Hamburg. Der Bundesaußenminister sprach bei der Verleihung des Nannen-Preises 2017 im Hamburger Curio-Haus. Auszeichnungen in sechs Kategorien.
Mit mehr als 500 Gästen aus Medien und Politik hat der „Stern“ am Donnerstagabend die Verleihung des Nannen-Preises 2017 gefeiert. Über den roten Teppich im Curiohaus an der Rothenbaumchaussee schritten unter anderem Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), die TV-Moderatorinnen Dunja Hayali (ZDF) und Judith Rakers (ARD), Schauspieler Christian Redl, TV-Koch Tim Mälzer und die Bundesbeauftragte für Migration Aydan Özoguz.
Den Egon-Erwin-Kisch-Preis für die beste Reportage verlieh die Jury in diesem Jahr an Amrai Coen und Tanja Stelzer für ihre sensible, bewegende Geschichte „Brüssel, 22. März 2016“, die am 14. Juli in der „Zeit“ veröffentlicht wurde. Viel sei geschrieben worden über die Attentäter des Brüsseler Anschlags, erzählen die Autorinnen. Ihre Reportage aber handelt von den Opfern, den Hinterbliebenen: Wie leben sie weiter?
Fast 1000 nominierte Arbeiten in sechs Kategorien
„Recherche ist das beste Mittel gegen Fake News, Verdummung und Propaganda“, sagte Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“ und einer der Juroren. Auch in diesem Jahr hatte die Jury keine leichte Aufgabe. Für die sechs Kategorien waren wie im Vorjahr fast 1000 Arbeiten eingereicht worden. Von der VW-Affäre bis zum Münchner-Amoklauf – alle Aufreger und Dauerthemen des Jahres waren vertreten, und „2016 war keine Champagnersause“, sagte Caren Miosga, die den Abend moderierte.
Aber auch sehr sensible Themen schafften es ins Finale, über Patienten in außergewöhnlicher Lage, über Kinder in Krisenherden oder über die letzten Tage eines Sterbenden. Den Preis für die beste investigative Leistung vergab die Jury an ein Team der „Süddeutschen Zeitung“ für die Mitarbeit an den „Panama Papers“. Aus einem anonymen Datensatz, den die Zeitung bekam, wurde eine weltweite Recherche, wie Prominente, Superreiche und Kriminelle ihr Geld verstecken – ein globales Enthüllungs- und Gemeinschaftswerk mit 400 weiteren Journalisten aus rund 80 Ländern. Nominiert war auch die „Skandalakte VW“, eine Serie exklusiver Enthüllungen über Abgasaffären bei VW und Audi in „Bild am Sonntag“.
Auch 16 Nachwuchs-Journalisten wurden ausgezeichnet
Über den Preis für das beste Web-Projekt können sich 16 ganz junge Journalisten freuen, nämlich der aktuelle Jahrgang der Journalistenschule Axel-Springer-Akademie. Sie entwickelten das Projekt „sachor jetzt!“: 13- bis 17-Jährigen wird darin der Holocaust erklärt – mithilfe von Snapchat, einem kostenlosen Instant-Messaging-Dienst für Smartphones und Tablets. Sachor (hebräisch) heißt „erinnere dich“.
Den Preis für die Beste Dokumentation erhielt Nicola Meier für Ihre Geschichte „Wer rettet Klara?“ über ein krankes kleines Mädchen, dessen Eltern verzweifelt auf die Zulassung eines Medikaments warten, erschienen in der „Zeit“.
Die junge Magnum-Fotografin Bieke Depoorter erhielt den Preis in der Kategorie „Beste Reportage-Fotografie“ mit einem ungewöhnlichen Projekt: Sie besuchte Familien in ägyptischen Dörfern und Städten und übernachtete bei ihnen. Die Fotos mit Einblicken in den ägyptischen Alltag erschien in „Geo“. Für die beste inszenierte Fotografie wurde Jean-François Bouchard mit seiner „Stern“-Fotoreihe „Jody war eine Frau“ ausgezeichnet: Porträts von Männern, die als Frau geboren wurden.
Sigmar Gabriel forderte Deniz Yücels Freilassung
Sigmar Gabriel nutzte in seiner Rede die Möglichkeit, um auf den Wert der Pressefreiheit hinzuweisen und die Freilassung des Journalisten Deniz Yücel aus türkischer Haft zu fordern. Auf den Qualitätsjournalismus könne man gerade heute angesichts der sozialen Netzwerke und Internetforen nicht verzichten, sagte der Außenminister gestern Abend.
Mit einem Sonderpreis ehrte die Jury die türkische Fernsehjournalistin Banu Güven, die sich von der Erdogan-Regierung nicht vorschreiben lassen will, worüber sie berichten darf.