, der seit einem halben Jahr in der Hansestadt lebt und arbeitet, ein Modemuffel wäre. Im Gegenteil: „Ich bin häufig mit dem Fahrrad unterwegs und entdecke Läden und Cafés. Dabei bin ich auch auf viele kleine Modelabels aufmerksam geworden. In Hamburg lassen sich so tolle Designer entdecken. Sie erzählen eine viel spannendere Geschichte als die großen Marken, die Massen von Käufern ansprechen wollen.“ Doch hohe Ladenmieten, Personal- und Materialkosten machen es den Selbstständigen oft schwer, viele kämpfen um ihre Existenz. Ein allumspannendes Netzwerk, regelmäßig stattfindende Modenschauen? Fehlanzeige. Warum also diesen Designern nicht eine Plattform bieten, hat sich Anton Birnbaum gefragt und mit einem Start-up aus Zürich das erste Fashion Hotel im deutschen Raum etabliert.

Mehr als 100 Modedesigner

Vom 6. bis zum 8. Oktober werden sich drei Stockwerke, also 80 der 300 Zimmer und Suiten des Le Méridien, in Showrooms verwandeln. Mehr als 100 Modedesigner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden ihre aktuellen Kollektionen zeigen und vor Ort verkaufen. Daneben geben Blogger, Fotografen und Make-up-Experten in Workshops jungen Kreativen Tipps für die gelungene Präsentation ihrer Mode. „Schmuck in einem Safe, Handtaschen auf dem Bett und Bademode vielleicht in der Duschkabine – ich denke, dass das überraschende Umfeld der Mode in einem Hotel mit DJ-Musik, Bars und Food-Stationen und eben nicht in einer nüchternen Messehalle die Kunden ansprechen wird“, sagt der 37-Jährige.

Diesen „Wow-Effekt“ verspricht sich Birnbaum auch für das Le Méridien. „Nur ein Hotel zu sein reicht heute nicht mehr aus“, weiß der Manager, der zuvor auf den Malediven tätig war. „Deswegen versuchen wir, auch mehr Hamburger in unser Haus zu holen.“ Schon heute machen Gäste aus der Stadt rund 80 Prozent des Umsatzes im hoteleigenen Restaurant Heritage aus. Vom reinen Übernachtungshotel hin zur besonderen Location ist das Ziel. Und mehr noch: Birnbaum sieht das Event als Förderung junger Kreativer.

Eigens eingerichtetes Callcenter

Erfahrung mit solch prominenten Veranstaltungen hat er während seiner Arbeit für die Hotelkette in Wien gesammelt, wo zeitgenössische Künstler ausstellten, Models und Designer während der Vienna Fashion Show nächtigten. In Hamburg arbeiten 15 Mitarbeitern an der Organisation. „Wir mussten an alles denken: von der Anreise über die Verpflegung bis zur technischen Ausstattung auf den Zimmern.“ Während des Mode-Wochenendes werden sich Liftboys, Flurpersonal und ein eigens eingerichtetes Callcenter ausschließlich um die Bedürfnisse der Designer kümmern.

Neben Sarah Tehrani und Irina Rohpeter ist Julia Starp (34) eine von Hamburgs Kreativen, die von Birnbaums Engagement profitieren wird. „Das Briefing für uns Designer ist perfekt: Ich weiß jetzt schon, in welchem Zimmer ich ausstellen werde“, sagt die Modedesignerin, die ihr Atelier in Barmbek hat. Seit 2009 setzt sie bei ihren Entwürfen auf umweltschonende Verarbeitung und Materialien. „Mir wurde damals gesagt, dass es unmöglich sei, grüne Mode konsequent herzustellen. Genau das war und ist auch heute noch mein Antrieb.“

Julia Starp verspricht sich viel

Julia Starp lässt hauptsächlich in Deutschland und Polen fertigen. Dabei macht es ihr viel Spaß, traditionelles Handwerk zu entdecken und in ihre Entwürfe einzuarbeiten. Bei ihren Brautkleidern verwendet sie beispielsweise Plauener Spitze. Die Seide für die Kleider wird hergestellt, ohne dass die Seidenraupen dafür sterben müssen. „Ich präsentiere meine Kollektionen sonst immer auf der Berliner Mode­woche, was mit hohem organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden ist, sich aber nicht wirklich im Verkauf niederschlägt“, sagt die 34-Jährige. „Eigentlich ist das alles nur eine große Party.“

Von der Teilnahme am Fashion Hotel, für die Julia Starp 800 Euro zahlt, verspricht sie sich mehr. Ebenso Anton Birnbaum: „Wenn das Event Erfolg hat, also die Aussteller ihre Kundschaft finden, werden wir das Spektakel schon im Frühjahr wiederholen und dann zweimal jährlich ausrichten.“ Dass Hamburg einen österreichischen Hotelier mit Faible für Mode braucht, damit Designer eine Ausstellungsfläche bekommen, ist schon wieder urlustig, wie Birnbaum sagen würde.