Hamburg.

Wirtschaftswachstum, Jobboom, sprudelnde Steuereinnahmen – all diesen positiven Entwicklungen zum Trotz verfestigt sich in Hamburg die Armut. In einigen Bereichen steigt sie sogar. Das ist das Ergebnis der umfangreichen Studie „Soziale Ungleichheit im Wohlstand“, die die Fraktion der Linkspartei in der Bürgerschaft am Freitag vorgestellt hat. Die Autoren Joachim Bischoff und Bernhard Müller haben auf mehr als 100 Seiten Daten zum Thema Reichtum und Armut in Hamburg zusammengetragen und analysiert. Die meisten beziehen sich auf das Jahr 2015.

Die zentralen Aussagen: Die Armutsgefährdungsquote liegt in Hamburg bei 15,7 Prozent – das bedeutet, dass rund 285.000 Menschen weniger als 60 Prozent des bundesweiten „Medianeinkommens“ zur Verfügung haben. Dieses liegt für einen Einpersonenhaushalt bei 969 Euro im Monat und für einen Vier-Personen-Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bei 2035 Euro. Besonders gefährdet sind demnach Arbeitslose (59 Prozent), Alleinerziehende (36,4), Migranten (34,1) sowie Kinder und Jugendliche (21,0).

Bei Rentnern und Pensionären ist die Armutsgefährdungsquote mit 13,6 Prozent zwar unterdurchschnittlich, dafür wächst sie am stärksten: 2005 lag sie bei 7,6 Prozent. Hinzu kommt: 7,4 Prozent der Hamburger Rentner erhalten Grundsicherung im Alter – der höchste Wert aller Bundesländer.

Auf der anderen Seite steigt der Studie zufolge der Reichtum. 12,6 Prozent der Hamburger verdienen mehr als 200 Prozent des Medianeinkommens – 2005 waren es noch 10,2 Prozent. Die Studie belegt auch, wie regional unterschiedlich die Einkommen sind und welchen Einfluss das auf das Wahlverhalten der Bürger hat. „Je prekärer die Lebensverhältnisse in einem Stadtviertel, desto weniger Menschen gehen wählen“, sagte Fraktionschefin Cansu Özdemir. Und ihre Co-Vorsitzende Sabine Boeddinghaus ergänzte: „Wahlen werden zu einer immer exklusiveren Veranstaltung einkommensstärkerer Menschen. Armut ist antidemokratisch.“