Sternschanze. G20-Betroffene machen ihrem Ärger in einer Sondersitzung des Stadtteilbeirats Luft

Während der Innenausschuss im Rathaus tagte, machten Anwohner und Ladeninhaber ihrem Ärger in einer Sondersitzung des Stadtteilbeirats Sternschanze Luft. Mit dabei: die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und Altonas Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD). Sie sei „da, um zuzuhören“, sagte Fegebank. Und zu hören bekam sie einiges.

Ausnahmslos alle, die sich gestern Abend im Jesus-Center zu Wort meldeten, zeigten sich entrüstet oder enttäuscht davon, dass die Politik den Gipfel überhaupt in Hamburg ermöglicht und die Polizei am Freitagabend den Randalierern das Feld überlassen habe. Wütend sind sie auch auf die Krawallmacher, bei denen es sich wohl „überwiegend um Schaulustige“ gehandelt habe. Eine Anwohnerin des Schulterblatts: „Ich habe fünfmal bei der Polizei angerufen, dort hieß es nur: Wir können gerade nichts für Sie tun, rufen Sie wieder an, wenn Chaoten in ihrer Wohnung sind.“ Ein anderer Anwohner sagte, er habe an jenem Abend ähnliche Erfahrungen gemacht. „Mein Vertrauen in die Stadt ist dahin.“ Dass Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auch noch behaupte, es habe „keine Polizeigewalt“ gegeben, sei „an Dreistigkeit“ nicht zu überbieten. „Wie soll das denn hier laufen: Klappe halten, Steuern zahlen, Scholz wählen?“ Da brandete Applaus auf.

Was die Menschen eint, ist das Gefühl, von der Polizei völlig im Stich gelassen worden zu sein. „Wir hatten im Bereich der Sternbrücke brennende Barrikaden gelöscht“, sagte ein Mann, „dann wurden wir von Autonomen angegriffen. Die Polizei stand mit drei Wasserwerfern und mehreren Hundertschaften keine 50 Meter entfernt – und hat nichts gemacht.“ Auf einem einsamen Posten stand auch eine Anwohnerin. „Ich wollte vor meinem Haus eine Barrikade löschen, da rissen diese Leute an mir herum und riefen: ,Alte, geh zurück in deine Wohnung.‘“ Ein weiterer Mann sagte: „Man sollte sich die Rote Flora mal genauer anschauen. Die haben die Leute, die hier die Sau rausgelassen haben, hierhin eingeladen.“

Ein Anwohner klagte, seine drei Kinder seien durch die Krawalle „traumatisiert.“ Misstrauisch blicken die Bewohner nun auf die Politik, einige fühlen sich verraten und verkauft. Aber auch praktische Fragen beschäftigen die Anrainer. Etwa: „Wie werde ich für meine Umsatzeinbußen entschädigt?“ Und eine junge Frau beschwerte sich: „Gleich nach den Krawallen kam der Schlagermove. Muss denn alles bei uns im Viertel stattfinden?“ (dah)