Hamburg. Janina Ottos Ehemann Ismail Özen soll in Altona einen Auto-Insassen geschlagen haben und später ohne Führerschein gefahren sein.
Schon seit dem Höhepunkt seiner Laufbahn als Profiboxer ist Ismail Özen ein Mann, der in der Öffentlichkeit steht. Doch jetzt, seit der 37-Jährige in die Versandhaus-Dynastie der Familie Otto eingeheiratet hat, ist die Aufmerksamkeit noch um ein vielfaches höher. Ein Blitzlichtgewitter bricht über den Hamburger herein, als der sich dem Verhandlungssaal nähert, in dem er sich wegen Körperverletzung verantworten soll. Es geht in dem Verfahren um einen Faustschlag – und damit gewissermaßen um die Kerndisziplin dessen, womit sich ein Profiboxer auskennen sollte.
„Sie sind verheiratet, wie man ja wohl weiß?“ Auch an dem Amtsrichter, das wird durch die Art der Fragestellung offensichtlich, sind die gefühlt allgegenwärtigen Meldungen über die Hochzeit des Boxers mit der Unternehmer-Tochter Janina Otto nicht vorübergegangen. Im Juli vergangenen Jahres hatten sich der Sportler und die 43-Jährige das Ja-Wort gegeben, und vor sechs Monaten kam die gemeinsame Tochter Mara zur Welt. Damals war schon Anklage gegen den bereits wegen Körperverletzung vorbestraften Hamburger erhoben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 37-Jährigen vor, einem Mann an einem Pkw „ohne Vorwarnung und grundlos“ einen heftigen Faustschlag ins Gesicht versetzt zu haben. Das Opfer erlitt mehrere Frakturen im Gesicht und musste operiert werden, um die Knochenbrüche zu richten. Ferner soll Ismail Özen einen Porsche gefahren haben, obwohl er einen Monat Fahrverbot hatte.
Özen: "Ich war unter Schock"
Den Schlag ins Gesicht räumt der Angeklagte, der in dunkler Hose und figurbetonendem weißem Hemd zum Prozess gekommen ist, unumwunden ein. Hintergrund sei ein Hilferuf seines Neffen, der ihn in einer SMS dringend gebeten habe, zu ihm an einem Treffpunkt in Altona zu kommen. Dort seien mehrere Jugendliche gewesen, die ihn eingekreist und bedroht hätten, sowie zwei weitere Männer, die mit Messern auf ihn losgegangen seien. „Einer hielt mir ein Messer an den Hals. Wenn ich den Kopf nicht zurückgezogen hätte, würde ich heute hier nicht sitzen“, sagt Özen. Einen der Angreifer habe er niedergeschlagen. Mehrere der jugendlichen Angreifer seien in ein Auto gestiegen, wenige Augenblicke später habe ein Mann die Tür eben dieses Wagens geöffnet. „Ich dachte, der hat was damit zu tun“, verteidigt sich der Berufssportler. „Ich war unter Schock, habe den Faustschlag gegeben. Dann hat sich herausgestellt, dass er damit nichts zu tun hat“, sagt Özen. „Ich kann mich bei dem nur entschuldigen.“ 800 Euro Schmerzensgeld hat das Opfer bekommen sowie eine weitere Entschädigungszahlung im Rahmen des sogenannten Täter-Opfer-Ausgleichs. Die Höhe dieser Summe wird nicht genannt. „Es war ein Faustschlag, der bei Ihnen eine andere Wirkung hat als bei ganz vielen anderen Menschen“, bemerkt der Vorsitzende trocken. Laut Özens Internetseite ist der Profiboxer seit 2009 Deutscher Meister im Supermittelgewicht und gewann die meisten seiner Kämpfe durch K.o.
Hintergrund des Streits bleibt unklar
Auch der Fausthieb gegen den Autofahrer hatte eine ordentliche Schlagkraft. Mehrere Tage wurde der junge Mann im Krankenhaus behandelt. Ismail Özen habe sich bei ihm entschuldigt und ihm gesagt, es sei ein Missverständnis, so der 23-Jährige. „Was ich möchte, ist Schadenersatz. Weiter will ich damit nichts zu tun haben.“ Der Zeuge bestätigt, dass dem Faustschlag eine Auseinandersetzung vorausgegangen sei, bei der Leute auf den Profiboxer losgegangen sind. „Ich habe auch ein Messer gesehen.“ Drei Männer, darunter wohl keiner mit der Waffe, seien dann zu ihm ins Auto gestiegen, erzählt der 23-Jährige. Plötzlich habe jemand die hintere Tür aufgerissen. „Ich wollte gucken, was los ist. Da habe ich einen Schlag abbekommen.“ Das sei für ihn „ein Schock“ gewesen.
Mehrfach wird im Prozess angesprochen, dass es für die Auseinandersetzung der noch unbekannten Männer mit Özen „Hintergründe“ gebe. Doch welche, wird nicht klar. Der Angeklagte selber hatte Anfang des Jahres gesagt, er sei von „türkischen, rechtsradikalen Terroristen“ bedroht worden. Ein 19-Jähriger erzählt indes als Zeuge, eine Frau habe ihm Geld geboten, damit er helfe, den Profiboxer zum späteren Tatort zu locken. „Die Frau meinte, sie sei auf der Jagd und habe Leute vom Geheimdienst.“ Sie wisse immer, in welchem Hotel Özen sei. „Eine Stalkerin“, fragt der Richter. „Wollte sie Gutes oder Böses?“ Der Zeuge: „Sicher Böses.“ Der Prozess wird fortgesetzt.