Sternschanze/Altona. An ihrem Infomobil bekommt die Polizei Schadensmeldungen und Schilderungen der Krawallnächte. Aber auch viel Zuspruch
Die komplette Schaufensterfront haben die Randalierer eingeworfen. Vierfachverglasung. Mit Pflastersteinen zerstört. „Die kaputten Scheiben werden mit einem Kran ausgetauscht werden müssen“, sagt Inneneinrichter Hagen von Jouanne. „Das dürfte sehr teuer werden.“ Sein Atelier an der Elbchaussee 23 ist den Krawallen in Altona und dem Schanzenviertel zum Opfer gefallen.
Am Montag ist von Jouanne deshalb zum Infomobil der Polizei an der Großen Bergstraße gekommen. Dort hat er den Beamten den Schaden an seinem Atelier gemeldet. Und er ist gekommen, um sich über die mögliche Entschädigung von Bund und Stadt zu informieren, wie sie Kanzlerin und Bürgermeister versprochen hatten. „Die Polizei will sich nun zurückmelden, sobald Einzelheiten über den weiteren Ablauf feststehen“, sagt der geschädigte Geschäftsmann (siehe auch Bericht Seite 14).
An zwei Standorten, in Altona und in der Sternschanze, helfen Kommunikationsteams der Polizei seit gestern geschädigten Anwohnern und Geschäftsleuten bei der Anzeigenerstattung und geben ihnen Gelegenheit, über die Erlebnisse der vergangenen Tage zu sprechen. Am Infomobil an der Großen Bergstraße besteht am Montagnachmittag viel Gesprächsbedarf.
Immer wieder kommen Anwohner zu den vier Beamten, um über ausgebrannte Autos, Steinwürfe auf Polizisten und geplünderte Geschäfte zu sprechen. Aber auch, um sich zu bedanken. „Sie haben uns gut beschützt“, sagt ein Mann im Vorbeigehen zu den Polizisten. Vier Sonnenblumen sind von außen an das Mobil geklemmt, Schokoladentafeln stapeln sich in einer Schublade im Innenraum. Vorbeigebracht von Anwohnern. „Die Schokolade ist für die verletzten Kollegen im Krankenhaus“, sagt einer der vier Beamten. „Wir erhalten hier sehr viel Verständnis und Anerkennung.“ Bereits in den ersten viereinhalb Stunden haben die Polizisten 30 Schäden aufgenommen. Darunter vor allem zerkratzte Autos, besprühte Fassaden und eingeschlagene Fenster von Wohnhäusern.
Am Neuen Pferdemarkt ist am Mittag auch Polizeipräsident Ralf Martin Meyer zum Gespräch mit Anwohnern gekommen. Architekt Tommaso Amato berichtet ihm von den Geschehnissen der vergangenen Krawallnächte. Er habe sich als „Faschist“ beschimpfen lassen müssen, weil er die Polizei rief, als vor seiner Haustür randaliert wurde. „Gerade ich“, sagt der Italiener. „Ich bin selbst ein Linker, der die Welt ändern will.“ Er habe eine private Baustelle vor seinem Haus, die die Krawallmacher teilweise auseinandergenommen hätten. Auch solche Geschichten bekommen die Beamten zu hören. „Es geht um Erklärung, Regulierung von Schäden, aber auch um die Grundphilosophie, ob Polizei hier erwünscht ist oder nicht“, sagt Polizeipräsident Meyer.
Wenige Stunden später schildert eine Anwohnerin aus St. Pauli den Beamten am Neuen Pferdemarkt, wie die Reifen ihres Motorrads im „Scherbenmeer“ der Sternschanze kaputtgingen. „Es ist zwar ein relativ kleiner Schaden, vielleicht 400 Euro, aber trotzdem sehr ärgerlich“, sagt die 42-Jährige, die lieber anonym bleiben möchte. „Die Teilkaskoversicherung übernimmt den Schaden nicht.“
Voraussichtlich noch bis Freitag sind die Infomobile der Polizei zwischen 10 und 18 Uhr besetzt. Geschädigte erhalten auch über das Bürgertelefon unter 08000/42 86 50 Hilfe.