Hamburg. Die Lutherrose ist die erste 50-Euro-Goldmünze aus der Prägeanstalt in Rahlstedt. Als nächstes kommt die Helmut-Schmidt-Münze.

Noch ein prüfender Blick von Carmen Lahr, dann senkt sich das Sicherheitsfenster der tonnenschweren Presse. Kaum hörbar sind die drei Schläge, die mit einem Druck von jeweils 35 Tonnen aus einem Goldrohling die Lutherrose mit einem Nennwert von 50 Euro prägen. Die Rose war das Wappen, mit dem Martin Luther seine Schriften kennzeich­nete. Mit weißen Handschuhen nimmt Lahr die Münze aus der Presse und legt sie nach einem erneut prüfenden Blick auf ein Ta­blett. Die knapp acht Gramm schwere Münze aus reinem Gold entspricht einer viertel Unze (7,78 Gramm) und hat einen Durchmesser von zwei Zentimetern, ist also nur so groß wie ein 20-Cent-Stück. „Ich muss kleinste Abweichungen vom exakten Prägebild sofort erkennen“, sagt Lahr. Die Sammler wollen absolute Top-Qualität. „Nach 1000 Prägungen wird der Stempel ausgewechselt und überarbeitet“, sagt Lahr.

Es ist die erste 50-Euro-Goldmünze im bundesdeutschen Sammlermünzenprogramm – und 30.000 Stück davon kommen aus der Hamburgischen Münze, einem Landesbetrieb der Stadt Hamburg. „Ein Fünftel der Gesamtauflage von 150.000 Stück wird bei uns hergestellt und bekommt den Buchstaben J als Kennzeichen für die Prägestätte Hamburgische Münze“, sagt deren Chef Ralph Thiemann. Auch in den vier anderen Prägestätten Berlin, München, Stuttgart und Karlsruhe wird die neue Goldmünze hergestellt, die erstmals am 24. Mai ausgegeben wird. Der amtliche Ausgabepreis beträgt rund 333 Euro, was gemessen am aktuellem Goldpreis rund 50 Euro Aufschlag entspricht.

Die 50-Euro-Goldmünze sorgt für einen Rekord in Hamburg

Die 50-Euro-Goldmünze, die wahrscheinlich als neue Serie etabliert wird, sorgt für einen neuen Rekord in der Hamburgischen Münze in Rahlstedt. „Wir werden in diesem Jahr voraussichtlich so viele Goldmünzen herstellen wie in keinem der letzten zehn Jahre“, sagt Thiemann. Wenn die maximalen Auflagen der anderen Goldmünzen-Serien ausgeschöpft werden, kommen in diesem Jahr insgesamt 110.000 Goldmünzen aus der Hamburgischen Münze. Denn während die letzten Stücke der Lutherrose aus der Presse kommen, laufen schon die Vorbereitungen für ein weiteres Goldstück.

Als nächstes werden 40.000 20-Euro-Goldmünzen geprägt mit dem Pirol als Motiv, die ab 22. Juni zum Verkaufspreis von rund 195 Euro (3,89 Gramm Gold) ausgegeben werden. Als letzte Goldmünze des Jahres erscheint dann die 100-Euro-Goldmünze, die dem Unesco-Welterbe gewidmet ist, und in diesem Jahr die Luthergedenkstätten Eisleben und Wittenberg zeigt. Es ist eine halbe Goldunze (15,55 Gramm) zum Preis von 641 Euro.

Mit dem Pirol hat Graveur Matthias Kahmke schon viel Arbeit gehabt. Der auf einem Ast sitzende Vogel bestimmt die Bildseite der 20-Euro-Goldmünze, die sich heimischen Vögeln widmet. Sie ist in großen Teilen ein Hamburger Produkt. Der Hamburger Künstler Frantisek Chochola hat das Motiv des auch Goldamsel genannten Vogels entworfen. „Wir fertigen für diese Münze auch die Werkzeuge, die dann den anderen Prägestätten zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Thiemann.

