Hamburg. Maground liefert Hintergrundbilder für Werbung und die perfekte Illusion. Rund 400.000 Fotos sind in ihrem Bestand.

Schon so manchem, der sich für ein neues Auto interessiert, wird beim Durchblättern der Werbe­broschüren eines aufgefallen sein: In der Regel sind die Fahrzeuge in einer Umgebung in Szene gesetzt, die man in der Realität kaum jemals so antrifft – in Städten mit fast leeren Straßen oder inmitten malerischer Landschaften, natürlich ohne Hochspannungsmasten oder ein Betonwerk in der Ferne. Dass hier störende Elemente durch geschickte Retusche aus den Bildern entfernt wurden, dürfte für die meisten Betrachter naheliegen.

Doch tatsächlich geht die Manipulation heute noch viel weiter: Nur in wenigen Fällen ist das Auto überhaupt in der jeweiligen Stadt oder Landschaft fotografiert worden. Das Hamburger Unternehmen Maground ermöglicht es den Werbeagenturen, eine so nahezu perfekte Illusion zu schaffen. Denn die beiden Firmengründer Jens Müller und Wladimir Alexi sowie ihre insgesamt knapp 30 Mitarbeiter versorgen die Autohersteller und Agenturen mit geeigneten Hintergrundfotos, in die das Fahrzeug dann am Computer hineinmontiert wird.

Weltmarktführer in einer Nische

„Auf diese Weise muss nicht ein komplettes Foto- und Produktionsteam zum Beispiel nach Kapstadt fliegen, und es muss dort auch keine Straße gesperrt werden“, sagt Müller. Mit der früher üblichen Methode der Vor-Ort-Fotos könne allein die Produktion von 15 Bildern für eine Auto-Broschüre rund 400.000 Euro kosten. „Wir liefern für einen Bruchteil des Geldes die passenden Szenerien“, sagt Müller.

In diesem sehr speziellen Geschäft sind die Hamburger nach eigenen Angaben sogar Weltmarktführer. „Wir haben eine Nische besetzt, die für die großen Bildagenturen nicht so schnell erkennbar und attraktiv war“, sagt Alexi. Mit bis zu 1200 Aufträgen pro Jahr erwirtschaftet Maground einen Umsatz von aktuell rund 3,5 Millionen Euro – bei Wachstumsraten von 40 bis 60 Prozent. Zu der im Jahr 2007 gegründeten Firma gehören inzwischen Büros in Peking und in Los Angeles.

Unter den Kunden sind gut 1000 Werbeagenturen und nahezu alle bedeutenden Autohersteller. Diese Branche bringt rund 80 Prozent des gesamten Geschäfts von Maground, aber auch Unternehmen wie die Deutsche Bahn, TUI, die Telekom und die Lufthansa greifen auf den Bildbestand der Hamburger zurück.

Fotografen liefern 20.000 Fotos im Monat

Ihn bauen weltweit 300 selbstständige Fotografen auf; aktuell enthält die Datenbank allein 400.000 Standbilder, jeden Monat kommen 20.000 hinzu. „Für die Fotografen wird die Arbeit sehr viel einfacher und fokussierter, wenn nicht erst Beleuchtungsanlagen aufgebaut werden müssen und wenn man nicht darauf angewiesen ist, dass das Wetter passt, wenn das Auto da steht“, sagt Alexi. So könnten die Fotografen Orte erkunden und erheblich flexibler nach der besten Szenerie suchen. Bei der technischen Bildqualität werden jedoch keine Kompromisse gemacht, hier sind professionelle Kameras mit bis zu 100 Megapixeln unbedingt gefordert.

Müller und Alexi kennen sich in ihrem Metier schon dank ihrer Ausbildung sehr gut aus. Kennengelernt haben sie sich während des Kommunikationsdesign-Studiums in Hamburg. Schon als Student arbeitete Müller immer wieder für Werbeagenturen an Autothemen. Damals war die Methode, die Fahrzeuge nicht mehr vor Ort, sondern virtuell am Computer fotorealistisch zu inszenieren, neu und setzte sich mehr und mehr durch. „Dabei ist mir aufgefallen, wie schwer es ist, Hintergrundbilder zu finden, die sich für eine Produktpräsentation eignen – es gab schlicht keine Quelle dafür“, sagt Jens Müller. So entstand die Idee für Maground.

Der gebürtige Georgier Alexi, der als Zwölfjähriger mit seinen Eltern nach Deutschland kam, hat vor Beginn des Studiums eine Fotografenausbildung in Paris absolviert und später unter anderem als Modefotograf gearbeitet. Für Magazine wie „Vogue“, „Elle“ und „Vanity Fair“ hatte er Topmodels und Schauspielerinnen wie Toni Garrn und Eva Longoria vor der Kamera. Doch das Internet habe die Modefotografie „entwertet“, findet Alexi: „Die Blogger fotografieren doch schon alles.“ Darum habe es ihn schließlich mehr gereizt, „etwas Langfristiges aufzubauen.“

3-D-Animationen gewinnen an Bedeutung

Nach seiner Einschätzung mache das Internet das Geschäftsmodell von Maground­ umso attraktiver, sagt Alexi: „Alles wird schnelllebiger, die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen verkürzt sich, Werbekampagnen laufen nicht mehr monatelang“ – und darum darf ihre Produktion auch nicht mehr so viel Geld kosten.

Neben den Standbildern gewinnen Videos und 3-D-Umgebungen für Darstellungen mittels virtueller Realität (VR) für Maground an Bedeutung. Schon jetzt sind mehr als 1000 dieser VR-Hintergründe mit einer Auflösung von je 500 Megapixeln verfügbar.

In diesem Zusammenhang bieten sich neue Chancen für die Firma: Müller und Alexi überlegen, die Kunden über die reine Zulieferung von Szenerien hinaus stärker bei der Produktion von Werbung mit Bewegtbildern zu unterstützen. In Hamburg werde die Zahl der Mitarbeiter – aktuell sind es zwölf – weiter steigen, außerdem sind Büros in Frankreich und Italien geplant.

Eigene Fotografen werden hingegen nicht in größerem Umfang benötigt. Zwar komme es gelegentlich vor, dass ein Kunde eine ganz spezielle Anforderung stelle, etwa ein Bild von einem bestimmten Marktplatz in Italien, sagt Müller. Auch für Produktionen auf solche individuellen Anfragen hin könne man meist das Netzwerk der Vertragsfotografen nutzen. „Aber im Allgemeinen ähneln sich die Wünsche der Agenturen sehr stark.“