Hamburg. Das Geld steckte in mehreren Umschlägen. Wollte sich der Absender mit den Sendungen vom Verdacht des Leistungsbetrugs „freikaufen“?
Die Mitarbeiter des Jobcenters Bramfeld kamen Anfang des Jahres aus dem Staunen nicht heraus, wochenlang beherrschten die mysteriösen Geldsendungen den Flurfunk. Ein Unbekannter hatte an einem Tag im Januar per Post sechs Umschläge an das Jobcenter Bramfeld geschickt. Ihr Inhalt: Bargeld, sehr viel Bargeld. Insgesamt 30.000 Euro. Die „Bild“ hatte zuerst über den rätselhaften Fall berichtet.
„Es stimmt, wir haben diese Umschläge erhalten und sofort versucht, sie zuzuordnen“, sagt Kirsten Maaß, Sprecherin des Jobcenters team.arbeit.hamburg, dem Abendblatt. Der Absender konnte jedoch nicht ermittelt werden. Mindestens ebenso rätselhaft ist ein anderer Aspekt der Geschichte: Warum sollte jemand dem Jobcenter Geld schenken?
Rückzahlung kann Strafe deutlich mildern
Bisher geht das Amt davon aus, dass ein Missetäter zu Unrecht bezogene staatliche Leistungen zurückzahlen wollte. Gut möglich, dass der Unbekannte so auch einer Strafverfolgung entgehen wollte. Darauf jedenfalls deuten handschriftliche Notizen hin, die sich ebenfalls in den Umschlägen befanden. Um den Absender und mutmaßlichen Leistungsempfänger zu identifizieren, wurden laut „Bild“ Unterschriften auf Hunderten Dokumenten mit den handschriftlichen Briefen verglichen.
"Wir haben umgehend die Polizei und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet", sagte Dirk Heyden, Geschäftsführer von Jobcenter team.arbeit.hamburg. Sollte der Absender wirklich das Sozialsystem missbraucht und den Staat betrogen haben, läge eine Straftat vor – ungeachtet dessen, dass der Betreffende 30.000 Euro ans Amt zurückgezahlt hat. Allerdings könne die Rückzahlung einen „erheblichen Strafmilderungsaspekt“ darstellen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. Das hänge aber entscheidend davon ab, wie lange die Straftat, vermutlich Leistungsbetrug, zurückliegt. Besonders günstig auf die Strafhöhe wirke sich demnach eine Schadenswiedergutmachung noch während des Ermittlungsverfahrens aus.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren jedoch eingestellt – "mangels konkreter Ermittlungsansätze". Die Polizei hatte versucht, die Geldscheine anhand ihrer Seriennummer zurückzuverfolgen. Der Ansatz brachte jedoch keine Ergebnisse. Auch Fingerabdrücke ließen sich nicht mehr sicher feststellen, weil die Umschläge schlicht durch zu viele Hände gegangen waren.
Bundesbank verwahrt die 30.000 Euro
Einfach einbehalten kann das Jobcenter die stattliche Summe allerdings nicht. "Aktuell werden die 30.000 Euro sicher von der Bundesbank verwahrt", so Heyden weiter. "Wir müssen jetzt den Ausgang der Ermittlungen abwarten; früher oder später wird das Geld aber dem Steuerzahler zugute kommen."