Hamburg. Trotz geringer Arbeitslosigkeit und anhaltenden Aufschwungs bleiben einige Viertel arm. Der Hamburg-Überblick.

Wo leben in Hamburg die armen Menschen? Wo die reichen? Seit 2010 veröffentlicht die Stadtentwicklungsbehörde jeweils im Frühjahr ihr Sozialmonitoring für das vorangegangene Jahr – einen Bericht über die soziale Ungleichheit, wie die Autoren die Untersuchung beschreiben.

Die zentrale Erkenntnis des diesjährigen Reports: Die soziale Spaltung – zwischen wohlhabenden und einkommensschwachen Quartieren – nimmt nicht weiter zu. Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings: Es gibt trotz einer seit mehreren Jahren prosperierenden Wirtschaft, einer geringen Arbeitslosigkeit und dem Zuzug Zehntausender zumeist junger Menschen kein deutliches Aufholen von „statusniedrigen“ Gebieten. Vielmehr halten sich die Viertel, deren Status sich zuletzt verschlechterte oder verbesserte, die Waage.

Sozialmonitoring als Frühwarnsystem

847 sogenannte statistische Gebiete mit mindestens 300 Einwohnern wurden in den vergangenen zwölf Monaten auf „vermutende kumulierte soziale Problemlagen“ hin untersucht. „Das Sozialmonitoring übernimmt somit die Funktion eines „Frühwarnsystems“, heißt es in dem Bericht.

Rund 83 Prozent der Hamburger – das sind rund 1,5 Millionen Menschen – leben demnach in Gebieten mit einem hohen oder mittleren Status. Rund neun Prozent (157.000 Einwohner) wohnen dem Monitoring zufolge in Gebieten mit einem niedrigen, rund zwölf Prozent (209.000 Einwohner ) in solchen mit einem sehr niedrigen Status.

Klassifiziert man die Gebiete, so wurden wie 2015 auch im vergangenen Jahr rund 50 Prozent (424 Gebiete) der Gesamtindexklasse „Status mittel/Dynamik stabil“ zugeordnet. Rund 18 Prozent (143) zählten zur Gruppe „Status hoch/Dynamik stabil“. Jeweils sieben Prozent gehörten zur Gruppe „Status Mittel/Dynamik positiv“ (61), „Status sehr niedrig/Dynamik stabil“ (60) und „Status mittel/Dynamik negativ“ (57).

Statusniedrige Gebiete mit einer negativen Dynamik liegen vor allem im Osten der Stadt (Hammerbrook, Hamm, Horn, Billstedt), am westlichen Stadtrand (Osdorf, Lurup) sowie in den Stadtteilen Steilshoop und Wilhelmsburg. Statushohe Gebiete mit positiver und stabiler Dynamik sind entlang des nördlichen Elbufers, in den alsternahen Stadtteilen und im Nordosten der Stadt (in den Walddörfern) zu finden.

Diese Aufteilung der Stadt ist seit Jahren kaum verändert. So ergab eine gesonderte Betrachtung von 831 Gebieten, die seit fünf Jahren in den Auswertungen berücksichtigt wurden, dass statusniedrige Gebiete mit tendenziell sinkendem Status sich vor allem im Osten Hamburgs (Billstedt, Hamm und Horn) und im Süden der Stadt (Ost-Eißendorf, Harburg, Wilstorf) sowie vereinzelt in Neuallermöhe liegen.

Zuzug von 30.000 Flüchtlingen

Die Autoren verweisen in dem 44 Seiten umfassenden Sozialmonitoring wiederholt darauf, dass es weder eine Zunahme der Polarisierung zwischen armen und reichen Stadtteilen noch eine Entmischung (Segregation) von Gebieten gibt. So wiesen Ende vergangenen Jahres 19 Gebiete einen niedrigeren Status auf als 2015. 17 Gebiete konnten ihren Status verbessern.

Der Zuzug von gut 30.000 Flüchtlingen seit dem Herbst 2015 hat zu einem Bevölkerungszuwachs geführt. Das führte überraschenderweise in drei Gebieten in Wilhelmsburg, Harburg und Groß Borstel zu einer Erhöhung des sozialen Status. Der Grund: Durch den Anstieg der Bevölkerungszahl sinkt unter anderem der prozentuale Anteil von Hartz-IV-Empfängern an der Gesamtbevölkerung. Flüchtlinge, die in der Regel Transferleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, werden bei Ermittlung des Status eines Gebietes jedoch lediglich als Einwohner, aber nicht als Bezieher staatlicher Einkommen berücksichtigt.

„Hohe sozialräumliche Stabilität“

„Das Sozialmonitoring hilft uns als eine Art ‚Frühwarnsystem‘, soziale Ungleichheiten in unserer Stadt zu erkennen“, erklärte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). „Ein wichtiges Ergebnis ist die hohe sozialräumliche Stabilität.“ Die rund 21 Millionen Euro für die integrierte Stadtteilentwicklung fließen dorthin, wo Hilfe am dringendsten benötigt werde.