Hamburg. Nirgendwo sonst in Deutschland ist die Bevölkerung so jung. Aber die Ausgaben für Arznei und Krankenhaus sind die höchsten.
Teure Medikamente für eine junge Metropole: In Hamburg, dem Bundesland mit der jüngsten Bevölkerung, verordnen die Ärzte die teuersten Medikamente. Das geht aus aktuellen Basisdaten für das Gesundheitswesen 2017 in Hamburg hervor, die der Verband der Ersatzkassen (vdek) jetzt vorgelegt hat.
Jeder gesetzlich Versicherte erhielt in Hamburger Praxen im vergangenen Jahr Medikamente im Wert von 754 Euro verordnet. Dieser durchschnittliche Wert steht nach Mecklenburg-Vorpommern (778 Euro) im Bundesvergleich an zweiter Stelle und liegt um rund 154 Euro über dem Bundesmittel von 606 Euro. Besonders teuer waren die neuen Krebsmedikamente, Hepatitis-C-Präparate und Nervensystemmittel. Insgesamt waren es Medikamente im Wert von 1,14 Milliarden Euro. Das sind 2,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Teure Verordnungen
"Auffällig ist, dass die Ärzte in der Hansestadt im Schnitt so teure Verordnungen ausstellen wie sonst nirgendwo in Deutschland", heißt es in der Studie. Obwohl die Patienten in Hamburger Praxen weniger Medikamentenverordnungen erhalten als im Bundesdurchschnitt, erreichen die Ausgaben im Bundesvergleich einen Spitzenwert. Mecklenburg-Vorpommern weise dagegen mehr Verordnungen je Versicherten auf.
Zu den Ursachen gehört unter anderem, dass Hamburg über ein dichtes Netz von Fachärzten verfügt und eine Mitversorgungsfunktion für das Umland hat. "Bei Arzneimittelausgaben liegt die Hansestadt seit Jahren an der Spitze", resümiert Kathrin Herbst, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hamburg. "Gleichzeitig ist die Bevölkerung im Durchschnitt so jung wie nirgendwo in Deutschland."
Durchschnittsalter: 42,3 Jahre
Wie aus einer Analyse des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, beträgt das Durchschnittsalter in Hamburg 42,3 Jahre (Stand: 2015). Damit ist Hamburg das jüngste Bundesland in Deutschland, gefolgt von Berlin (42,7Jahre) und Baden-Württemberg (43,2). Am ältesten sind die Menschen in Sachsen-Anhalt (47,4). In Hamburg falle deshalb die Krankheitslast vergleichsweise gering aus, fügte Kathrin Herbst hinzu.
Obwohl Hamburg das jüngste Bundesland ist, sind die Ausgaben für die Schmerztherapie überdurchschnittlich hoch. Hamburg gehöre bei der Behandlung chronischer Schmerzen mit Berlin und einigen ostddeutschen Bundesländern zur Spitzengruppe, heißt es in der Studie. Das liege unter anderem daran, dass in der Hansestadt viele schmerztherapeutische Leistungen erbracht werden. Nach Angaben der Barmer Krankenkasse leidet jeder zehnte junge Mensch an Rückenschmerzen. In den meisten Fällen seien nicht Abnutzungserscheinungen und Überlastungen der Grund, sondern Bewegungsmangel und damit eine verkürzte Muskulatur, zitiert das "Ärzteblatt" die leitende Medizinerin der Barmer Krankenkasse, Ursula Marschall.
Die häufigsten Diagnosen
Laut vdek steht "Kreuzschmerz" in Hamburg an sechster Stelle der am häufigsten gestellten Diagnosen. An erster Stelle rangiert Bluthochdruck. Im Blick auf die stationären Krankenhauskosten liegt Hamburg bundesweit noch immer vorn. Die durchschnittlichen Kosten für eine Behandlung waren mit 5.013 Euro weit höher als der deutschlandweite Durchschnitt von 4.378 Euro. Zur Begründung dieser Entwicklung heißt es, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern strukturbedingt seien. "Sie werden beeinflusst durch die Dichte der Versorgungsangebote und die Art und Schwere der behandelten Erkrankungen."
Auch bei den OP-Zahlen im Krankenhaus liegt Hamburg bundesweit vorn. Die Zahl der vollstationären Operationen ist seit dem Jahr 2005 um etwa 48 Prozent gestiegen. Damit hat Hamburg, das jüngste Bundesland, die höchste Steigerungsrate aller Länder, betont die Studie. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Hamburg bei den Klinikbehandlungen eine Mitversorgungsfunktion für die umliegenden Bundesländer hat.