Hamburg. Gestohlener Mercedes und Großraumtaxi kollidieren frontal in der City. Drei Menschen werden schwer bis lebensgefährlich verletzt.

Die Bilder sind kaum zu ertragen. Es sind Bilder, die den herbeigeeilten Rettern wenig Hoffnung machen. Zwei Taxis, beide Fahrzeuge rund zwei Tonnen schwer, stehen auf dem Ballindamm, sie sind frontal miteinander kollidiert und komplett zerstört worden. Bei dem Aufprall hat es den Motorraum des Mercedes Vito und der Mercedes E-Klasse völlig zerfetzt. Wie die Autos einmal ausgesehen haben, lässt sich nur erahnen. Einen Feuerwehrmann erinnert das Szenario im Herzen der City an „einen schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn“.

Die Kollision der beiden Taxis am frühen Donnerstagmorgen war das dramatische Ende einer Verfolgungsjagd zwischen einem mutmaßlichen Taxidieb und der Polizei. Das Großraumtaxi, der Mercedes Vito, war mit zwei Fahrgästen auf dem Ballindamm unterwegs, als es auf Höhe Glockengießerwall von dem gestohlenen Taxi mit tödlicher Wucht gerammt wurde. Ein Fahrgast im Vito, ein 22 Jahre alter Hamburger, überlebte den furchtbaren Unfall nicht. Sein Freund, ebenfalls ein junger Mann, wurde lebensgefährlich und der Taxifahrer (57) schwer verletzt. Auch der Unfallverursacher kam mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Bei ihm handelt es sich um einen 24 Jahre alten polizeibekannten Mann aus Litauen.

Feuerwehr muss Dach des Fluchtwagens öffnen

Nach den bisherigen Ermittlungen hat der 24-Jährige die Mercedes E-Klasse des Unternehmens Hansa-Taxi (211 211) kurz vor dem Crash an der Krausestraße (Barmbek-Nord) gestohlen. Im Bereich Bramfelder Straße/Fuhlsbüttler Straße beobachtet ein Polizist in der Freizeit, wie das Taxi Schlangenlinien fährt, außerdem ist das Licht nicht eingeschaltet. Über den Notruf 110 alarmiert der Beamte seine Kollegen. Sofort nimmt ein Streifenwagen die Verfolgung auf. Auf der Signalanlage prangt in Leuchtschrift: „Stop Polizei!“

Statt anzuhalten, rast der Taxidieb mit „stark überhöhter Geschwindigkeit“ weiter in Richtung Innenstadt. Die Polizisten sind ihm dicht auf den Fersen – offenbar aber nicht so dicht, dass sie das weitere Geschehen beobachten können. Am Ballindamm verliert der Taxidieb, vermutlich wegen des hohen Tempos, die Kontrolle über den Kombi. Zur gleichen Zeit ist auf der Gegenfahrbahn der Mercedes Vito unterwegs – gerade erst hat das Großraumtaxi zwei Passagiere in einem Lokal am Ballindamm aufgenommen. Auf Höhe Glockengießerwall stoßen beide Taxis frontal und mit voller Wucht zusammen. Fotos vom Unfallort dokumentieren das ganze Ausmaß der Zerstörung: Beide Fahrzeuge sind nur noch Schrott. Rundherum sind Trümmer verstreut.

Gegen 4.20 Uhr löst die Feuerwehr den Alarm Manv10 (Massenunfall von bis zu zehn Verletzten) aus. Spät in der Nacht rücken Feuerwehrleute, Rettungssanitäter, vier Notärzte und ein leitender Notarzt zum Unfallort an der Binnenalster aus, um den eingeklemmten Insassen der beiden Taxis zu helfen, 38 Retter sind im Einsatz. Überall flackert Blaulicht. Doch die Arbeiten gestalten sich schwierig: Die Autos sind derart schwer beschädigt, dass sie mit Spezialgerät geöffnet werden müssen.

An dem Fluchtfahrzeug, der E-Klasse, müssen die Feuerwehrleute das Dach abnehmen, um den mit den Beinen verkeilten mutmaßlichen Taxidieb und Unfallverursacher zu retten. Die wie eine Konserve eingedellte Fahrkabine des Vito spreizen sie mit schwerem hydraulischem Gerät. Bei einem Fahrgast, dem 22 Jahre alten Hamburger, stellen die Notärzte sofort „sichere Todeszeichen“ fest. Ein weiterer Fahrgast, ebenfalls ein junger Mann und vermutlich ein Freund des Getöteten, ist lebensgefährlich verletzt. Die Identität des Mannes ist noch ungeklärt, nach Abendblatt-Informationen hatte er keinen Ausweis bei sich. Alle drei Überlebenden haben Polytraumata – schwere bis lebensgefährliche Mehrfachverletzungen – und werden im UKE, dem AK St. Georg und dem Bundeswehrkrankenhaus behandelt. Der Rettungseinsatz hat eineinhalb Stunden gedauert.

Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung

„Gegen den 24 Jahre alten Tatverdächtigen ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, der zweifachen fahrlässigen Körperverletzung und des Diebstahls“, sagte Polizeisprecher Florian Abbenseth. Ob der Mann zur Tatzeit betrunken war, sei noch unklar, ebenfalls sei noch nicht bekannt, mit welcher Geschwindigkeit die gestohlene E-Klasse den Vito rammte. Von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt sei nach „derzeitiger Sachlage“ nicht auszugehen, sagte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Der 24-Jährige soll nun dem Haftrichter vorgeführt werden. „Abhängig vom Gesundheitszustand kann dies auch in einem Krankenhaus geschehen“, so Frombach weiter. Im Anschluss daran werde die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie gegen den mutmaßlichen Taxidieb Haftbefehl beantragt.