Hamburg. Ryanair-Chef kündigt neue Strecken für den Flughafen Helmut Schmidt an, stichelt gegen Air Berlin und teilt gegen die Lufthansa aus.

Nach einer Phase eher verhaltenerer Auftritte zeigt sich Michael O’Leary, Chef des irischen Billigfliegers Ryanair, nun wieder in Hochform. So auch an diesem Donnerstagmittag in Hamburg: „Wir zeigen Ihnen zuerst unsere Firmenpräsentation, die Sie schon 55-mal gesehen haben“, sagt O’Leary den versammelten Journalisten, „und dann können Sie mir Fragen zu Air Berlin stellen.“

Tatsächlich trat der eigentliche Anlass der Pressekonferenz – Ryanair kündigte für den Hamburger Flughafen fünf neue Strecken zum Sommerflugplan 2018 an – fast in den Hintergrund. Zweifellos hatten manche Branchenbeobachter auch einen entschlosseneren Ausbau der Kapazitäten in Hamburg erwartet, zumal der britische Wettbewerber EasyJet im März seine Basis in der Hansestadt aufgibt und damit sein Flugangebot hier drastisch zusammenstreicht. So dürfte es kein Zufall sein, dass zwei der von Ryanair angekündigten neuen Destinationen, Edinburgh und Venedig, bisher noch von EasyJet angesteuert werden.

Spitze gegen Lufthansa-Chef Spohr

Allerdings gelang es O’Leary, seinen Lieblingsfeind, den Lufthansa-Chef Carsten Spohr, selbst noch dafür verantwortlich zu machen, dass die Wachstumsschritte in Hamburg relativ zaghaft ausfallen. „Der Flughafen Hamburg möchte, dass wir hier mehr tun, aber sie wollen Carsten nicht zu sehr gegen sich aufbringen.“ Schließlich werde sich die schon jetzt bestehende Dominanz der Lufthansa-Gruppe in der Hansestadt noch verstärken, wenn der Kranich-Konzern, wie allgemein erwartet, demnächst zumindest Teile von Air Berlin übernimmt.

Ohnehin handele es sich bei der Insolvenz der Berliner und der anschließenden Käufersuche um ein „abgekartetes Spiel“ – diesen Begriff hatte O’Leary sogar auf Deutsch einstudiert und er brachte ihn in seinem 40-minütigen Auftritt gleich mehrfach an. Die Insolvenz sei eingefädelt worden, damit die Lufthansa nicht die Schulden von Air Berlin mit übernehmen müsse. „Und wenn die Nummer eins auf dem deutschen Markt die Nummer zwei kaufen darf, verletzt das nicht nur die deutschen Wettbewerbsregeln“, behauptete der Ryanair-Chef.

„Hamburg braucht nur noch mehr Billigflüge“

Die Bundesbürger würden in der Folge noch mehr Geld für Flüge hinblättern müssen. „Dabei ist Deutschland schon jetzt das europäische Land, in dem die Menschen die höchsten Ticketpreise zahlen“, so O’Leary. Denn der Marktanteil der Billigflieger liege mit 20 Prozent deutlich unter dem europäischen Schnitt von 50 Prozent.

Ähnliches gelte für Hamburg. „Dies ist einer der deutschen Regionalflughäfen mit dem dichtesten Netz an Destinationen. Hamburg braucht nur noch mehr Billigflüge.“ Darum wolle Ryanair hier wie in Deutschland insgesamt weiter wachsen.

Im November 2016 hatten die Iren eine Basis in Fuhlsbüttel eröffnet, seitdem sind zwei Jets dort stationiert. Zu diesem Zeitpunkt bot Ryanair 14 Flugziele von Hamburg aus an, mit den am Donnerstag neu angekündigten Routen sind es künftig 24.

„Wir sind sehr zufrieden mit unserer Basis in Hamburg“, sagte O’Leary. Für 2018 rechnet er mit 1,7 Millionen Passagieren in der Stadt. Im gesamten Deutschlandgeschäft des Unternehmens soll die Zahl der Fluggäste im nächsten Jahr um 14 bis 15 Prozent auf knapp 21 Millionen zulegen.

Eggenschwiler muss Einbußen ausgleichen

Hamburgs Flughafenchef Michael Eggenschwiler dürfte jedenfalls über jede für 2018 neu angekündigte Verbindung und jede Erhöhung der Flugfrequenz auf bestehenden Strecken froh sein. Denn er steht vor der Herausforderung, die Einbußen im Verkehrsaufkommen infolge des EasyJet-Rückzugs möglichst ausgleichen zu müssen. Bisher hatte er sich in dieser Hinsicht zuversichtlich gezeigt: Es gebe ein großes Interesse bei anderen Fluggesellschaften, die von den Briten künftig nicht mehr bedienten Strecken zu übernehmen, erklärte Eggenschwiler.

Es wird um so schwerer, auch 2018 einen Zuwachs zu erreichen, weil der Flughafen im bisherigen Jahresverlauf außerordentlich gute Passagierzahlen verzeichnete: Bis Ende Juli gab es ein Plus von 9,6 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Damit übertrifft Hamburg das durchschnittliche Wachstum an deutschen Verkehrsflughäfen von 6,4 Prozent im ersten Halbjahr ganz deutlich.

Immer größere Maschinen in Hamburg

Auffällig ist, dass sich trotz der enormen Zunahme der Fluggastzahl in der Hansestadt die Flugbewegungen nur um 0,6 Prozent auf knapp 93.000 Starts und Landungen erhöhten. Möglich wird das durch immer größere Flugzeuge – so hat zum Beispiel die Lufthansa-Billigtochter Eurowings ihre 90-sitzigen Regionaljets durch Airbus-Maschinen mit doppelt so hoher Kapazität abgelöst – und durch die stetig zunehmende Auslastung der Maschinen.

Ryanair wird dazu kaum noch beitragen können: Die Jets der Iren sind schon heute zu 97 Prozent besetzt.