Hamburg. Stadt will Schierlings-Wasserfenchel umsiedeln. Kommt die weitere Ausbaggerung der Elbe nun doch? Wirtschaftssenator zuversichtlich.
Die Stadt Hamburg hat eine Fläche gefunden, auf der künftig die seltene Wasserpflanze Schierlings-Wasserfenchel wachsen soll. Die geeignete Fläche befindet sich im Bereich der Billwerder Insel. Das teilte die Wirtschaftsbehörde am Freitag mit. Dort würden mehrere alte, nicht mehr in Betrieb befindliche Absetzbecken der Hamburger Wasserwerke an das Tidegeschehen angeschlossen. "Die ehemaligen Speicherbecken werden mit Prielen, Wattflächen und Inseln so gestaltet, dass sie in Zukunft gute Lebensbedingungen für den Schierlings-Wasserfenchel bieten", heißt es in der offiziellen Mitteilung.
Hintergrund ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar dieses Jahres. Darin hatten die Richter die von der Stadt für den Ausgleich der Verluste des Schierlings-Wasserfenchels vorgesehene Maßnahme „Kreetsand“ nicht anerkannt und erklärt: dadurch werde kein ausreichender Lebensraum für den Schierlings-Wasserfenchel geschaffen. Hierfür kämen nur Bereiche in Frage, in denen Tideverhältnisse herrschten. Das Gebiet Billwerder Insel entspreche jetzt diesen Anforderungen, erklärte die Wirtschaftsbehörde.
Wirtschaftssenator ist erfreut über Ausgleichsfläche
„Ich bin froh, dass es gelungen ist, mit der Billwerder Insel zügig eine geeignete Fläche zur Entwicklung des Schierlings-Wasserfenchels zu finden“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). " Wir haben damit einen weiteren Meilenstein erreicht." Man werde die Europäische Union umgehend informieren und habe Vertreter von Naturschutzverbänden zu einem Gespräch eingeladen.
Um die weitere Elbvertiefung wird seit Jahren erbittert gestritten. Die Stadt und Bundesregierung wollen die Fahrrinne zwischen Glückstadt und der hamburgischen Landesgrenze von 300 auf 320 Meter verbreitern und um einen Meter vertiefen. Dadurch sollen künftig Schiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Metern unabhängig von Ebbe und Flut die Elbe hinauf in den Hamburger Hafen gelangen können. Schiffe mit einem Tiefgang von 14,50 Metern sollen zumindest bei Flut die Revierfahrt absolvieren können.
Umweltverbände fürchten massive ökologische Schäden
Umweltverbände fürchten dagegen massive ökologische Schäden. Zudem werfen sie den staatlichen Behörden vor, nicht ausreichend Ersatzflächen und zusätzliche Naturschutzflächen zu schaffen, wie es die EU vorschreibt. So werfen Umweltverbände Hamburg und dem Bund vor, sie würden die Größe der Vorkommensgebiete des bedrohten Schierlings-Wasserfenchels übertreiben, um ihn als weniger stark gefährdet darzustellen. Zu guter Letzt fürchten Umweltschützer eine Verschlechterung der Wasserqualität.
Kritik kommt auch von der FDP-Bürgerschaftsfraktion und spricht von einem "Trippelschritt statt Meilenstein". Michael Kruse, Wirtschaftsexperte der FDP-Fraktion sagt: "Die Ankündigungspolitik des rot-grünen Senats in Sachen Elbvertiefung wird langsam peinlich. Halbgare Projektstände als ´Meilenstein´ zu bezeichnen, zeigt wie groß die Verzweiflung bei Wirtschaftssenator Frank Horch mittlerweile ist."
"Senat macht bei der Elbvertiefung unglückliche Figur"
Weder die EU-Kommission noch die Umweltverbände hätten bisher eine Beurteilung der Maßnahme abgegeben. "Deshalb sollte der Senat konzentriert an der Lösung der von ihm selbst verursachten Probleme arbeiten, anstatt einen Trippelschritt als ´Meilenstein´ zu verkaufen", so Kruse weiter. Nach Ansicht der FDP habe es der rot-grüne Senat versäumt, seinen Teil für eine schnelle und einvernehmliche Lösung beizutragen. "Der rot-grüne Senat macht bei der Elbvertiefung weiter eine unglückliche Figur und darunter leidet der Hafen."
Die CDU moniert ebenfalls, dass die Elbvertiefung endlich einen "echten Meilenstein" bräuchte und spricht von "Planungsschlampereien". Ralf Niedmers, Fachsprecher für Hafenwirtschaft der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagt: "2011 hat der Bürgermeister den Beginn der Fahrrinnenanpassung für 2012 versprochen, doch bis heute wurde die Elbe um keinen Millimeter vertieft. Auch den Ankündigungen von Herrn Horch folgten bislang keine Taten." Umso unverständlicher ist es für die Christdemokraten, dass Herr Horch "allein durch die Identifizierung einer potenziellen Ausgleichsfläche im Bereich der Billwerder Insel wieder öffentlich vorprescht und von einem Meilenstein spricht." Niedmers plädiert für etwas mehr Zurückhaltung nach den "Planungsschlampereien", bevor die "Prüfungen nicht abgeschlossen sind und das Einvernehmen mit den Umweltverbänden nicht hergestellt wurde".