Bergedorf. Metin Hakverdi (SPD) über ein Ferienprogramm, das schon seit 1952 Jahr für Jahr Jugendliche begeistert
Vor der Bundestagswahl am 24. September hat das Hamburger Abendblatt die aussichtsreichen Hamburger Kandidaten für ein ungewöhnliches Projekt gewonnen: Sie schreiben jeweils über ein Thema, das sie besonders bewegt, eine Person, die sie beeindruckt oder eine Institution in ihrem Wahlkreis, die aus ihrer Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient. Heute schreibt Metin Hakverdi (SPD). Der Jurist gewann bei der Bundestagswahl 2013 den Wahlkreis Harburg-Bergedorf und tritt dort erneut als Direktkandidat an.
Boris Schmidt ist einer dieser Männer, ohne die das Leben in meinem Wahlkreis ein gutes Stück weniger lebenswert wäre. Wie schafft er das? Schmidt ist im Hauptberuf geschäftsführender Vorsitzender der TSG Bergedorf mit mehr als 11.000 Mitgliedern. Die TSG ist ein klassischer Quartiersverein, der neben dem Sport auch eine Menge soziale Aufgaben außerhalb des Sports übernimmt – ob das nun das Jugendzentrum Juzena in Neuallermöhe ist oder die vier eigenen Kindertagesstätten betrifft.
Die TSG ist Schmidts Job, den der ehemalige Basketball-Schiedsrichter in der Bundesliga mit Leidenschaft ausübt. Und dann ist da noch der Boris Schmidt, der seit 1983 keinen Sommer nicht in Behrensdorf an der Ostsee verbracht hätte.
Dort bietet die TSG sechs Wochen Ferienprogramm für Kinder zwischen acht und 15 Jahren. Jeden Sommer. Seit 1952. In einem Zeltlager. Zweimal schon durfte ich Boris Schmidt dort besuchen.
Auf seine 34 Sommer in Folge bildet sich Schmidt nichts ein, zumal es Menschen in Bergedorf gibt, die noch länger dabei sind. Schmidts Leidenschaft illustriert aber, warum Behrensdorf zu einem Sehnsuchtsort für inzwischen Tausende von Bergedorferinnen und Bergedorfer geworden ist. „Wir haben uns immer wieder gefragt, ob wir mit drei Wochen Ostsee die Jugend von heute noch locken können?“, sagt Schmidt, „und dann ist doch immer wieder alles ausgebucht.“ Solange das so ist, entwickelt sich das Zeltlager immer weiter.
Angefangen hatte alles mit dem Wunsch, Flüchtlingskindern und anderen nach dem Krieg Ferien außerhalb Hamburgs zu ermöglichen. Bis 1977 mieteten die Bergedorfer jährlich eine Wiese von einem Bauern und bauten Dutzende Zelte auf. Ein festes Gebäude folgte, die TSG konnte sich Waschräume und Toiletten leisten. 1990 war das Zeltlager so stark gewachsen, dass die Behörden das Kochen in den Zelten verboten. 2007 schließlich kaufte die TSG das Stück Land in der Hohwachter Bucht. Da war das Spektakel für Kinder schon 55-mal friedlich über die Bühne gegangen.
Natürlich hat sich im Lauf der Jahre viel getan, aber Schmidt beobachtet auch Dinge, die sich wohl nie ändern werden. „In Behrensdorf sind die Tage so ausgefüllt, dass die Kinder wie in einer anderen Welt leben“, sagt er. Kreativzelt, Spielzelt, Nachtwanderung, Lagerfeuer, ein Tag im Hansapark, Disco, Schwimmen: „Gegen dieses Angebot haben sogar die Smartphones der Kinder keine Chance.“ Freundschaften fürs Leben entstehen, Kinder baden zum ersten Mal im Meer, und für drei Wochen geht es mal nicht um Leistung oder Schulnoten. „Abends sitzen manche Jungs einfach ein, zwei Stunden am Lagerfeuer und machen schlicht gar nichts. Wann gibt es das denn heute noch?“
Die Kinder können in Behrensdorf ihr Selbstwertgefühl stärken, sie lernen Rücksicht zu nehmen und ihre besonderen Fähigkeiten kennen. Und aus vielen Teilnehmern werden schließlich Betreuer, die Jahr für Jahr mitfahren und ihre Erfahrungen an die Jüngeren weitergeben.
Natürlich kosten drei Wochen Urlaub Geld – wenn auch nicht Unsummen, so doch mehr, als manche Familien stemmen können – erst recht, wenn sie vielleicht gleich zwei Kinder nach Behrensdorf schicken wollen. Aus den Mitteln des Hamburger Landesjugendplans fließt Sommer für Sommer Unterstützung an das Zeltlager – ebenso wie die Harburger Rotarier Jugendlichen einen unvergesslichen Sommer ermöglichen, der ihnen sonst vielleicht unmöglich gewesen wäre.
Boris Schmidt hat für Behrensdorf weitere Pläne. Eine Nur-Dach-Halle schwebt ihm vor – fürs Spielen auch bei schlechtem Wetter. Und Hamburger Schulen könnten doch auch außerhalb des Sommers die Anlage nutzen, findet er. Und schreibt Konzepte, Anträge, Briefe und Mails. Damit es mit Behrensdorf immer weitergeht.
Morgen schreibt Katja Suding (FDP) über die Katholische Schule Altona