Das Gipsmodell ist achtmal größer

Chochola lieferte bei Kahmke ein Gipsmodell ab. Es ist achtmal größer als das Original. „So kann der Künstler besser arbeiten“, sagt Kahmke. Mittels Laserstrahl und Computertechnik wird das Modell gescannt, um ein Computerprogramm zu erstellen, mit dem anschließend eine CNC-Gravier- und Fräsmaschine gesteuert wird. Mit ihr wird die Patrize erstellt, eine Art Metallstempel, auf dem sich das Motiv erhaben abzeichnet. Doch für die Feinheiten der Künstler sind die Werkzeugmaschinen noch zu unpräzise. Unter einem Mikroskop mit 40-facher Vergrößerung bearbeitet Kahmke die Patrize nach. Neben sich das Gipsmodell, den Blick durchs Mikroskop gerichtet, schärft er das Federkleid des Pirol präzise und vorsichtig mit einer Art Hartmetallnagel mit Holzgriff, mit dem schon Albrecht Dürer gearbeitet hat. „Die ganz feinen Federlinien muss ich nachbearbeiten“, sagt er. Aber das Prägewerkzeug ist damit noch nicht geschaffen. Erst unter einer tonnenschweren Senke nimmt es Form an. In einen Stahlrohling wird mithilfe der Patrize das Motiv gepresst. So entsteht die Ma­trize, die Form, in der später der Goldrohling gepresst wird und in der das Motiv vertieft abgebildet ist.

Carmen Lahr an der Münzpresse in der Hamburgischen Münze
Carmen Lahr an der Münzpresse in der Hamburgischen Münze © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig

Die Münze in Rahlstedt teilt sich in zwei große Bereiche: Auf der einen Seite die Produktion der Sammlerstücke mit viel Handarbeit und im Falle der Goldmünzen maximal drei bis vier Stück pro Minute – und auf der anderen Seite die weitgehend automatisierte Euro-Münzenproduktion mit 850 Stück pro Minute. „2016 haben wir 350 Millionen Euro-Münzen ausgeliefert“, sagt Thiemann. Ein Prägestempel muss hier ganz andere Mengen verkraften. Erst nach 500.000 Stück wird er bei der Ein-Eurocent-Münze ausgewechselt. Vor allem Ein- und Zweieurocent-Münzen sind gefragt. „Der Bedarf nach der Euro-Einführung ist höher als zunächst erwartet.“ 18 Milliarden Euro-Münzen gab es zum Start der Gemeinschaftswährung in Deutschland. Inzwischen sind 35 Milliarden Stück in Umlauf, und Thiemann sorgt für Nachschub. In diesem Jahr allerdings für weniger als ihm lieb ist. Denn der Bund hat nur 250 Millionen Umlaufmünzen bei der Hamburgischen Münze bestellt, knapp ein Drittel weniger als 2016.

Die Kapazitäten der Hamburger Prägestätte von bis zu 600 Millionen Münzen im Jahr sind damit noch längst nicht ausgelastet. Personell hat sich das Unternehmen längst darauf eingestellt. „Mit 42 Mitarbeitern arbeiten wir bereits an der unteren Grenze“, sagt Thiemann. „Als Landesbetrieb kosten wir die Stadt kein Geld, sondern machen Gewinn.“ Die Umsätze der Hamburgischen Münze fallen wiederum eher gering aus, da der Bund sämtliche Münzrohlinge zur Verfügung stellt. „Im vergangenen Jahr haben wir einen Umsatz von sechs Millionen Euro gemacht, 20 Prozent mehr als 2015“, sagt Thiemann.

Zwei-Euro-Münze mit Profil des Alt-Bundeskanzlers

Gleich zu Beginn des nächsten Jahres kommt eine klassische Zwei-Euro-Münze heraus, die auf der Bildseite Helmut Schmidt zeigen wird. Anlass ist der 100. Geburtstag des ehemaligen Bundeskanzlers, der 2015 im Alter von 96 Jahren verstorben ist. „Wir werden voraussichtlich im Spätsommer mit der Produktion beginnen“, sagt Thiemann. Von dieser gerade für Hamburger ganz besonderen Umlaufmünze werden insgesamt bis zu 30 Millionen Stück geprägt, wobei auf die Hamburgische Münze 6,3 Millionen Stück entfallen.

Graveur Kahmke ist schon mit dem Gipsmodell des Berliner Künstlers Bodo Broschat beschäftigt. Er zeigt Schmidt mit einer typischen Handhaltung, aber ohne Zigarette. Die Werkzeugherstellung läuft bereits auf Hochtouren. Kahmke hat das Profil von Schmidt mit seinen Werkzeugen detailliert nachgeschärft. „Die meiste Arbeit haben die Haare und die Pupillen gemacht.“, sagt er. Die Zwei-Euro-Münze kommt als ganz normales Zahlungsmittel in den Umlauf. Ob sie dann für immer als Andenken in den Schränken vieler Hamburger verschwindet oder doch zum Einkaufen genutzt wird – abwarten!