Hamburg. Olaf Scholz will die Rolle unabhängiger Medien sichern. Ex-Obama-Berater John Podesta leidet unter Trumps Wahlsieg.
Es hätte ein großartiger Abschluss seiner Karriere werden können, nach der Arbeit als Stabschef unter Bill Clinton und als Berater von Barack Obama. Doch als Leiter des Präsidentschaftswahlkampfs von Hillary Clinton fand John Podesta nicht die richtige Strategie. „Wir haben versagt“, bekannte der 68-Jährige am Dienstagabend im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. „Es bereitet mir seelische Qualen, dass wir Donald Trump das Weiße Haus überlassen mussten.“ Schließlich stehe zu befürchten, dass der neue US-Präsident viel Gutes zerstöre, das etwa in der Gesundheits- und der Klimapolitik erreicht worden sei. Und sein Umgang mit Fakten gebe Anlass zu großer Sorge.
In seiner Rede anlässlich des Senatsempfangs zum diesjährigen Mediendialog mit 300 Gästen aus der Medien- und Kreativbranche sprach Podesta auch über die gestiegene Bedeutung von sozialen Netzwerken als Informationsquelle, über sogenannte alternative Fakten und Hacker-Angriffe auf die demokratische Partei zugunsten von Donald Trumps Wahlkampf, die nach Einschätzung der CIA von Russland ausgegangen sein sollen. Er betonte die Notwendigkeit, im digitalen Zeitalter grundlegende demokratische Werte zu bewahren.
Scholz hält nichts von strengeren Gesetzen
Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich besorgt. „Der US-Wahlkampf des vergangenen Jahres hat mögliche Verwerfungen demokratischer Öffentlichkeit aufgezeigt, die uns zu Recht beunruhigen und deren Überschlagen in unseren eigenen demokratischen Diskurs wir verhindern müssen“, sagte Scholz. Auch hierzulande zeigten sich erste Anzeichen einer Erosion der wissensbasierten Debatte. Der „Geltungsanspruch der Wahrheit durch belegbare und weithin akzeptierbare Tatsachen“ drohe uns abhandenzukommen, sagte Scholz bei der Veranstaltung, die unter dem Motto „Neue Datenwelten – Innovationen, Risiken, Verantwortung“ stand.
Scholz wandte sich allerdings gegen Forderungen nach strengeren Gesetzen: „Ich sehe mit einiger Sorge, dass derzeit Erwägungen der Medien- und Meinungsfreiheit gegenüber daten- und verbraucherschutzrechtlichen Normen an Gewicht verlieren“, sagte der Bürgermeister. „Unter Verweis auf social bots, fake news und hate speech machen jetzt manche die digitalen Mittler für alles Übel verantwortlich und fordern mehr Regulierung. So einfach ist die Welt aber nicht.“
Medien müssen mit „Fakten und Wissen“ dagegen halten
Auch das von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hetze im Internet sei „merkwürdig unwuchtig“, sagte Scholz. „Es übersieht tendenziell, dass es bei jedem Eingriff immer auch darum gehen muss, die freie Rede sicherzustellen.“
Scholz forderte, die Rolle unabhängiger Medien zu sichern: „Es geht darum, Bürgerinnen und Bürger durch Information und Orientierung zum aufrechten Gang in einer freien und offenen Gesellschaft zu verhelfen.“ Dazu sei ein neuer Rahmen notwendig: „Wir brauchen eine medienpolitische Gesamtkonzeption.“ Ein solcher Entwurf dürfe sich nicht „darin erschöpfen, einzelne Interessen einzelner Medienbranchen zu bedienen und gelegentlich die Balance zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen auszutarieren“.
Angesichts der Verbreitung von sogenannten alternativen Fakten und Hass-Kommentaren forderte der Bürgermeister die Medien-Verantwortlichen auf, mit „Fakten und Wissen“ dagegenzuhalten. „Wenn es um die Qualität öffentlicher Kommunikation geht, stehen wir gemeinsam in der Verantwortung, diese nicht voraussetzungsfrei garantierten Grundlagen unserer Demokratie sicherzustellen.“ Hierfür reiche es aber nicht aus, „bloß mehr zu wissen“, sagte Scholz. „Entscheidend ist die Haltung, in der wir das vermitteln.“ Es gehe darum, „Augenhöhe durch Aufklärung herzustellen“.