Hamburg. 2600 Teilnehmer zogen am 1. Mai von der Sternschanze zum Jungfernstieg. Polizei räumt Platz vor der Roten Flora.
Es blieb lange Zeit alles friedlich – sieht man von fünf fliegenden Böllern und einem bengalischen Feuer ab. Nach mehreren Demonstrationen am Montag hatte sich die Hamburger Polizei für die „revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“ am Abend unter dem Motto „Krieg und Krise haben System. G20 entern, Kapitalismus versenken“ auf Krawalle vorbereitet. Sie war mit einem Großaufgebot vor Ort, als sich der Zug der Demonstranten um 18.30 Uhr am Bahnhof Sternschanze in Bewegung setzte. Zur Teilnahme hatte die kommunistische Gruppierung Roter Aufbau, früher Rote Szene Hamburg, aufgerufen.
Demos in Hamburg am 1. Mai
Der Zug mit 2600 Demonstranten bewegte sich vom Bahnhof Sternschanze über den Neuen Pferdemarkt, Feldstraße, Sievekingplatz, Pilatuspool, Ludwig-Erhard-Straße, Venusberg, Baumwall, Rödingsmarkt, Willy-Brandt-Straße über die Domstraße zum Jungfernstieg, wo die Schlusskundgebung gehalten wurde. Zwei geplante Zwischenkundgebungen wurden von den Organisatoren abgesagt. Der Zug stoppte nicht einmal. Während des Zuges soll ein Teilnehmer wegen Fehlverhaltens von den Organisatoren der Demo des Zuges verwiesen worden sein.
Polizei hatte sich auf Großlage eingestellt
Die Polizei war am Abend zunächst sehr zufrieden mit dem Verlauf: „Mit 2600 Teilnehmern kamen mehr als erwartet“, sagte Polizeisprecher Timo Zill dem Abendblatt. „Bis zum Demo-Ende verlief die Veranstaltung störungsfrei und friedlich.“ Zill weiter: „Der friedliche Verlauf bestätigt unsere Einschätzung, dass G20 während der Demonstration zwar thematisiert wurde, aber nicht zu Störaktionen führte.“
Allerdings ist es im Anschluss an die friedliche Demonstration vor der Roten Flora zu kritischen Situationen gekommen: Gewaltbereite Protestler warfen Flaschen und Böller auf Polizeibeamte und zündeten Bengalos. Es werden Parolen wie „Ganz Hamburg hasst die Polizei“ skandiert. Zwei Hundertschaften der Polizei waren vor Ort, Wasserwerfer wurden aufgefahren, aber kamen nicht zum Einsatz. Der Platz vor der Roten Flora wurde geräumt. Es gab mehrere Festnahmen. Bis in die Nacht kreiste ein Polizeihubschrauber über dem Schanzenviertel.
Im Vorfeld hatte die Polizei verkündet, sich auf ein „Szenario wie in den vergangenen Jahren“ vorzubereiten. Von einem Testlauf der linksradikalen Szene für den G20-Gipfel im Juli war die Polizei nicht ausgegangen. Sie erwartete eine normale Lage, hieß es. Eine normale Lage am Abend des 1. Mai bedeutete aber in den vergangenen Jahren: Großlage.
Während die Polizei die Lage in der Hamburger Innenstadt gelassen abwarten konnte, kam es in der Wilhelmsburger Veringstraße zu mehreren Zwischenfällen. Auf die Deutsche Bank, einen Kiosk und zwei Wohnhäuser wurden Farbbeutel geworfen.
Letzter Tag des "Aktionsmonats" gegen G20
Bis auf die Krawalle im Schanzenviertel sind am Montag alle Demonstrationen in Hamburg friedlich über die Bühne gegangen. Selbst in der Walpurgisnacht war es am Sonntag in der Nacht zum 1. Mai völlig ruhig geblieben. Mehrere Hundertschaften der Polizei, die sich rund um das Schanzenviertel in Position gebracht hatten, waren praktisch arbeitslos. Nur ab und an waren auf dem Schulterblatt patrouillierende Polizeifahrzeuge zu sehen. Dabei war der Sonntag auch der letzte Tag des „Aktionsmonats“ gegen G20.
Aus Furcht vor Ausschreitungen hatte der Drogeriemarkt Budnikoswky vorsorglich seine Schaufensterfront mit Holzlatten verbarrikadiert, andere Geschäfte hatten die Rollläden heruntergelassen. In den Vorjahren war die Walpurgisnacht immer auch eine Art Warming-up für den Showdown am 1. Mai. Am Vorabend des Maifeiertages, häufig bis tief in die Nacht hinein, lieferten sich Polizei und Autonome erste Scharmützel, bevor es am Folgetag ernster wurde. So bewarfen während der Walpurgisnacht 2016 mehrere Vermummte die Polizeibeamten mit Böllern und Steinen. Am Tropeninstitut wurde ein Bundeswehrfahrzeug angezündet.
Bereits am Freitagabend hatten etwa 2700 St.-Pauli-Fans nach dem 3:0-Sieg über den 1. FC Heidenheim gegen den G20-Gipfel demonstriert. Vom Millerntor-Stadion am Heiligengeistfeld ging der Demonstrationszug bis zum Karolinenplatz nahe den Hamburger Messehallen, dem Austragungsort des G20-Treffens am 7. und 8. Juli dieses Jahres.