New York / Hamburg. Susanne Hatje leitet ein Fünfsternehaus in New York – Promis sind hier Stammgäste. Ihre persönlichen Reiseziele: Hamburg und Sylt.
Die Hamburgerin ist eine Ausnahmeerscheinung in der Branche, die den Sprung in einen erlesenen Zirkel geschafft hat. Susanne Hatje, die bereits mit 27 Jahren als jüngste deutsche Hotelchefin im Fünf-Sterne-Bereich Schlagzeilen machte, ist eine der wenigen Frauen rund um den Globus, die ein Luxushotel leitet. Und das seit Jahren äußerst erfolgreich. Nun erhielt die Generaldirektorin des Fünf-Sterne-Hauses Mandarin Oriental in New York, das mitten in Manhattan am Central Park liegt, eine der wichtigsten Auszeichnungen der internationalen Luxushotel-Branche.
Die 46-Jährige wurde bei der „Virtuoso Travel Week“ – dem Reise-Äquivalent der „Fashion Week“ – zum „Hotelier of the year 2017“ gekürt. Bei der Eröffnung waren auch Topmodel Rachel Hunter und Schauspielerin Sarah Jessica Parker dabei. Virtuoso ist das führende internationale Reiseagenturnetzwerk, das sich auf Luxus- und Erlebnisreisen spezialisiert hat.
Hotellerie wurde Hatje in die Wiege gelegt
„Die Auszeichnung ist eine unglaubliche Ehre für mich“, sagt Susanne Hatje dem Abendblatt. „Da Mitglieder nur auf Einladung im elitären Netzwerk aufgenommen werden, ist es nicht nur eine große Ehre nominiert zu sein, eine noch größere ist es, zu gewinnen.“ Es sei einer ihrer größten Erfolge bisher. „Ohne die Hilfe des gesamten Teams des Mandarin Oriental, New York hätte ich das aber nicht geschafft. Dass die Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt etwas nicht schafft, ist angesichts ihrer Bilderbuchkarriere kaum vorstellbar – zumal ihr die Hotellerie quasi in die Wiege gelegt worden ist.
Hatje hat ihren Beruf von der Pike auf gelernt, denn ihre Wurzeln hat die Hotelmanagerin im elterlichen Hotel Heuberg in Norderstedt, am Stadtrand von Hamburg. Dadurch habe sie sich schon früh dafür interessiert, im Hotelgewerbe zu arbeiten. „Ich hatte das Glück, mit meinen Eltern zu arbeiten“, sagt Hatje. Jeden Einzelnen in seiner Rolle zu respektieren. Kollegen fair zu behandeln und ihnen die Möglichkeit zu geben, aus ihren Fehlern zu lernen. In allem, was man tut, engagiert zu sein. „Das alles habe ich in jungen Jahren von meinen Eltern gelernt und während meiner Karriere so weitergeführt.“ Noch heute ist das Hotel in Norderstedt ein Familienunternehmen, das aktuell von ihrem Bruder geführt wird.
Ausbildung im Hotel Atlantic
„Schon meine Großmutter war im Hotelgewerbe und unterstützte unseren Familienbetrieb, wo immer sie konnte“, erinnert sich Hatje. „Sie half mir sehr, alle Facetten des Hotelgeschäftes zu erlernen. Ich kann mich gut erinnern, wie sie den Kollegen großmütterliche Weisheiten, Tipps und Tricks nahegebracht hat – zum Beispiel wie man Flecken aus Teppichen bekommt.“
1988 begann Hatje ihre Ausbildung im Atlantic Hotel Kempinski an der Alster – in der Wäscherei. „Von dort habe ich mich buchstäblich nach oben gearbeitet, dorthin wo ich heute stehe“, sagt sie. Das sei für sie unerlässlich gewesen. „Man lernt jeden Teil des Hotelbetriebs kennen und gewinnt damit Respekt und Bewunderung für die Arbeit jedes einzelnen Kollegen. Nur so versteht man, was jeder einzelne zum Erfolg des Hotels beiträgt.“ Zudem bot ihr die Arbeit in dem Hamburger Luxushotel die Möglichkeit, in ihrer Heimatstadt bleiben zu können. „Umgeben von meiner Familie und meinen Freunden – das hat mir sehr geholfen.“
Hatjes Schlüssel zum Erfolg
Anschließend nahm Susanne Hatje die Karriereleiter in der Hotellerie im Eiltempo. Es folgten Stationen in Düsseldorf, München, aber auch auf Hawaii, in Hongkong und Boston. Bereits mit 27 Jahren war sie als jüngste Frau Generaldirektorin, heute leitet sie im Big Apple ein Luxushotel mit 575 Mitarbeitern, in dem Hollywood-Stars wie Morgan Freeman und internationale Prominenten aus Politik und Wirtschaft regelmäßig ein- und ausgehen. Schon das günstigste Zimmer kostet mehr als 700 Euro. Die teuerste Suite, die nicht öffentlich angeboten wird, ist ab ca. 30.000 Euro buchbar – pro Nacht versteht sich.
