Hamburg. Christoph de Vries über eine katholische Kindertagesstätte auf St. Pauli, in der religiöse Erziehung Teil des pädagogischen Konzepts ist

Vor der Bundestagswahl am 24. September hat das Hamburger Abendblatt die aussichtsreichen Hamburger Kandidaten für ein ungewöhnliches Projekt gewonnen: Sie schreiben jeweils über ein Thema, das sie besonders bewegt, eine Person, die sie beeindruckt oder eine Institution in ihrem Wahlkreis, die aus ihrer Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient. Heute schreibt Christoph de Vries (CDU). Er ist Direktkandidat in Hamburg-Mitte und steht auf Platz drei der Landesliste seiner Partei.

Wer an unseren berühmten Stadtteil St. Pauli denkt, dem fällt vieles ein: Amüsement, durchtanzte Nächte, Prostitution, Kriminalität und Armut auf offener Straße. Aber der Kiez hat auch eine andere Seite. Hier leben Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Hautfarbe.

Es gibt viele Kinder, deren Eltern weniger gut betucht sind und die Unterstützung brauchen, um einen guten Lebensweg beschreiten zu können. Viele Institutionen auf St. Pauli helfen dabei. Mich persönlich beeindruckt die Arbeit der katholischen Kita St. Joseph, die ein geschütztes Kleinod auf dem Gelände der Kirchengemeinde an der Simon-von-Utrecht-Straße unweit der Großen Freiheit ist.

Als unsere älteste Tochter in der Kita St. Joseph in der Krippe vor einigen Jahren betreut wurde, waren wir als Eltern immer sehr angetan von der menschlichen Wärme und der Herzlichkeit, mit denen den Kindern seitens der Kita-Leitung und allen Fachkräften begegnet wurde. Wir wussten jeden Tag, unsere Tochter ist hier gut aufgehoben. Und wir konnten sicher sein, sie fühlt sich wohl in den klar vorgegebenen Strukturen und Tagesrhythmen, die für Kinder so wichtig sind. Und wirklich jedes einzelne Kind bekam die Förderung, die es brauchte und die notwendig war, um den späteren Bildungsweg mit möglichst gleichen Chancen beginnen zu können.

Was diese Kita vor allem so besonders macht: Hier wird die christliche Botschaft vermittelt und gelebt. Die Konfession der Kita ist nicht nur Fassade oder Etikett. Nein, die religiöse Erziehung der Kinder ist fester Bestandteil des pädagogischen Konzepts. Die Kita steht Kindern aller Religionen offen. Allerdings erklären sich die Eltern schriftlich damit einverstanden, dass den Kindern Grundzüge des christlichen Glaubens altersgemäß vermittelt werden. So ist auch das Mittagsgebet zum Essen beispielsweise fester Bestandteil des Tagesablaufs. Die Bedeutung der christlichen Feste wird den Kindern erklärt. Die biblischen Erzählungen werden auf den Alltag der Kinder bezogen, um christliche Werte wie gegenseitige Achtung, Hilfsbereitschaft und Barmherzigkeit zu verankern.

Gute pädagogische Arbeithat auch ihren Preis

Wir konnten bei allen Kindern beobachten, dass der Samen, der da Tag für Tag gesät wurde, auf fruchtbaren Boden fiel. Die Kinder waren nicht nur wissbegierig, sondern auch verständnisvoll im Umgang miteinander und respektvoll gegenüber Erwachsenen. Und unsere Tochter hat gelernt, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und es nicht darauf ankommt, wie prall gefüllt der Geldbeutel der Eltern ist.

Ich kann auch denjenigen, die eine schleichende Islamisierung unseres Landes fürchten, nur empfehlen, sich selbst dem christlichen Glauben wieder stärker zu nähern und den eigenen Kindern nahe zu bringen. Eine Rückbesinnung auf unsere religiösen Wurzeln wäre in jedem Fall hilfreich, wenn wir den Werteverfall beklagen.

Ein zweites ist mir ebenfalls wichtig. Gute frühkindliche pädagogische Arbeit hat auch ihren Preis. Natürlich wünschen wir uns als Eltern, dass möglichst alles umsonst ist. Uns persönlich war aber immer am wichtigsten, dass unsere Kinder gut betreut werden von engagierten Fachkräften, die auch anständig für ihre wertvolle Arbeit bezahlt werden und sich jedem Kind genügend widmen können. Die Qualität der Betreuung mit besseren Betreuungsschlüsseln sollte daher oberste Priorität haben.

Morgen schreibt Manuel Sarrazin (Grüne) über die Hilfsorganisation Sea Eye, die im Mittelmeer Flüchtlinge rettet.