Hamburg. Grundstein für 50 Millionen Euro teure Meistermeile gelegt. Doch Vermietung an Dachdecker, Fliesenleger oder Maler stockt.

Die Baugrube hat beeindruckende Ausmaße: 200 Meter lang, 50 Meter breit, die 1,40 Meter dicke Beton-Bodenplatte ist bereits gegossen. Dass hier am Offakamp in Lokstedt einmal auf vier Etagen „gestapeltes Handwerk“ seine Heimat finden soll, ist bisher jedoch nur auf der Computergrafik vorn am Rednerpult zu erkennen. Bis zu 70 Betriebe mit rund 400 Beschäftigten sollen hier einziehen, wenn die Meistermeile voraussichtlich Ende 2018 fertiggestellt ist.

„Sie wird eine Erfolgsgeschichte, davon bin ich felsenfest überzeugt“, sagte Josef Katzer, Präsident der Handwerkskammer Hamburg, bei der Grundsteinlegung am Mittwoch. Die Motivation für das Projekt klingt ja auch einleuchtend: „In unserer wachsenden Stadt sind die Flächen nun eben knapp, und die Mieten steigen unaufhaltsam – viele Handwerker können sich das nicht mehr leisten“, so Katzer. Einrichtungen wie die Meistermeile könnten dazu beitragen, dass die Betriebe nicht ins Umland abwandern müssen.

„Einmalige Nähe zu Kunden"

Auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) fand noch einmal lobende Worte für das in Norddeutschland bislang einzigartige Prestigeprojekt, das er gemeinsam mit Katzer auf den Weg gebracht hatte. „Heute ist ein guter Tag für das Handwerk und für Hamburg“, sagte Scholz bei der Grundsteinlegung. „Das Handwerk gehört zu Hamburg, und es gehört in die Mitte der Stadt.“ Die Meistermeile werde vielen Handwerksbetrieben eine „einmalige Nähe zu Kunden und anderen Gewerken“ bieten – und das Projekt werde Schule machen: „Schon jetzt geht vom Offakamp ein positiver Impuls für die Entwicklung von Handwerker- und Gewerbehöfen in ganz Hamburg aus.“

Doch die Nachfrage erweist sich bisher als bedenklich schwach. Auch anlässlich des neuen Meilensteins in der Geschichte der Meistermeile hatten die Verantwortlichen keine neuen Vermietungserfolge zu vermelden, eher im Gegenteil. Während es im Januar beim symbolischen ersten Spatenstich noch hieß, 46 Prozent der Mietflächen seien bereits vergeben, wobei es sich zum großen Teil aber um Reservierungen handele, bezifferte Martin Görge, Geschäftsführer der für Planung und Betrieb des Gewerbehofs zuständigen städtischen Immobiliengesellschaft Sprinkenhof, die „Interessentenquote“ jetzt auf 37 bis 38 Prozent. „Kurzfristig“ werde man mit Interessenten für weitere zwölf Prozent der Flächen reden. In der ersten Zahl bereits enthalten sind die bis heute fest abgeschlossenen Mietverträge für elf Prozent der verfügbaren Fläche von 16.000 Quadratmeter.

Mehr Werbung geplant

Echte Vermarktungsfortschritte sind somit zuletzt offenbar ausgeblieben. Denn schon im Sommer 2016 hieß es in einer Senatsdrucksache, für 38 Prozent der Fläche lägen Interessenbekundungen vor. Im kommenden Jahr will man für das Projekt aber offenbar verstärkt die Werbetrommel rühren. Vorgesehen seien „Radiospots und XXL-Plakate“, sagte Katzer. Aus seiner Sicht ist die Meistermeile „Wirtschaftsförderung im besten Sinn“, denn durch sie blieben der Stadt Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Gewerbesteuereinnahmen erhalten, die sonst womöglich verloren gingen.

Weil nach Senatsangaben für einen wirtschaftlichen Betrieb der Meistermeile eine Auslastung von mehr als 90 Prozent erforderlich ist und die Nachfrage aus dem Handwerk bisher überschaubar war, zielt man nun offiziell auf die Ansiedlung von „Handwerks- und Produktionsbetrieben“ ab. Das Gebäude wird mit großen Lastenaufzügen, verstärkten Geschossdecken und Schalldämmung ausgestattet.

Mieten zwischen 7,70 und 9,20 Euro

Die Mieten liegen zwischen 7,70 und 9,20 Euro je Quadratmeter. Nach früheren Angaben sind als Mieter unter anderem Dachdecker, Fliesenleger, Glasbläser, Maler, Zahntechniker und Kälteanlagenbauer vorgesehen.

Dass sie alle sich die Infrastruktur teilen können, sorge für Synergien unter den Betrieben, sagte Kay Gätgens, Bezirksamtsleiter für Eimsbüttel. Das innovative Projekt zeige, dass es möglich sei, „auch in einem verdichteten städtischen Raum einen Mix aus Arbeiten und Wohnen zu schaffen.“

Das ging anfangs allerdings nicht reibungslos vor sich. So hat sich das rund 50 Millionen Euro teure Bauvorhaben denn auch immer weiter verzögert; ursprünglich war die Fertigstellung für Ende 2017 geplant.

Es habe nicht nur am „leicht vorbelasteten“ Boden gelegen, dass dieses Ziel verfehlt wurde, sagte Katzer: „Die Nachbarn sollten ja auch erst überzeugt und begeistert werden.“ Was Katzer mit seiner freundlichen Umschreibung meinte: Die Zahl der vier Etagen, auf denen das Handwerk hier „gestapelt“ wird, war manchen Lokstedtern zu hoch.