Hamburg. Hamburg hat nur neun Feiertage, Bayern dagegen 13. Der Vorstoß der Grünen findet Zustimmung in der Bürgerschaft.
Die in ganz Norddeutschland geführte Diskussion über einen neuen gesetzlichen Feiertag nimmt jetzt auch in Hamburg Fahrt auf. Nachdem kürzlich bereits der DGB und die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs für die Einführung eines neuen arbeitsfreien Tages plädiert hatten (Abendblatt berichtete), schließen sich nun auch Fraktionen von CDU, Linken und Teile der Grünen an. Auch die SPD zeigte sich auf Abendblatt-Anfrage grundsätzlich offen für das Vorhaben.
Hintergrund: Während es in Hamburg nur neun gesetzliche Feiertage gibt, sind es in Bayern 13. Konkreter Anlass der neuen Debatte ist ein Beschluss der Grünen in Hamburg-Nord vom Mittwochabend. Mit Verweis auf die höhere Zahl von Feiertagen in Bayern, die Forderungen von DGB und Kirche, rot-grüne Feiertagspläne in Bremen und Diskussionen in Niedersachsen fordern die Nord-Grünen darin einen „zusätzlichen Feiertag für Norddeutschland“.
Keine Einigkeit über möglichen neuen Feiertag
Die wirtschaftliche Stärke Bayerns zeige, dass mehr Feiertage kein Nachteil seien. „Entspannte Arbeitnehmer und -innen sind meist auch die kreativsten“, so der Antrag. „Ein Stück mehr Entschleunigung hilft, das Leben mehr genießen zu können.“ Welcher Tag infrage kommen könnte, lassen die Nord-Grünen offen, hoffen aber auf eine breite öffentliche Debatte – zu der auch grüne Spitzenpolitiker beitragen sollen. „Während Niedersachsen und Bremen das Thema intensiv diskutieren, hört man aus Hamburg nichts dazu“, sagt der grüne Nord-Fraktionschef Michael Werner-Boelz. „Höchste Zeit, dass sich das ändert.“
Zustimmung bekommt der Vorstoß aus der Bürgerschaft. „Ich finde die Prüfung der Idee eines weiteren Feiertages in Hamburg grundsätzlich gut“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll. „Dabei geht es aus meiner Sicht nicht um zusätzliche Freizeit, sondern vielmehr muss ein identitätsstiftender und verbindender Wert im Vordergrund stehen. Aus meiner Sicht bietet sich der Europatag am 9. Mai an.“ Die europäische Einigung sei ein „in der Geschichte einmaliges Projekt“ zum Erhalt von Frieden und Freiheit.
Linksfraktion befürwortet den 8. Mai
Auch die Linksfraktion unterstützt die Idee. „Wir haben bereits beantragt, den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus zum Feiertag zu machen“, sagte ihre Bürgerschaftsvizepräsidentin Christiane Schneider. „In einer Zeit, in der die demokratische und offene Gesellschaft Anfeindungen erlebt, ist ein solcher Gedenktag geeignet, innezuhalten und zu reflektieren, wie sich die Gesellschaft entwickeln soll.“
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel betonte, dass es in diesem Jahr bereits mit dem Reformationstag am 31. Oktober einmalig einen zusätzlichen Feiertag gebe. „Zur Frage, ob es generell einen zusätzlichen Feiertag geben soll, gibt es Argumente dafür und dagegen. Das sollten wir sorgfältig abwägen, Schnellschüsse sind hierbei ungeeignet“, so Dressel. „Jedes Ergebnis müsste sehr breit getragen sein.“
Grünen-Landesvize Gallina plädiert für 8. März
Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks sagte: „Wir stehen der Diskussion über einen zusätzlichen Feiertag grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.“ Zunächst sollten die Erfahrungen mit dem diesjährigen Reformationstag abgewartet und „eine breite gesellschaftliche Debatte“ geführt werden. „Jeder neue Feiertag muss gesellschaftlich breit getragen werden.“ Die Grünen-Landesvorsitzende Anna Gallina bezeichnete den Vorschlag als „charmante Idee“, über die man im Vorstand bereits diskutiert habe. „Sollte sie sich durchsetzen, wäre ich für den Weltfrauentag am 8. März.“
Etwas skeptischer zeigte sich FDP-Fraktionschefin Katja Suding. „Die Forderung nach einem neuen Feiertag ist nicht neu und immer wieder populär“, sagte Suding dem Abendblatt. „Aber sie geht die Sache von der falschen Seite an: Ein Feiertag hat in erster Linie den Sinn, eines besonderen Ereignisses zu gedenken oder einen bestimmten Anlass zu feiern – und eben nicht nur einfach einen weiteren freien Tag zu haben. Sollten konkrete Anlässe für einen neuen Feiertag vorgeschlagen werden, sind wir gerne bereit, über diese nachzudenken. Dabei sollte jedoch das Ereignis im Vordergrund stehen und nicht, ob der Feiertag günstig im Sommer oder im Spätherbst liegt.“
AfD-Fraktionschef Kruse ist vehement dagegen
AfD-Fraktionschef Jörn Kruse lehnt die Einführung dagegen rundweg ab. „Mit der gleichen inhaltlichen Rationalität könnte man auch ,Freibier für alle‘ fordern“, sagte Kruse. „Und als Wahlkampf-Gag ist es ähnlich lächerlich. Die Jahresarbeitzeit ist ohnehin in Deutschland deutlich geringer als in den meisten anderen Ländern. Warum sollten wir unsere Standorte in Nord noch weiter schwächen?“
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) wollten sich zu der Diskussion nicht inhaltlich äußern. „Die Einführung eines zusätzlichen Feiertages wäre Sache der Bürgerschaft“, sagte Senatssprecher Jörg Schmoll. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) gab sich eher zurückhaltend. „Wenn es allein um mehr Lebensqualität geht, gibt es sicher Wirkungsvolleres als einen zusätzlichen freien Tag im Jahr. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist da nur ein Beispiel“, so Veit. „Wenn es darum geht, einen weiteren freien Tag etwa zum Gedenken eines besonderen Ereignisses unserer Geschichte zu schaffen, dann braucht man dafür eine breite Zustimmung.“