Hamburg. Grundeigentümer und Senatorin feiern Einweihung und geben den Bürgern ihren Platz zurück. Der Umbau kostete einen Millionenbetrag.

2,1 Millionen Euro hat der neue Gänsemarkt gekostet, 14 Monate wurde gebaut. Insgesamt 30 Grundeigentümer haben sich im Business Improvement District (BID) Gänsemarkt zusammengeschlossen, den öffentlichen Platzes vor ihrer Haustür neu geplant und die Verschönerung des neuen alten Juwels in der westlichen Innenstadt bezahlt.

„Der Einsatz hat sich gelohnt“, lobte Stadtentwickungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) und freute sich, dass das Denkmal des großen deutschen Dichters und Aufklärers Gotthold Ephraim Lessing (Nathan der Weise) wieder ins Zentrum des Platzes gerückt ist. Lessing, der zwischen 1767 und 1770 in nur drei Jahren als Theater-Dramaturg an der Hamburgischen Entreprise epochales für die Stadt und die Verbreitung des Toleranz-Gedankens geleistet hat, war dafür 1881 zu seinem 100. Todestag mit einem Standbild geehrt worden.

Stapelfeldt hämmerte nicht hart genug

Mit Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) vom Bezirk Hamburg-Mitte an ihrer Seite streifte sich die Senatorin schwarze Handschuhe über und setzte, wie im Protokoll der Einweihungsfeier vorgesehen, den letzten Stein des kleinteiligen Pflasters auf dem neuen Platz. Droßmann reichte den Gummihammer an. Die Schläge der Senatorin waren allerdings nicht hart genug, am Ende musste der Pflasterer nacharbeiten. Jetzt gehört der Platz wieder den Hamburgerinnen und Hamburgern.

Die betexteten Pflastersteine zum neuen Gänsemarkt

Um 1300

Um 1300 lag der spätere Gänsemarkt, als von Wiesen und Weiden umgebener Platz, vor den Mauern der Stadt Hamburg.

Gepachtet

1373 pachtete der "Rat der Stadt" den Gänsemarkt vom Domkapitel und dem Bremischen Erzbischof. Ab 1600 wurden die Platzränder bebaut.

Die älteste Bäckerei

Seit 1861 befindet sich am "Gänsemarkt 44" die Stadtbäckerei. Sie ist die älteste Bäckerei Hamburgs.

Der andere Dom

Der traditionelle "Hamburger Dom" wurde zur Weihnachtszeit, zwischen 1804 und 1880, auf dem Gänsemarkt abgehalten.

Denkmalgeschützt

Der markante dreieckige Platz "Gänsemarkt" bildet mit seinen Fassaden und dem Lessing-Denkmal ein Denkmalensemble.

Verkehrsplatz

Der Gänsemarkt ist ein Verkehrsplatz - geprägt über die Jahrhunderte durch Fußgänger, Pferdekutschen, Straßenbahn- und Autoverkehr.

Wie Händel überlebte

Georg Friedrich Händel duellierte sich einst auf dem Gänsemarkt und entkam nur knapp dem Tod, geschützt durch einen Knopf.

Gänsemarkt seit 1709

Ab 1673 wurde der Platz Forum Anserum (lat. Anser=Gans) genannt, erst seit 1709 ist die Bezeichnung Gänsemarkt üblich.

Gänseweide?

Eine Vermutung ist, dass auf dem Gänsemarkt einst Gänse zum weiden am Dammtor zusammengetrieben wurden.

Gose Mark

Vielleicht geht der Platzname auf den Grundeigentümer Ambrosius Gosen zurück, dessen Grund "Gose Mark" genannt wurde.

Die erste Oper

Hamburgs erstes Opernhaus stand als Fachwerkbau von 1678 bis 1738 zwischen Gänsemarkt und Colonnaden.

Lessings Intendanz

Gotthold Ephraim Lessing war von 1767 bis 1770 Intendant des Hamburger Nationaltheaters am Gänsemarkt

Lessings Minna

Lessings Lustspiel "Minna von Barnhelm" wurde 1767 im Theater am Gänsemarkt erfolgreich uraufgeführt.

Als der Kaiser kam

1881 enthüllte Kaiser Wilhelm I. zum 100. Todestag das Lessing-Denkmal auf dem Gänsemarkt.

Lessings Sturz

Im Zweiten Weltkrieg stürzte das Lessing-Denkmal auf das Pflaster und wurde zum Schutz auf dem Heiligengeistfeld vergraben.

 

 

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Von der kleinen Bühne an der Einmündung zur Gerhofstraße perlen Popsongs dezent ins Publikum, daneben lädt das Barzelt mit durchsichtigem Dach und goldfarbenen Stehtischen zu Orangensaft und Sekt ein. Es gibt deutlich mehr und elegantere Bänke, Nischen für Außengastronomie und viel zu lesen: In den Platz eingelassen sind Pflastersteine mit Kurztexten zur Geschichte des Gänsemarkts.

Die Leute sollen kommen, weil es schön ist. (Und auch etwas kaufen)

„Wir haben die Aufenthaltsqualität des Platzes deutlich erhöht“, sagt Sebastian Binger vom Aufgabenträger Otto Wulff. Er und seine Leute haben für die Grundeigentümer geplant, moderiert und gebaut. „Die Menschen sollen sich hier wieder gern treffen.“ Dem Strukturwandel im Einzelhandel wollen die Eigentümer eine schöne, sehenswerte Stadt entgegensetzen. „Der Wunsch nach Austausch und Erlebnis wird nicht aufhören“, sagt Binger. Mit den Menschen sollen auch die Umsätze kommen und die Investitionen in die Infrastruktur wieder einspielen.

2,1 Millionen Euro sollen innerhalb der vier Jahre Laufzeit für das BID in Marketing, Reinigung und Veranstaltungen auf dem Platz fließen. Das neue Pflaster sieht nicht nur gut aus, es ist auch Lkw-befahrbar, so dass sich Aufbauten auf dem Platz viel besser bewerkstelligen lassen.

Die Pannen sind vergessen, am Abend ist Party

Ursprünglich hatte der Platz schon Ende 2016 fertig sein sollen, doch Leitungsarbeiten machten eine Verschiebung der Bauarbeiten um mehr als ein halbes Jahr nötig. Dann wurde ein Pflaster geliefert, dessen Gelbton nicht passte. Das kostete weitere sechs Wochen. Aber das ist jetzt vergessen. Heute wird gefeiert, am Abend legt das DJ-Duo „Disco Boys“ für die Hamburger kostenlos auf.

Stapelfeldt bescheinigte Hamburg, mit neun BID allein im Innenstadtbereich im Städtevergleich weit vorn zu liegen. Droßmann lobte die gelungene Gestaltung und die konstruktive Begleitung der Arbeiten durch die Behörden. Aus dem Handelsverband Nord und dem Citymanagement war allerdings zu hören, dass man sich durchaus auch ein finanzielles Engagement der Stadt wünschen würde. Seit 2006 hätten private Eigentümer in der City rund 40 Millionen Euro in den öffentlichen Raum investiert. Es waren denn auch vor allem Stapelfeldt und Droßmann, die die Kooperation von Privatwirtschaft und Behörden im BID als gelungenes Modell feierten. Für den Gänsemarkt hat die Stadt laut Binger nichts dazubezahlt.

Die Umsatzzuwächse der letzten Jahre verbucht der Einzelhandel fast ausschließlich im Online-Geschäft, der stationäre Einzelhandel profitiert trotz guter Konjunktur kaum.