Hamburg . Tausende Menschen demonstrierten am Sonnabend mit dem bürgerlichen Bündnis „Hamburg zeigt Haltung“ für demokratische Werte.
„Schwarzer Block hau ab“, stand auf einem Papp-Plakat. „Hass ist krass. Liebe ist krasser“ und „Herr Scholz, DANKE für den schönen Hafengeburtstag“, war auf weiteren Papp-Plakaten bei der Demonstration des Bündnisses „Hamburg zeigt Haltung“ am Sonnabendmittag zu lesen. Eigentlich sollte es dort in erster Linie um demokratische Werte gehen, um Meinungsfreiheit, Respekt und Toleranz. Aber unter dem Eindruck der Gewaltexzesse in der Nacht zum Sonnabend im Schanzenviertel brach während der Veranstaltung immer wieder Empörung durch.
„So ein unglaublicher Hass!“, rief Bischöfin Kirsten Fehrs, Bischöfin der Nordkirche, bei dem abschließenden Fest am Fischmarkt. „Blindwütig um sich schlagende Polit-Hooligans – Leute, dass hat nichts mehr mit Protest zu tun.“ Was Hamburg an Gewalt erlebt habe, sei „so antidemokratisch wie nur irgendwas“. Sie rief die Menschen vor der Bühne dazu auf, ein Zeichen zu setzen für das friedliche und kreative „wahre Hamburg“.
Im Schanzenviertel hatten Randalierer unter anderem Läden geplündert und Barrikaden angezündet. Die betroffenen Straßen glichen am Sonnabend einem Schlachtfeld.
Gewalt verstärkt durch öffentliche Aufmerksamkeit
Andreas Dressel, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, sagte bei der Demonstration: „Angesichts der Bilder der Schande, die um die Welt gehen, müssen wir die Botschaft senden, dass es für Gewalt überhaupt keine Rechtfertigung gibt.“
Er sei „immer noch schockiert“, erzählte Anje Tjarks, Fraktionsvorsitzender Grünen. „Aber ich möchte mir jetzt erst recht nicht mein Demonstrationsrecht nehmen lassen und bin froh, dass so viele Menschen hier zeigen, dass es in Hamburg eine andere Protestkultur gibt.“
Nach den Worten der Berliner Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan (SPD) müsse danach gefragt werden, woher „dieser unbändige Hass“ komme. Gewalt werde verstärkt durch öffentliche Aufmerksamkeit, und es sei notwendig, aus diesem „Teufelskreis“ herauszukommen, sagte Schwan.
Stimmung erst gedämpft, dann heiter
Aus dem Kreis der Veranstalter, einem Bündnis von Personen aus Kultur, Sport, Politik und Kirchen, hieß es, an der Demonstration hätten sich 5000 bis 6000 Menschen beteiligt. Die Polizei sprach hingegen von bis zu 3500 Teilnehmern. Als Mitglieder des Senats dabei waren Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), Stadtentwicklungsenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), Justizsenator Till Steffen (Grüne) und Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Vom Start des Zuges an der Kirche St. Katharinen und entlang der Speicherstadt und den Landungsbrücken bis zum Fischmarkt verlief die Demonstration durchweg friedlich.
Anfangs war die Stimmung gedämpft, auch wenn Hunderte bunte Luftballons wohl für Optimismus und Fröhlichkeit stehen sollten. Doch als auf der Höhe Baumwall der Posaunenchor von St. Katharinen aufspielte, begannen die Demonstranten zu klatschen, schließlich jubelten sie den Musikern zu.
Ein Gruppe von Teilnehmern trug den sogenannten Weltschal von der Brandstwiete zum Fischmarkt. Das 370 Meter lange Kunstwerk, zusammengesetzt aus Flaggen von 207 Ländern, ist ein Projekt der Hamburger Designerin und Initiatorin des sozialen Projektes „Made auf Veddel“, Sibilla Pavenstedt. „Die Flaggen der Länder unserer Erde sind miteinander verstrick. Sie zeigen: Wo immer wir auch leben, wir hängen alle zusammen“, sagte Pavenstedt bei der Abschlusskundgebung. „Lasst uns gemeinsam an diesem Faden weiter stricken. Wir dürfen ihn nicht abreißen lassen.“
Bill di Blasio: „New York und Hamburg haben viel gemeinsam“
Aus den USA zu der Demonstration gekommen war New Yorks Bürgermeister Bill di Blasio. Auch er wandte sich gegen Gewalt und würdigte die „Tapferkeit“ der Hamburger Polizisten. „New York und Hamburg haben vieles gemeinsam“, sagte er. „Wir schätzen die Freiheit, respektieren Vielfalt, wir sind Weltbürger. Dass hier so viele zusammenkommen, um sich friedlich Gehör zu verschaffen – das macht Demokratie aus.“
Di Blasio machte den Demonstranten Hoffnung, dass es nach der Wahl von Präsident Donald Trump einen tiefgreifenden Wandel zu mehr Demokratie gibt. Die Menschen wollten eine solidarische Welt und mehr Respekt der Reichen für die arbeitende Bevölkerung, sagte der demokratische Politiker. Die USA steckten in einer „Identitätskrise“ – und es brauche viel Arbeit zu ihrer Überwindung.