Hamburg. Philips-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Kamp zu Trends auf der IFA in Berlin und Defiziten bei Veranstaltungen in der Hansestadt.
An diesem Freitag startet die Internationale Funkausstellungin Berlin. Der Hamburger Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratschef der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) und von Philips Deutschland, spricht über die neuesten Trends seiner Branche und stellt zugleich der Messe in der Hansestadt ein schlechtes Zeugnis im Vergleich zu Berlin und anderen Städten aus.
Wie laufen die Geschäfte der Hersteller von Unterhaltungselektronik?
Hans-Joachim Kamp: Das erste Halbjahr war sehr gut und besser als erwartet. Der Umsatz ist um 2,4 Prozent gestiegen. Haupttreiber waren Smartphones und Fernsehgeräte. Der neue Fernsehstandard DVB-T2 HD hat ebenfalls zu einem immensen Wachstum beigetragen. Mit den dafür notwendigen Setup-Boxen wurde in den ersten sechs Monaten ein Umsatz von 355 Millionen Euro erzielt. Ein Jahr zuvor+ waren es erst rund 100 Millionen Euro.
Viele Fernsehkunden ärgern sich darüber, dass sie nun für DVB-T2 HD eine jährliche Gebühr bezahlen müssen. Verstehen Sie die Aufregung?
Kamp: Ich kann das schon verstehen, aber im Gegenzug bekommen sie nun auch hochauflösendes Fernsehen. Zudem zeigen unsere Umfragen, dass nicht wenige Zuschauer sogar zum neuen DVB-T2-HD-Fernsehen wechseln wollen wegen der besseren Qualität, und die Zuschauer bekommen deutlich mehr Programme.
Es gibt auch Kritik daran, dass es mit Freenet nur einen DVB-T2-HD-Anbieter gibt. Sehen Sie dieses Monopol mit Sorge?
Kamp: Ich würde nicht von einem Monopol sprechen. Schließlich haben die Zuschauer ja die Möglichkeit, zu einem Kabelanbieter zu wechseln oder eine Satellitenschüssel zu installieren. Grundsätzlich gebe ich Ihnen aber recht, dass mehr Wettbewerb gut für den Markt ist. Aber dieser Wettbewerb kann sich ja noch entwickeln.
Wie sieht das Fernsehen der Zukunft aus?
Kamp: Der Zuschauer wird zum eigenen Programmdirektor, stellt sich seine Sendungen selbst zusammen. Das führt übrigens jetzt schon dazu, dass die Deutschen immer mehr Zeit vor dem Fernseher verbringen. Videostreaming ist das Zukunftsthema. Immerhin 65 Prozent der verkauften Fernsehgeräte können bereits mit dem Internet verbunden werden. Je jünger die Zuschauer sind, desto eher sind sie auch bereit, für bestimmte Programme Geld zu bezahlen. Dieser Trend wird zunehmen.
Seit Jahren spricht man auf der IFA über das vernetzte Zuhause. Aber so richtig zum Massentrend sind Kühlschränke und Heizungsanlagen, die mit dem Smartphone verbunden werden, noch nicht geworden. Wann kommt der Durchbruch?
Kamp: Die Nutzerzahlen steigen stetig. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Dafür sprechen drei Gründe: Zum einen erhöht die Vernetzung mit dem eigenen Zuhause die Sicherheit. Ich kann zum Beispiel mit meinem Smartphone aus dem Urlaub das Licht zu Hause anschalten oder sogar über eine installierte Kamera sehen, wer gerade vor meiner Haustür steht. Zudem bietet die Vernetzung Chancen, Energie einzusparen. So kann ich per Smartphone die Heizung erst eine halbe Stunde, bevor ich nach Hause komme, einschalten. Und die neue Technik führt zu einem höheren Komfort. Das Smartphone zeigt mir beim Einkaufen, welche Lebensmittel ich noch im Kühlschrank habe. Auch kann ich mir diverse Rezepte mit den entsprechenden Zutaten auf dem Smartphone anzeigen lassen.
Die IFA ist eine der Erfolgsmessen in Berlin. Wie sehen Sie im Vergleich zur Hauptstadt den Messestandort Hamburg?
Kamp: Da blutet mir als Hamburger schon das Herz. Die Hansestadt liegt mit Blick auf den Umsatz nur auf Platz neun der Messestandorte bundesweit – hinter kleineren Städten wie Düsseldorf, Köln oder auch Nürnberg. Das ist schon ein wenig peinlich.
Woran liegt das?
Kamp: Eine gute Frage. Jedenfalls hat Hamburg als Messestandort zu wenige attraktive Veranstaltungen – sowohl im Messe- als auch im Kongressbereich. Mit der Schifffahrtsmesse SMM und der WindEnergy richtet die zweitgrößte Stadt des Landes nur zwei weltweite Leitmessen aus – das ist viel zu wenig, denn in Deutschland gibt es rund 40 Weltleitmessen. Die Verantwortlichen sollten neue Wege gehen und dabei auch über Kooperationen mit anderen Messestandorten nachdenken – zum Beispiel mit Berlin.