Hamburg. Die erste Unterkunft in Marienthal ist ausgebucht – doch die Stiftung findet keine neuen Flächen für weitere.

Das erste Wohnheim nur für Auszubildende in Hamburg gilt bundesweit als Vorzeigeeinrichtung. Um sich vor Ort ein Bild von der Einrichtung zu machen, besuchte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Donnerstag die Räumlichkeiten an der Hammer Straße. „Das ist ein bundesweit herausragendes Projekt, das genau die richtigen Angebote für die Bedürfnisse von Azubis macht“, sagte Nahles. Eine Woche zuvor war auch schon Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) zu Besuch, um zum einjährigen Bestehen zu gratulieren.

Doch das Interesse ist nicht nur vonseiten der Politik groß: „Wir hatten mehr als 2700 Bewerber für die 156 Zimmer“, sagte Patrick Fronczek, Geschäftsführer der Stiftung Azubiwerk, die Träger des Wohnheims ist. „Wir haben dementsprechend eine Vollbelegung und suchen händeringend nach Grundstücken, um weitere Wohnheime zu bauen.“ In Hamburg gibt es rund 36.000 Menschen in dualer betrieblicher Ausbildung, „deshalb besteht ein dringender Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum für diese Zielgruppe.

Regeln für die Bewohner

Da sind wir uns mit der Politik einig“, sagte Fronczek. Doch die Umsetzung ist nicht einfach: Eigentlich ist das Ziel der Stiftung, bis 2022 insgesamt 1000 Wohnheimplätze an sechs Standorten in Hamburg zu schaffen. Bislang konnten sich Fronczek und seine Mitstreiter jedoch nur eine Fläche am Helmsweg in Harburg sichern. Dort sollen bis 2018/2019 rund 190 weitere Plätze entstehen. Es gebe zudem Verhandlungen an weiteren Standorten, aber es gestalte sich häufig schwierig, weil der Wohnungsbau Vorrang habe, so Fronczek.

Ein Zimmer in einem Viererappartement
kostet 350 Euro im Monat
Ein Zimmer in einem Viererappartement kostet 350 Euro im Monat © HA | Andreas Laible

Neben den 156 Zimmern beim Azubiwerk stehen laut der Sozialbehörde insgesamt rund 300 weitere Plätze zum Beispiel in den Wohnheimen des Studierendenwerks am Kiwitsmoor und an der Rahlstedter Straße für Auszubildende zur Verfügung. Auch in den sogenannten Smartments, also modern möblierten Apartments am Hühnerposten können sich Auszubildende einmieten, allerdings für 495 Euro inklusive Nebenkosten pro Monat. Da ist das Azubiwerk deutlich günstiger: Ein Zimmer in einem Viererappartement kostet inklusive Nebenkosten und freiem WLAN rund 350 Euro im Monat. Das Besondere am Azubiwerk ist zudem, dass dort auch minderjährige Auszubildende wohnen können. Das sei ein Novum in Hamburg, sagte Fronczek. Dies sei möglich, weil dort eine pädagogische Betreuung angeboten werde.

Forderung: Flächen bereitstellen

Unterstützung – wenn auch nicht in Form von Grundstücken – erhält die Stiftung Azubiwerk von Senatorin Leonhard: „Ich freue mich, dass das Angebot des Azubiwerks schon im ersten Jahr so gut angenommen wird“, sagte sie. „Schön ist auch, dass stadtweit gerade weitere solcher Häuser entstehen. Sie sind wichtige Bausteine für einen attraktiven Ausbildungsstandort, der Hamburg bereits heute ist.“ Auch der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Hansjörg Schmidt sagte: „Die hohe Nachfrage macht deutlich, dass wir in Hamburg mehr Wohnheime für Auszubildende brauchen. Es müssen deutlich mehr Flächen für das Azubiwerk gefunden werden.“

Hamburg braucht Auszubildende aus Umland

Die Handelskammer spricht sich ebenfalls für ein größeres Angebot aus: „Der großartige Erfolg und die Nachfrage zeigen, dass dringend weitere Standorte für Azubiwohnheime gebraucht werden. Die Hamburger Wirtschaft ist auch auf Auszubildende aus dem Umland angewiesen, doch die können nur hier arbeiten, wenn sie auch bezahlbaren Wohnraum angeboten bekommen – und der ist leider Mangelware in der Hansestadt“, sagte Vizepräses André Mücke dem Abendblatt. Deshalb müsste gemeinsam mit der Stadt ein Weg gefunden werden, um zügig weitere Flächen für Azubiwohnheime zur Verfügung zu stellen.

Die Wohnheim-Dachterrasse
können
alle Azubis nutzen
Die Wohnheim-Dachterrasse können alle Azubis nutzen © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Deutlicher wurde die CDU: „Wenn es der rot-grüne Senat nicht schafft, geeignete freie Flächen für Wohnheime auszuweisen, muss eben kreativ gedacht werden. Dazu gehört die Überbauung von Gleisen, wie zuletzt von der Bürgerschaft beschlossen“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Carsten Ovens. Auch ein fester Anteil von Azubiwohnungen beim Bau neuer Quartiere sei denkbar.

Derweil könnte die Stiftung Azubiwerk schon bald in andere Städte expandieren. Nach Abendblatt-Informationen soll es Gespräche für Standorte in Frankfurt und München geben.