Hamburg. Firmen aus der Metropolregion bringen viele Innovationen in den Markt. Wir erzählen die Geschichte dahinter. Heute: Das neue WLAN.
Der Bus ist ein Hingucker. Knallig rot mit weißen Punkten und großen Illustrationen in Pop-Art-Manier. „WLAN-Hotspot for free“ poppt es den Hamburgern aus einer zackigen Comic-Sprechblase entgegen. So macht die Hochbahn Werbung für das mobile Internetangebot MobyKlick, das das städtische Unternehmen bis Ende des Jahres in allen 1000 Stadtbussen einführen will. Bislang fahren etwa 100 Busse auf der Metrobuslinie 5 mit dem Service, der vor allem junge Fahrgäste in öffentliche Verkehrsmittel bringen soll.
„Den Router sieht man nicht“, sagt Benjamin Nielsen, bei der Hochbahn Projektleiter für die WLAN-Offensive. Zielsicher geht der IT-Experte durch den Bus und zeigt auf eine Kunststoffverkleidung an der Decke. Das Gerät dahinter holt sich über Antennen auf dem Busdach das LTE-Funksignal, das es dann in ein mobiles Internetangebot im Bus umwandelt. Bei einer Geschwindigkeit von 300 Megabits pro Sekunde, so das Versprechen, könnten alle Fahrgäste im Netz von MobyKlick surfen. Der Haken: Wenn das LTE-Netz ausgelastet ist, kann es Probleme geben.
WLAN-Angebot wird immer öfter genutzt
Der Blick in die Nutzungsstatistik zeigt: In der Mittagszeit an einem Werktag in der Woche sind in den 30 Bussen, die in der Regel auf der Linie 5 unterwegs sind, 84 Nutzer online. „Am intensivsten wird das Angebot in der Hauptverkehrszeit von 7 bis 9 Uhr genutzt“, sagt Nielsen. Dann würden schon mal 2000 Fahrgäste gleichzeitig surfen.
Im April 2016 hatte die Hochbahn einen Testlauf gestartet. Die Auswertung nach sechs Monaten ergab, dass sich bei steigender Tendenz im Schnitt knapp 5000 Menschen pro Tag eingeloggt hatten. Das entsprach acht Prozent der täglich 60.000 Fahrgäste auf der Linie 5. „Das WLAN-Angebot bietet den Fahrgästen einen echten Mehrwert und reagiert auf das Nutzungsverhalten vor allem junger Menschen. Mit einem komfortablen und kostenfreien WLAN machen wir den öffentlichen Nahverkehr gerade für diese Kundengruppe, die wir langfristig an uns binden wollen, noch passender“, wirbt Hochbahn-Chef Henrik Falk. Dafür investiert die Hochbahn einiges.
Kosten von 1,4 Millionen Euro
Der Internetzugang in den 1000 Bussen kostet 1,4 Millionen Euro. Zusätzlich ist geplant, die U-Bahn-Haltestellen mit dem kostenlosem WLAN auszurüsten. Start ist die Ringlinie U 3. Auf den Stationen Mönckebergstraße und Borgweg können Fahrgäste bereits seit der Pilotphase kostenlos surfen, im Juli gehen acht weitere Bahnhöfe ins Netz. Bis Herbst sollen alle U-3-Stationen WLAN haben, danach folgen U 2, U 4 und U 1. Gesamtkosten: 375.000 Euro. Dazu kommen jedes Jahr Mobilfunk-Gebühren von 555.000 Euro.
Hamburg zählt zu den Vorreitern beim Aufbau von Gratis-Surf-Angeboten im öffentlichen Nahverkehr. Seit Ende 2012 bieten die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein kostenloses WLAN, aktuell in 47 Fahrzeugen auf der Metrobuslinie 3 und der Schnellbuslinie 31. Für diesen Sommer hat auch die S-Bahn einen WLAN-Testbetrieb an vier Haltestellen auf der Strecke der S 3 und S 31 zwischen Hammerbrook und Harburg angekündigt. In Berlin etwa gibt es Internet nur auf U-Bahn-Bahnhöfen.
