Hamburg. Die Schlagerkönigin startete am Dienstag mit einer spektakulären Show ihr fünftägiges Gastspiel in der Barclaycard Arena.
„Und wenn es dann nach oben geht, wird alles winzig klein, und wir steigen höher“, singt Helene Fischer, als sie am Dienstag mit Seilen auf die Bühne der tosenden Barclaycard Arena hinabgelassen wird. 11.000 Augenpaare glitzern mit Smartphones und Helenes Glitter-Stachel-Body um die Wette. Kein Konzertauftakt, sondern ein Ereignis. Das „Phänomen“ startet „Das volle Programm“, und wir werden in Gedanken zurückkatapultiert in das Jahr 2008.
Schon damals sang Helene Fischer, zarte 23 Jahre jung, in der Halle im Volkspark. Als aufstrebendes Talent und seinerzeit noch heimliches Liebchen von Florian Silbereisen war sie das kleinste Rädchen im Getriebe der „Frühlingsfest der Volksmusik“-Show in Hamburg. Vor mundgebissenen Kirmes-Kulissen sang sie mit Silbereisen „Sissi“, aber die Stars waren an diesem Abend DJ Ötzi, Achim Mentzel – und Maria und Margot Hellwig, die von Tänzern im CSD-Ledersklaven-Look umschwirrt wurden. Das MDR Fernsehballett hüpfte den „Kaiserschmarrn“, das entsprechende Rezept stand in den Programmheften, die von 4000 ergrauten Besuchern fest umklammert wurden.
Helene Fischer – omnipotent und omnipräsent
Jetzt, knapp zehn Jahre, 16 Echos und 67 von der Klatschpresse fantasierte Hochzeiten später, sind Maria Hellwig und Achim Mentzel gestorben und DJ Ötzis Karriere mumifiziert vor sich hin. Aber Helene Fischer ist der derzeit populärste Schlager– und Popstar für alle Altersgruppen. Omnipotent und omnipräsent. Weltberühmt in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie ist die Königin, und Silbereisen ist der Prinzgemahl, der Grüßaugust, der sich mit im Glanz sonnen und mal einen lockeren Spruch bringen darf, zum Beispiel am vergangenen Sonnabend in der ARD-Show „Dirndl! Fertig! Los!“.
DJ Ötzi und Dauerkonkurrentin Andrea Berg waren auch dabei, aber Fischer nicht. Sie eröffnete in Hannover eine Tournee, die es so hierzulande noch nicht gab. Fünf Abende spielt sie in Hannover, Dortmund, Köln, Leipzig, Mannheim, Frankfurt, Berlin oder München in den größten Hallen, so auch in Hamburg. 55.000 werden sie bis Sonntag in der Hansestadt erleben, mehr als beim nächsten Konzert im Volksparkstadion am 14. Juli 2018. Wahnsinn.
Es schimmert, schillert und schallt ohne Unterlass
Oder auch wahnsinnig unterhaltsam. Fischer sammelt an Seilen und auf Händen Flugmeilen, tanzt, trommelt, läuft über Rampen und Hebebühnen, springt aus luftiger Höhe auf ein Trampolin, erklettert einen riesigen Gitterball und wechselt mehrfach das Kostüm. Sie scheint nie aus der Puste zu kommen in diesem vom Cirque du Soleil mitkonzipierten Spektakel der Sinne. Minikleid! Fertig! Los! „Die schönste Reise“.
Es schimmert, schillert, schallt ohne Unterlass, die mit 33 Lastern angekarrten Schauwerte sind auf internationalem Niveau. Es ist unmöglich, jede der teilweise unfassbar beeindruckenden Attraktionen von Fischer und den Cirque-Artisten zu notieren. Wobei es bei Lady Gaga 2014 mehr Konfetti (nach jedem dritten Song) hagelte, aber der geht es nicht gut gerade, ihr Konzert nächste Woche wurde auf Frühjahr 2018 verlegt. Helene Fischer (1,58 m) und ihr Zirkus sind auf Augenhöhe mit Kylie Minogue (1,52 m) und Pink (1,63 m).
Musikalisch klingt einiges austauschbar
Ob Gaukeleien oder Hit-Medley, Helene Fischer gibt „Hundert Prozent“. Ein Reifrock aus Wasserfontänen lässt sie bei „Wenn du lachst“ wie eine angestochene Voodoopuppe mit Wasserbeinen erscheinen und sorgt im gebannt staunenden wie ausgelassenen Rund für „Seelenbeben“. Ach nein, das ist ja ein Lied von Andrea Berg. „Herzbeben“ heißt es korrekt.
Das kann man schon mal verwechseln, denn so variabel und fast „Fehlerfrei“ (einmal ruft sie „Hannover“ statt „Hamburg“ und erntet Pfiffe) das Programm auch ist, musikalisch klingt doch einiges austauschbar, was das im Akkord arbeitende Heer der Komponisten, Texter und Produzenten ihr auf den Leib schneidert. Coverversionen von Céline Dion, Lady Gaga oder gar Bon Jovi und Van Halen, wie auf früheren Touren, gibt es auch keine. Nur Fischer pur. „Achterbahn“ ist Disco-Pop und stadiontauglich wie alles an Fischer, wenn gerade nicht Pokalfinale ist. Ihr eigenes Finale ist natürlich „Atemlos durch die Nacht“. Das Motto des Abends, der Heimfahrt und des Ohrwurms der kommenden Tage. Oho! Oho!