Hamburg. Die angestrebte 1:4-Betreuung in Krippen wird erst 2021 erreicht. Dafür gibt es schon 2018 mehr Personal

Die Verbesserung der Betreuung in den Hamburger Kitas verzögert sich: Das Ziel, dass im Krippenbereich (Ein- bis Dreijährige) maximal vier Kinder von einer Erzieherin betreut werden, soll nun nicht mehr zum 1. August 2019 erreicht werden, sondern erst zum 1. Januar 2021. Das gab Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Dienstag bekannt. Derzeit beträgt der Betreuungsschlüssel 1:5,6.

Im Gegenzug gibt es allerdings auch eine positive Nachricht: Der Einstieg in die Verbesserung wird um anderthalb Jahre vorgezogen, die ersten 500 neuen Erzieher kommen schon zum 1. Januar 2018. Weitere 500 folgen jeweils Anfang 2019 bis 2021. Im Anschluss soll auch die Betreuungsquote im Elementarbereich (drei bis sechs Jahre) bis 2025 auf 1:10 verbessert werden (heute: 1:10,7).

Insgesamt würden nur für die Absenkung des Betreuungsschlüssels im Krippenbereich 2000 neue Pädagogen benötigt, erklärte Leonhard. Die Kita-Träger hätten ihr versichert, dass diese Einstellungsoffensive zu einem einzigen Stichtag „kaum zu realisieren“ sei, zumal Erzieher derzeit bundesweit händeringend gesucht würden. Das liege auch daran, dass das Hamburger Kita-System insgesamt stärker wachse als das zum Zeitpunkt der Vereinbarung 2014 absehbar gewesen sei – unter anderem werden mittlerweile 1000 Flüchtlingskinder in Kitas betreut (bei 83.000 Kita-Kindern insgesamt).

Daher habe man sich auf die Entzerrung verständigt, die auch mit dem Landeselternausschuss (LEA) abgestimmt sei. Dieser hatte 2014 maßgeblich die Verbesserung der Betreuungsquote durchgesetzt. „Ich freue mich, dass wir mit den Verbänden eine realistische Lösung zur Deckung des Fachkräftebedarfs gefunden haben“, sagte Leonhard. Wenn das Ziel der 1:4-Betreuung erreicht sei, schlage das mit 100 Millionen Euro im Jahr zu Buche, so die Senatorin. Rund 20 Millionen davon entfallen auf die ersten 500 neuen Erzieher ab 2018.

Um den enormen Bedarf an pädagogischem Personal decken zu können, hat Leonhard gemeinsam mit Schulsenator Ties Rabe (SPD) diverse Maßnahmen angeschoben: So müssen Abiturienten oder Fachhochschulabsolventen künftig nur noch ein viermonatiges Sozial-Praktikum absolvieren (bislang zwölf Monate), bevor sie in die dreijährige Erzieher-Ausbildung einsteigen können. Realschüler, die den Ausbildungsgang Sozialpädagogische Assistenz (SPA) absolviert haben, dürfen zukünftig direkt in die verkürzte zweijährige Erzieherweiterbildung übergehen. Außerdem wird die SPA-Ausbildung auch für Schüler mit Hauptschulabschluss geöffnet, sie dauert dann allerdings zweieinhalb Jahre. Nicht zuletzt können angehende Erzieher, die bislang unentgeltlich arbeiten, künftig BAföG beantragen – das sie aber später zurückzahlen müssen.

„Der Senat muss einmal mehr zugeben, dass er seine selbst gesteckten Ziele nicht einhalten kann“, kritisierte CDU-Familienexperte Philipp Heißner und verwies auf die Zusage im rot-grünen Koalitionsvertrag, den Betreuungsschlüssel von 1:4 bereits 2019 umzusetzen. Außerdem vermisse er neue Anreize, den Erzieherberuf anzustreben: „Gerade bei den hohen Lebenshaltungskosten in Hamburg müssen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Erzieher verbessert werden.“ Das forderte auch Mehmet Yildiz (Linkspartei): Der Erzieherberuf sei andernfalls zu „unattraktiv“, um die Fachkräfte halten zu können. Die Streckung der Maßnahmen nannte er „vernünftig“.

Daniel Oetzel (FDP) sagte: „Sehr spät und nur auf Druck der Freien Wohlfahrtspflege reagiert der Senat endlich auf die Personalknappheit in den Krippen und Kitas.“ Die Absenkung der Zugangsvoraussetzungen zeige: „Die Stadt braucht um jeden Preis mehr Betreuungspersonal.“ Der Senat dürfe dabei aber nicht die Qualität der Erzieherausbildung aus den Augen verlieren. Das forderte auch Joachim Körner von der AfD.

Der Landeselternausschuss begrüßte die neuen Vereinbarungen, blieb aber bei seiner grundsätzlichen Forderung: „Unser Ziel bleibt ein Krippenschlüssel von eins zu drei, den auch unabhängige Wissenschaftler empfehlen“, so LEA-Vorstandsmitglied Michael Thierbach. Die Eltern wüssten, dass sich dieser nicht von heute auf morgen erreichen lasse. „Aber es ist wichtig, dies in Angriff zu nehmen – je früher desto besser. Hamburg soll endlich die rote Laterne bei der Krippenbetreuung der westdeutschen Länder abgeben.“