Freies Internet in Innenstadt bis Ende 2017
Für die Hochbahn ist das mobile Netz nur eins von mehreren Digitalisierungsvorhaben. Aktuell läuft das HVV-weite Entwicklungsprojekt Check-in-be-out. „Dabei handelt es sich um einfaches Ticketing per Smartphone – und das immer mit Bestpreisgarantie. Sie müssen sich weder Tarifzone noch Tickets merken“, schwärmt Hochbahnchef Falk. In neuen Bussen und Bahnen sind USB-Buchsen eingebaut, um mobile Endgeräte aufzuladen. Alte Fahrzeuge sollen nachgerüstet werden.
Parallel wird in der Stadt ein WLAN-Netz im öffentlichen Raum aufgebaut. „Ziel ist, dass die Nutzer flächendeckend surfen können, ohne das Netz verlassen zu müssen“, sagt Oliver Weiß, Sprecher des Norderstedter Telekommunikationsanbieters Wilhelm.tel, der mit dem Hamburger Unternehmen willy.tel das mobile Internet MobyKlick in Hamburg ausbaut.
Einige kostenlose Surfangebote
Kostenlose Surfangebote gibt es unter anderem in der Elbphilharmonie, den Kreuzfahrtterminals HafenCity und Steinwerder, in 36 Bücherhallen und auf dem Spielbudenplatz. Der Ausbau des Stadtnetzes läuft über das Glasfasernetz. Die ersten Zugangspunkte sind in Laternenmasten, Ampeln oder Bushaltestellenschilder installiert. Bis Ende des Jahres, so der Plan, soll der Innenstadtbereich abgedeckt sein. Zielvorgabe für flächendeckendes Internet an öffentlichen Plätzen und Parks ist 2022.
WLAN ist eine gute Sache, wenn es funktioniert
Installieren: Wenn alles gut läuft, taucht unter den verfügbaren
WLAN-Optionen des Smartphones oder Tablets das Netzwerk MobyKlick
auf. Anklicken und eine beliebige Internetseite öffnen. Im
Hintergrund erfolgt die Weiterleitung auf das Portal von MobyKlick.
Dort die Geschäftsbedingungen akzeptieren. Mit dem letzten Klick
wird die Verbindung hergestellt.
Information: Hinweisschilder auf
das kostenlose WLAN sucht man in den meisten Bussen der Linie 5
vergebens. Laut Hochbahn wurden die Aufkleber abgekratzt und nicht
ersetzt. Besonders für Touristen ist das eine Hürde.
Nutzung:
Sobald das WLAN-Symbol auf dem Smartphone angezeigt wird, startet
das kostenlose Surfen. Im Testfall luden sich Nachrichtenseiten,
wie etwa
abendblatt.de, schnell, blättern war problemlos möglich. Die
Handhabung von größeren Datenmengen ist durch die Begrenzung des
Tagesverbrauchs von Geschwindigkeit (ein Megabit) und Datenvolumen
(100 Megabyte) nicht möglich. Allerdings wurden Verbindungsprobleme
sichtbar. Vielnutzer berichten, dass das MobyKlick-Netz oftmals
nicht erkannt werde oder mehrfach geladen werde müsse. Gründe
könnte eine starke Auslastung des LTE-Netzes sein. Eine neue
Software soll nun den Zugang stabilisieren. Weiteres Problem: Der
Busfahrer bekommt nicht mit, wenn das WLAN-Netz nicht funktioniert.
Im Fall eines Absturzes kann er mit einem Neustart des Motors auch
den Router wieder in Gang bringen.
Verfügbarkeit: Aktuell kann man
auf der Metrobuslinie 5 und an den U-Bahn- Stationen Borgweg und
Mönckebergstraße kostenfrei surfen. Im Juli gehen die nächsten
Bahnhöfe online.
Fazit: Besonders für Pendler, Touristen und
Jugendliche mit kleiner Flatrate ist das Angebot gut. Der
(ausbaufähige) Service macht die Nutzung des ÖPNV attraktiver. Wenn
er nicht funktioniert, macht sich allerdings Frust breit.
Gesamtnote: drei von fünf Sternen.
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