Hamburg. Der Genossenschaftsverband geht ungewöhnlich hart mit der Politik ins Gericht. Die Liste der Kritikpunkte ist lang.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten haben Hamburgs Wohnungsbaugenossenschaften überbordende staatliche Auflagen und ausufernde Bürokratie der Bezirksämter kritisiert. „Baukosten rauf – Mieten runter: wir können vieles, aber zaubern können wir nicht“, sagte Monika Böhm, Vorsitzende des Arbeitskreises Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften, am Mittwoch in Hamburg.

Eine weitere Ursache für die hohen Baukosten sei die allgemeine Marktsituation. Viele Handwerksunternehmen seien ausgebucht, was dazu führe, dass die Preise stiegen. Hinzu kämen höhere Aufwendungen auf Grund der Energiewende und der Energieeinsparverordnung. Derzeit profitiere man von der Situation an den Finanzmärkten. „Wenn aber die Zinsen steigen werden, haben wir alle ein Riesenproblem“, sagte Böhm.

"Zu kompliziert, zu lang und zu teuer“

Nach ihren Worten sind die „Genehmigungsverfahren zu kompliziert, zu lang und zu teuer“. Zudem seien die Anforderungen für den Kauf und die Bebauung städtischer Grundstücke zu hoch. Zwar setze die Stadt auf die sogenannte Konzeptausschreibung, „allerdings sind die Vorgaben inzwischen viel zu eng, und wir haben das Gefühl, dass am Ende doch nur der Preis zählt“, sagte Böhm.

Die Immobilienexpertin kritisierte vor allem, dass Wohnungsbaugenossenschaften neben den Wohnhäusern Quartiersgaragen, öffentliche Parks, Straßen und Bushaltestellen errichten müssten, wenn sie ein städtisches Grundstück haben wollten. „Was hat das alles mit Wohnungsbau zu tun?“, fragte Böhm. Angesichts dieser Anforderungen sorgt sie sich von einer Kostenlawine. „Da kommt bestimmt nicht bezahlbarer Wohnungsbau heraus.“

Wohnungsmarkt nicht weiter regulieren

Böhm widersprach zudem der Einschätzung vor allem aus dem linken politischen Lager, dass der gesamte Wohnungsmarkt in Hamburg angespannt sei. „Insgesamt funktioniert der Wohnungsmarkt in Hamburg“, sagte sie. „Weitere Regularien sind nicht notwendig, sondern kontraproduktiv.“ Im Übrigen seien die Genossenschaften die Mietpreisbremse.

Nach den Worten von Böhm liegt bei der Neuvermietung bestehender Genossenschaftswohnungen die durchschnittliche Miete bei 7,13 Euro pro Quadratmeter. Betrachte man alle rund 260.000 Wohnungen von Saga und Genossenschaften liege die Durchschnittsmiete bei 6,37 Euro pro Quadratmeter. Das sei deutlich weniger als die Durchschnittsmiete in Hamburg von 8,02 Euro pro Quadratmeter.

Genossenschaften beklagen Anstieg der „zweiten Miete“

In Hamburg gibt es rund 930.000 Wohnungen. Davon sind 716.000 Mietwohnungen. Wohnungsgenossenschaften und die städtische Saga bieten davon etwa 270.000 Wohnungen an. Damit wirkten diese Anbieter mietpreisdämpfend. Es gehe nicht darum, die Situation zu verharmlosen, sagte Böhm. „Aber es gibt günstige Wohnungen.“

Böhm warnte zudem vor dem massiven Anstieg der sogenannten zweiten Miete. „Es ist erschreckend, was da passiert.“ So stiegen die Strom- und Wartungskosten überdurchschnittlich. Im kommenden Jahr kämen mit der Straßenreinigungsgebühr eine weitere Betriebskostenart dazu. „Die Politik ist gehalten, auch etwas gegen den Anstieg der ‘zweiten Miete’ zu tun“, sagte Böhm. „Die Mieter zahlen immer die Bruttomiete – da ist die zweite Miete drin.“

Investitionen steigen auf rund 679 Millionen Euro

Hamburgs Wohnungsgenossenschaften wollen in diesem Jahr rund 679 Millionen Euro in den Erhalt und Bau von Wohnungen investieren – fast 200 Millionen Euro mehr als 2016. Rund 800 Wohnungen seien im vergangenen Jahr fertiggestellt worden. In diesem Jahr werde die Bautätigkeit für 1920 Wohnungen aufgenommen.