Hamburg. Die Toten Hosen verbrüderten sich mit den bayrischen Well-Brüdern und Gerhard Polt in der ausverkauften Laeiszhalle.

„Sachma, Aller, gehst du auch zu die Toten Hosen? Weißt, was das werden soll da inne Loisshalle?“, fragt ein Hosen-Fan, Typ „Opel-Gang“, am Sonntag auf dem Hinweg zum ­Johannes-Brahms-Platz. Bekannt ist nur so viel: In der altehrwürdigen Laeisz­halle steht ein Akustik-Konzert der ­Düsseldorfer Altbierrocker an, begleitet vom Münchner Kabarettisten Gerhard Polt und den Well-Brüdern, drei Stubenmusikanten aus dem Haspelmoor im Landkreis Fürstenfeldbruck. Kanns­te dir nicht ausdenken.

„Im Auge des Trommelfells“ ist das Motto der Konzertreise, die in der Hansestadt ihr Finale feiert. Wo dem Klischee nach sonst Orchester vornehm für 2000 Damen und Herren aufspielen, die teppichdicke Mäntel abgeben und ein Sektchen nippen, bestimmen an diesem Abend grau gewaschene Band­shirts, bequem gelatschte Turnschuhe und knarzende Springerstiefel das Bild. Ein ganz normales Hosen-Publikum, das hier unerhörte Töne hört.

Zu Beginn gleich ein ungewohnter Eindruck. Die Stars, oder wie Polt sagt „Schtare“ des Abends gehen gemeinsam auf die Bühne, verbeugen sich und legen los. Hosen-Frontmann Campino trötet Trompete, Breiti und Kuddel klampfen, Andi zupft den Bass, Vom Ritchie trommelt so leise er kann, und die Well-Brüder Karli, Stofferl und Michael begrüßen den Saal mit Gstanzl (bayrischer Spott-Gesang) über Hamburg: Die Stadt mit der nicht grünen, sondern roten Flora, die geplante „Radl-Autobahn“ am Elbstrand von Övelgönne, die Reeperbahn („Komasaufmeile für den Schlager­move“), die City-Hochhäuser, der Erste Bürgermeister („Charme wie Knäckebrot“), Innensenator Grote und der FC St. Pauli kriegen gleich einen mit. Aber das hebt die Stimmung in „dieser schönen Mehrzweckhalle“, die noch steigt, als die Hosen unplugged mit „Strom“ übernehmen. Vom Ritchie versucht immer noch, leise zu trommeln, und Campino versucht, leise zu schreien.

Mordsgaudi unter den Zuschauern

Damit ist die Aufstellung des mit Pause drei Stunden langen Abends erklärt. Die Hosen spielen jeweils eins oder zwei ihrer Lieder („Laune der Natur“, „Wannsee“, „Das Mädchen aus Rottweil“), dann sind die Well-Brüder mit Gstanzl dran, zwischendurch tritt Gerhard Polt als Volksmusik-Labelboss auf, der den Künstlern einen Knebelvertrag für Auftritte in Altenheimen und Hospizen aufschwatzen will. Die Gruppen begleiten sich gegenseitig, die Hosen haben sich sogar Hackbrett, Zither, Harfe, Brummtopf, Riesenpauke und Alphorn (!) angeeignet.

Begonnen hat diese rheinisch-bayrische Verbrüderung laut Campino Mitte der 80er-Jahre bei den „Anti-WAAhnsinns-Festivals“ in Burglengenfeld, und wie damals wird backstage wahrscheinlich viel Bier getrunken. Bayrische Braukunst würde auch an diesem Abend dabei helfen, sich auf den Dialekt der Well-Brüder, Polts langatmige Sketche oder Campinos Versuch an „Der Vogelfänger bin ich ja“ aus Mozarts „Zauberflöte“ („Brahms kennen in Hamburg ja alle“) zu konzentrieren. Aber die Pausenschlange an der Tränke ist zu lang.

Immerhin haben die Hamburger Hosen-Fans eine Mordsgaudi. Selten, vielleicht nie sind sonst in der ­Laeiszhalle so laute „Ohoho“-Chöre und donnernder Applaus nach „You’ll Never Walk Alone“ oder „Freunde“ zu hören. Ein Abend „wie eine Mischung aus Schweinsbraten, Currywurst-Pommes und Labskaus“, wie Campino sagt. Auf nüchternen Magen, und kein Bommerlunder zum verteilen. Uff.