Ihr Erfolgsrezept? „Der Schlüssel ein erfolgreicher Hotelier und Manager zu sein, liegt in der Gastfreundschaft und den Beziehungen zu Menschen“, sagt die 46-Jährige, die sich selbst als passionierte Weltenbummlerin bezeichnet. Der Kern ihrer Arbeit sei, den Gästen außergewöhnlichen Service und Erlebnisse zu ermöglichen. „Dafür ist es essenziell, auf die Gäste individuell einzugehen und dafür zu sorgen, dass sie sich umsorgt fühlen.“
„Natürlich vermisse ich Hamburg“
Mehr zu wollen, nach Perfektion zu streben – das ist auch heute noch ihre Motivation. „Sie hat eine unglaublich lebendige und energetische Persönlichkeit, die sich immer mit den Gästen beschäftigt“, heißt es sicher auch deshalb in der Begründung zu ihrer Auszeichnung zum „Hotelier of the year“.
Doch trotz ihres riesigen Erfolgs – das bodenständige Familienhotel in Norderstedt vermisst sie dennoch manchmal. „Dort bin ich groß geworden und habe die Grundlagen gelernt“, sagt Hatje. Und Hamburg? Ja, klar, das vermisse sie natürlich. „Meine Familie ist noch immer in Hamburg und Schleswig-Holstein und es ist manchmal schwierig, von ihnen getrennt zu sein“, räumt die Karrierefrau ein. „Aber zum Glück ist es im digitalen Zeitalter nicht schwierig, mit ihnen Kontakt zu halten.“ Mindestens einmal, meistens zweimal im Jahr ist sie zu Besuch in der Heimat. Etwa zu Weihnachten. „Eine besondere Zeit mit vielen Traditionen.“ Aber zu Silvester ist sie schon wieder zurück in New York.
Zeit für sich und die Familie zu haben – für Susanne Hatje ist auch das eine Art von Luxus. „Den Gästen im Mandarin Oriental, New York bieten wir durch persönlichen, individuellen Service Luxus – indem wir auf die individuellen Wünsche eingehen“, sagt Hatje. “Sei es, sich den Lieblingstee eines Gastes zu merken oder über seine Heimatkultur Bescheid zu wissen – all das führt dazu, dass sich der Gast wie Zuhause fühlt und das ist in meinen Augen Luxus.“
Außergewöhnliche Wünsche? Kein Problem
Auch das Unmögliche möglich zu machen, gehört natürlich zu Hatjes Geschäft. “Solange es im Bereich des Legalen ist“, sagt sie. „Wo und wie immer möglich wird einfach jeder Gästewunsch unseren Besucher aus der ganzen Welt erfüllt.“ So wie dem Gast, der sich vor Kurzem eine Eislaufanlage für ein Event wünschte. Kein Problem für Hatjes Team. Manchmal geht es aber auch nur um Kleinigkeiten. Etwa um einen Hotdog.
Ein Hotdog als Überraschung
Ein Gast sei kurz vor seiner Abreise mit einem Mitarbeiter aus der Housekeeping-Abteilung ins Gespräch gekommen. Hatje: „Er erzählte, dass er leider keinen traditionellen New-York-City-Hotdog essen konnte. Er hatte sich zwar einen an einem Gyros-Stand um die Ecke gekauft – aber um ehrlich zu sein, das sind nicht gerade die besten.“
Doch der Gast hatte Glück. Da es sich bei dem Hotelangestellten um einen Hotdog-Liebhaber handelte, machte er sich schnell auf den Weg zu seinem Lieblings-Stand am Central Park und besorgte zwei Hotdogs für den Gast. „Vor der Abreise ließ er das Essen in sein Zimmer liefern“, so Hatje. „Der Gast war hocherfreut und wahrlich berührt durch diese Geste.“ Manchmal sei es nur der Blick auf das Detail in einer Smalltalk-Situation, die Momente der Begeisterung auslösen.
Im Sommer am liebsten nach Sylt
Begeisterung – die verspürt Susanne Hatje immer wieder aufs Neue für ihren Job. Und für Sylt. Im Sommer reist die 46-Jährige häufig Richtung Norddeutschland. „Dann genieße ich die Zeit mit meiner Familie auf Sylt“, sagt Hatje, die dann ihren Businesslook gern mit dem Neoprenanzug tauscht („Surfen ist mein größtes Hobby“). Im kommenden Jahr wird sie voraussichtlich sogar dreimal in der Heimat sein. „Weil mein Patenkind mich gerade zur Konfirmation eingeladen hat.“