Altona. Mit einem Mix aus Mystik und Musik wird ein Ritual neu entdeckt

Wer mit den Hühnern schlafen geht, ist hier fehl am Platz: An diesem Sonnabend feiern einige Hamburger Kirchengemeinden die lange Osternacht. Bis in den frühen Morgen bleiben die Christen zusammen, um den Übergang von der Dunkelheit ins Licht gemeinsam zu erleben. „Das Warten, die Stille zwischen Texten, Gebeten, Musik und Gesängen ist zu einer ganz besonderen Feier geworden“, sagt Pastor Michael Schirmer von der Kulturkirche St. Johannis in Altona.

Pastor Schirmer ist für die Gestaltung der Osternacht in St. Johannis zuständig. Los geht es um 22 Uhr. Mit dabei sind der Kirchenchor, der Posaunist Christophe Schweitzer und der Bassist John Huhges. Wenn der neue Tag beginnt, werden die Besucher mit dem Chor den Choral „Christ ist erstanden“ singen. „Unserer Einladung, anschließend zu Brot, Olivenöl, Salz und Wein zusammenzubleiben, werden wohl auch diesmal die meisten Teilnehmer folgen“, sagt Pastor Schirmer.

Es ist der Mix aus Mystik und Musik, der die rund 60 Besucher anlockt. Wachen und warten – das sind die wiederentdeckten Formen einer fast schon vergessenen Frömmigkeit, die jetzt in Hamburgs Kirchen eine Renaissance erleben. Im Hamburger Michel können sich interessierte Gäste auf Orgel- und Trompetenmusik freuen (ab 20 Uhr). Interpret kurz nach Mitternacht ist „Michel-Türmer“ Josef Thöne. Außerdem wird das Osterevangelium vorgelesen. Derweil feiern im katholischen Dom St. Marien die kroatischen Christen ihre lange Osternacht. Kurz vor Sonnenaufgang am Sonntag wird die Feier mit Erzbischof Stefan Heße fortgesetzt.

Zu den ersten Kirchengemeinden, die das Ritual der Osternacht neu entdeckten , gehört die Hauptkirche St. Katharinen. Für Pastor Frank Engelbrecht ist diese Veranstaltung jedes Jahr fest im Terminkalender vermerkt. Diesmal dreht sich alles ab 19.30 Uhr um Martin Luther. „Wir lauschen seinen Tischreden und Luthers Freiheitsschrift. Zur Mitternacht steigen wird auf den Katharinenturm zum ersten Osterruf über die Stadt“, sagt Engelbrecht. Anlässlich des Reformationsjubiläums trägt die Osterkulturnacht den Titel „Von der Freiheit eines jeden Menschen“. Wer sich rechtzeitig angemeldet hat, kommt in den Genuss eines Drei-Gänge-Osternachtsmenüs mit Hausmannskost nach Lutherart.

Nach der Turmbesteigung um Mitternacht ist die Kirche gegenüber der Speicherstadt bis zum Morgen für die Übernachtung der Konfirmanden zunächst geschlossen. „Zum Sonnenaufgang steigen wir erneut auf den Turm, tragen das Osterlicht zum Frühgottesdienst mit der Kinderkantorei in die Kirche und laden anschließend zum Osterfrühstück“, sagt Engelbrecht. Für die Langschläfer gibt es am Sonntag um 11 Uhr an St. Katharinen einen Kantatengottesdienst.