Hamburg. Angler entdeckt Leichenteile in Rissen. 77-Jähriger an der Alster erschlagen. Die Mordkommission hat beide Fälle übernommen.

Zwei Gewaltverbrechen, zwei Tote, zwei Rätsel: Nur wenige Tage nachdem ein 77-Jähriger tot in seiner Wohnung an der Fontenay in Rotherbaum entdeckt worden war, fand ein Angler am Donnerstagmorgen die sterblichen Überreste einer zerstückelten Frau am Rissener Elbstrand. Die Mordkommission hat beide Fälle übernommen.

Der Schock ist den Menschen auf dem Parkplatz oberhalb des Elberadwegs nahe der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein anzusehen. Ein Angler sitzt auf der Ladefläche seines silberfarbenen Kombis, direkt daneben spannt die Polizei rot-weißes Flatterband quer über den Parkplatz. Spaziergänger stehen ratlos vor dem gesperrten Weg in Richtung Elbe. Auch der unten am Ufer verlaufende Weg ist abgesperrt. Passanten diskutieren mit der Polizei, eine Frau fragt aufgeregt, was denn hier geschehen sei. Die Beamten bitten alle, einen anderen Weg einzuschlagen.

„Es war ein schlimmer Anblick“

Der Angler Manfred W. (Name geändert) berichtet von der schrecklichen Entdeckung, die er in den frühen Morgenstunden gemacht hatte. Er habe bereits einige Stunden geangelt. Als dann der Tag anbrach, seien ihm plötzlich Möwen aufgefallen, die sich bei einem Stein im Wasser „an etwas zu schaffen machten“. Als Manfred W. näher kam, erkannte er dann, um was es sich handelte: um Leichenteile.

„Ich habe dann sofort die Polizei verständigt“, sagt der Mann, „es war ein schlimmer Anblick.“ Die herbeigerufenen Beamten entdeckten dann im flachen Wasser weitere Überreste, darunter einen Oberschenkel. Erste Untersuchungen vor Ort ergaben, dass es sich bei dem Opfer wohl um eine zerstückelte Frau handelt. Nachdem die Leichenteile geborgen worden waren, durchkämmten Polizisten das Ufergelände, gleichzeitig suchten Beamte der Wasserschutzpolizei die Oberfläche der Elbe ab. Auch Taucher der Polizei sollen im Einsatz gewesen sein.

Bekannte des Toten dachte an Einbruch

Spekulationen, dass die am Elbufer gefundenen Leichenteile zu einer seit mehr als zwei Jahren aus Drage im Landkreis Harburg verschwundenen Frau oder zu ihrer Tochter gehören, bestätigten sich nicht. Nach Angaben eines Polizisten lässt der Zustand der Leichenteile darauf schließen, dass die Person, zu der sie gehören, nicht annähernd so lange tot sein kann.

Der Fall aus Drage beschäftigt noch immer die Polizei. Ermittler gehen davon aus, dass ein Familienvater damals seine Frau und seine Tochter tötete und beseitigte. Der Mann war tot in der Elbe bei Lauenburg gefunden worden, er hatte sich offenbar ertränkt.

Ermittler hoffen auf Obduktion

Die Polizei, die bei der Suche an der Elbe gestern zeitweise von einem Hubschrauber unterstützt wurde, fand am Elbufer zumindest bis zum Abend keine weiteren Leichenteile. Nähere Einzelheiten, die bei einer Identifizierung weiterhelfen könnten, erhoffen sich die Ermittler nun von der Obduktion in der Rechtsmedizin. Erst dann wird sich endgültig klären lassen, wie alt die Tote war und wie lange sie schon im Wasser gelegen hat. Zudem werden Spezialisten eine DNA-Probe für einen „genetischen Fingerabdruck“ nehmen, um nach Übereinstimmungen in Datenbanken der Polizei zu suchen.

Zwei Bestatter
transportieren die
am Elbufer nahe
der Stadtgrenze
gefundenen
Leichenteile ab
Zwei Bestatter transportieren die am Elbufer nahe der Stadtgrenze gefundenen Leichenteile ab © Michael Arning

Rätselhaft ist auch der Fall des Toten in Rotherbaum. Fest steht: Bereits am Dienstagmorgen war die Leiche des 77 Jahre alten Mannes gefunden worden. Der Mann lag erschlagen in seiner Wohnung an der Fontenay, direkt gegenüber dem neuen Luxushotel The Fontenay, das im Herbst eröffnen soll, nur wenige Meter von der Außenalster entfernt. Die Wohnung liegt in einem 1996 erbauten Mietshaus, in dem vor allem gut situierte Hamburger leben. Der Mann, so heißt es in Polizeikreisen, wurde durch „stumpfe Gewalteinwirkung“ getötet. Das habe die Obduktion ergeben.

Polizei warnt

Entdeckt wurde die Tat durch eine Bekannte, die offenbar einen Schlüssel zur Wohnung besaß. Sie hatte am Dienstagmorgen nach dem Mann sehen wollen. Beim Betreten der Wohnung war die Frau dann auf zerbrochenes Glas gestoßen und hatte zunächst an einen Einbruch gedacht – keine Seltenheit in der Gegend. Erst nachdem die Frau die Polizei gerufen hatte, wurde der Tote dann entdeckt.

Später rückte noch die Mordkommission an, um Spuren zu sichern. Möglicherweise hatte der 77-Jährige seinen Mörder völlig arglos in die Wohnung gelassen. Es sollen sich nach Polizeiangaben zunächst keine Hinweise darauf gefunden haben, dass der Täter gewaltsam in die Wohnung eingedrungen war. Die Polizei warnt immer wieder davor, Unbekannte in die Wohnung zu lassen, und appelliert an die Hamburger, beim geringsten Verdacht den Polizeinotruf 110 zu nutzen.