Hamburg . Mehr freie Randstreifen für Wildblumen würden den bedrohten Bienen und Wespen Lebensraum bieten.

Beth Chatto ist einer der Ikonen britischer Gartenkunst. Hochverehrt in der ganzen Welt wie die Landschaftsgärtnerin Gertrude Jekyll oder die Schriftstellerin und Schöpferin der berühmten weißen Gärten von Sissinghurst, Vita Sackville-West. Ehrenwerte Damen, die sich in der sonst männerdominierten Gärtnerwelt durchgesetzt haben. Weswegen vielleicht irgendwann Plätze oder Straßen nach ihnen benannt werden.

In Deutschland ist die Bevorzugung von Frauennamen teilweise schon in kommunalen Satzungen verankert – was ich auch, sehr zum Wohlgefallen meiner Frau Anke, durchaus in Ordnung finde. Sie seien da viel zu lange viel zu kurz gekommen. Beth Chatto, fürchte ich, hat da bei uns kaum eine Chance. Sie hat es geschafft, in einer regenarmen Gegend aus einem alten Parkplatz einen berühmten Trockengarten zu machen, ohne angeblich je gegossen zu haben. Aber sie hat nie einen Hehl daraus gemacht, Kieswege und -rabatten auch mit Herbiziden unkrautfrei zu halten.

Glyphosat, sage ich nur. Null Chance für einen Straßennamen. Gift! Chemische Keule! Nicht einmal ein kleines Gässchen könnte nach ihr benannt werden. Erinnern wir uns: Vor einem Jahr tobte die öffentliche Schlacht um Glyphosat so heftig wie heute um den Diesel und die Stickoxide. Löst „Round Up“, wie das Zeugs im Gartencenter heißt, Krebs aus? Es gab Gutachten und Gegengutachten. Streit um Grenzwerte. Demokratie oder Grenzokratie?

Als eine Untersuchung Glyphosat-Rückstände im Bier feststellte, schaffte es die Meldung bis in die „Tagesschau“. Als jetzt eine neue Studie desselben ­Instituts bekannt wurde, wonach die Rückstände der Chemikalie im Gerstensaft zurückgegangen waren, teilweise sogar deutlich unter die Grenzwerte, war das nur einigen Zeitungen eine kleine Meldung wert – ganz hinten, im Wissenschaftsteil.

Tatsache ist, dass „Round Up“ sehr beliebt ist bei Deutschlands Freizeitgärtnern. Tatsache ist auch, dass etwa 40 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland mit Glyphosat behandelt werden. Tatsache ist auch, dass Deutschlands Bauern über jedes Gramm der Chemikalie gewissenhaft Buch führen müssen, um die Einhaltung der amtlichen Grenzwerte zu dokumentieren, wie ich von meinem Nachbarn weiß. Die Gärtner kontrolliert niemand.

Neulich schrieb mir eine Leserin, wenn die Bauern an den Äckern freie Randstreifen für Wildblumen ließen, würde das sicherlich den bedrohten Bienen und Wespen, den Schmetterlingen und Käfern helfen. Da fiel mir ein, dass die Ackerfurchen neuerdings direkt an unserem Mühlenweg enden. Nutzen meine Nachbarn, die Bauern, jetzt jeden Quadratzentimeter für den Anbau von Kartoffeln oder Rüben aus? Statt, wie die Jahre davor, einen Streifen von mehr als einem Meter frei zu lassen? Natürlich nicht. „Die Kommission war da“, erläuterte mir ein Nachbar. Die kontrolliert, ob die Bauern auch jeden Zentimeter ihrer Flächen beackern. Wenn nicht, macht das nicht nur einen Ernteausfall aus, sondern es wird auch mit Subventionskürzung bestraft. Dumm gelaufen: Amtlich ist der Weg an unserem kleinen Mühlenpark nur 2,15 Meter breit. Die Eintragung stammt noch aus der Zeit der Pferdefuhrwerke. Ein Mähdrescher ist heute gut drei Meter breit.

Dafür übernehmen Anke und ich gern den Öko-Teil unserer Mühlenweg- Seite. Und damit wären wir wieder bei Beth Chatto. „Right plant, right place“, war ihr Motto bei der Bepflanzung ihres Parkplatzes. Die richtige Pflanze am richtigen Platz. Wie die Britin wollten wir nicht dauernd gießen und schauten uns nach passenden Pflanzen um. Wir begannen mit Stauden aus dem Mittelmeerraum wie etwa Lavendel, winterharten Züchtungen von Salbei, Bohnenkraut und Thymian.

Jetzt probieren wir Pflanzen aus der Prärie aus. Unendliche Weiten, kein Baum, kein Strauch, nur Gräser und Wildblumen, die Stürme und Dürren, Hitze und Frost überstehen, weil sie ihre Wurzeln tief in die Erde wachsen lassen.

Begonnen habe ich mit Sonnenhut-Sorten – Echinacea paradoxa und E. tennesseensis. Mein Liebling ist aber eine Prachtkerze, und zwar die Sorte Gaura lindheimeri „Rosy Jane“, die sich auch als Dauerblüher auf dem Balkon macht. Bis zu einem Meter hoch werden die Stängel mit den Blütentrauben. Schnecken finden keinen Gefallen. Die überhängenden Blüten eignen sich auch gut für die Vase. Anders als Beth Chatto vertraue ich nicht darauf, dass Präriepflanzen ohne Gießen auskommen. Im ersten Jahr gieße ich einmal die Woche, im zweiten Jahr schon sparsamer. Im dritten müssen sie mit dem auskommen, was der Himmel schickt.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth