Hammerbrook. Weite Teile der Hansestadt weiterhin massiv betroffen. Auch HVV-Betrieb beeinträchtigt. Ausweichen nur über Autobahnkreuz Ost möglich
Als auf den Straßen schon nichts mehr ging, kämpften die Bauarbeiter noch mit den Grundlagen. Das gebrochene Hauptrohr an der Amsinckstraße freilegen. Restwasser abpumpen. Die Straßen absichern, die von Millionen Litern Wasser überschwemmt wurden. 18 Stunden pro Tag wird seit Montag an der Reparatur der Hauptverkehrsader gearbeitet. Die Zeit drängt, denn der Rohrbruch ergibt im Zusammenspiel mit anderen Baustellen in der Stadt eine Mischung, die Hamburg zeitweise lahmlegt.
Am Dienstag begann bereits am frühen Morgen das Verkehrschaos. Schnell stauten sich die Autos auf dem Heidenkampsweg. Auf der Autobahn 7, die von vielen Autofahrern als Ausweichstrecke genutzt wurde, standen die Fahrzeuge gegen 7 Uhr bis nach Fleestedt.
Wer vom Süden in die Stadt wollte, brauchte Geduld. „Ich habe für eine Strecke, für die ich sonst eine Viertelstunde brauche, eineinhalb Stunden gebraucht“, sagt ein Autofahrer. Auch wer aus Richtung Barmbek kam, stand im Stau, weil der Verkehr aus Süden über den Heidenkampsweg lief und via Sechslingspforte oder direkt an der Alster in Richtung Innenstadt umschwenkte. „Der Mühlendamm, die Lübecker Straße, eigentlich alle Strecken aus der Richtung waren vollgelaufen“, hieß es in der Verkehrsleitzentrale.
Der Automobil-Club ADAC ist von den Auswirkungen des Rohrbruchs nicht überrascht: „Die Amsinckstraße ist eben eine Hauptverkehrsader“, sagt Christian Hieff vom ADAC-Hansa. Nach Angaben der Wirtschaftsbehörde befahren im Normalfall etwa 70.000 Fahrzeuge die Amsinckstraße, davon rund 5500 Schwerlastwagen.
Auch wenn Umleitungsstrecken eingerichtet wurden, sei ein Ausweichen im direkten Umfeld der Amsinckstraße nicht möglich. Autofahrer, die aus Richtung Süden kommen, haben nur den Heidenkampsweg oder den Weg über die Zweibrückenstraße und weiter durch die HafenCity. Doch die ist nur einspurig und kann den Andrang nicht ansatzweise aufnehmen.
Es gibt in Hamburg derzeit rund 50 Straßenbaustellen
Dem Chaos über den Hafen auszuweichen war am Dienstag wenig erfolgsversprechend. Ein Sprecher der Verkehrsleitzentrale konnte kaum Tipps für Autofahrer anbieten, um den Stau zu umgehen – Autofahrern wird lediglich geraten, so weiträumig wie möglich auszuweichen und zu prüfen, ob etwa das Autobahnkreuz Ost (A 1/A 24) als Ausweichstrecke infrage kommt.
„Derzeit gibt es einfach zu viele Baustellen in und um Hamburg“, sagt ADAC-Sprecher Hieff. Auf der Autobahn 7 wird der Deckel gebaut. Die Anschlussstellen Volkspark und Stellingen sind gesperrt. Das sind nur einige von vielen. Die aktuelle Baustellenkarte für Hamburg weist rund 50 Stellen auf, an denen gerade Arbeiten stattfinden. Ferienzeit ist auch Hochzeit für Bauarbeiten, da dann laut ADAC Hansa fünf bis zehn Prozent weniger Verkehr auf den Straßen sei. „Was aber zurzeit in und um Hamburg dem Autofahrer zugemutet wird, geht gar nicht“, sagt Hieff. „Man hat gar keine Chance, dem zu entkommen.“
Der Wasserrohrbruch fällt nämlich auch mit größeren Sanierungsarbeiten im öffentlichen Nahverkehr zusammen. Die Linie U 3 ist noch bis zum Sonntag zwischen Barmbek und Berliner Tor gesperrt. Am Dienstag kam es im Berufsverkehr zu deutlichen Verspätungen. Statt den veranschlagten 15 Minuten brauchte der Busersatzverkehr rund 45 Minuten bis zur Endhaltestelle.
Fahrgäste wie Joy Andre aus Reinbek sind genervt. „Ich habe extra mehr Zeit eingeplant. Jetzt komme ich wohl trotzdem zu spät“, erzählt die Reinbekerin. Trotzdem haben einige Hamburger auch Verständnis: „Mit Verspätungen muss man halt rechnen“, sagt Katrin Hubert aus Barmbek-Süd.
In Altona, wo auf einem Teilabschnitt der Bahn-Linie S 1 ebenfalls nur Ersatzbusse fahren, ist die Mehrheit der Fahrgäste nicht so entspannt. Normalerweise braucht die S-Bahn von Altona nach Othmarschen fünf Minuten. Mit dem Schienenersatzverkehr müssen die Reisenden bis zu 20 Minuten mehr Fahrtzeit einplanen. Zum Teil sind die Busse aber so überfüllt, dass Passagiere gar nicht mehr zusteigen können.
ADAC fordert schnellere Reparatur der Amsinckstraße
Nach dem Rohrbruch an der Amsinckstraße fordert die FDP eine bessere Pflege des Trinkwassernetzes. „Schon im vorigen Jahr lag die Zahl der Rohrbrüche um rund 100 höher als noch im Jahr 2012“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Wieland Schinnenburg. Hamburg Wasser betont, dass alle Maßnahmen ergriffen würden, um eine Rohrbruchgefahr zu erkennen.
Am Dienstagmittag klaffte an der Amsinckstraße ein Loch an der Stelle des Rohrbruchs. Die 600er-Hauptleitung aus dem Jahr 1961 muss auf einer Länge von sechs Metern ersetzt werden. Das soll heute passieren. „Anschließend wird das Loch verfüllt und eine neue Asphaltdecke aufgebracht“, sagt Rumpelt. Wahrscheinlich war Materialermüdung für den Rohrbruch verantwortlich.
Nach Abendblatt-Informationen entschied sich Hamburg Wasser „aus Kulanz“ gegenüber den Gästen des Ibis-Hotels an der Amsinckstraße dagegen, sogar 24 statt 18 Stunden pro Tag an der Reparatur der Fahrspuren arbeiten zu lassen. „Wir fordern einen Dreischichtbetrieb, damit rund um die Uhr gearbeitet werden kann“, sagt ADAC-Sprecher Christian Hieff – um die Reparaturzeit von voraussichtlich drei Wochen (also mindestens bis Mitte August) deutlich zu verkürzen. (hspsh/hspkb/crh/zv)