Bahrenfeld. Der Senat will pro Jahr 10.000 Wohnungen in Hamburg errichten. Das Abendblatt stellt die Neubaugebiete in einer Serie vor. Heute: Volkspark
Jede Sekunde ein Auto, alle 85 Sekunden ein Lastwagen. Wer auf der Brücke Lutherhöhe im Westen Hamburgs steht, kann den Verkehr auf der A 7 am eigenen Leib spüren: Lärm, Vibrationen, schlechte Luft – anscheinend ohne Unterlass.
Bis zu 150.000 Fahrzeuge passieren im Schnitt an einem Wochentag diesen Autobahnabschnitt – und doch plant die Stadt nahe dem Lutherpark zwischen Luruper Straße und dem Volkspark den Bau von rund 2200 Wohnungen. „Wohnen am Volkspark“ lautet der Name des Viertels, das auf Kleingartenflächen und dem Gelände der Trabrennbahn Bahrenfeld entstehen soll.
Dass in unmittelbarer Nähe einer so viel befahrenen Verkehrstrasse einmal Wohnen möglich werden wird, hat mit dem Bau des Altonaer Lärmschutztunnels zu tun. Im September vergangenen Jahres beschloss der Senat, die gesetzlich vorgeschriebene Lärmschutzeinrichtung auf Hamburger Kosten um gut 1500 Meter auf 2300 Meter zu verlängern. Hamburg werde rund 200 Millionen Euro für den Bau des Tunnels beisteuern, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) seinerzeit.
Die Investition in die Verlängerung des Verkehrsbauwerks lohnt sich aber. Da der Verkehr sozusagen unter der Erde verschwindet, gibt es keine Lärmbelästigung, und die Flächen entlang der Trasse können bebaut werden. Zudem eignet sich die Tunneldecke für die Ansiedlung von Kleingärten. Dadurch wird die Fläche zwischen Schulgartenweg und August-Kirch-Straße für die Bebauung mit Wohngebäuden frei. Als Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter vor einigen Wochen die Ergebnisse des Städtebauwettbewerbs vorstellte, kannte seine Begeisterung kaum Grenzen. Das Besondere an der Idee des Wettbewerbssiegers, dem Schweizer Büro Leismann AG/Maurus Schifferli Landschaftsarchitekt, besteht darin, dass der Volkspark durch eine Art Vorfeld erweitert wird. Auf dieser Fläche sollen öffentliche Einrichtungen wie ein Sportplatz und Kinderspielplätze errichtet werden.
Eine weitere Besonderheit des künftigen Stadtviertels wird die sanft geschwungene zweispurige Allee, eine „Parklane“, sein, die das Viertel und den Volkspark trennen. Walter sprach von einer „genialistischen Idee“, weil es dadurch möglich werde, dass ein großer Teil der rund 2200 neu zu schaffenden Wohnungen zum Park hin orientiert seien. „Mehr als 1500 Wohnungen erhalten so unmittelbaren Parkblick“, sagte der Oberbaudirektor.
Neue Büros für die Uni und das Forschungszentrum Desy
Zwar wird die „Parklane“ die wichtigste Zufahrtsstraße zum Viertel sein – die Experten rechnen mit bis zu 15.000 Fahrzeugen am Tag. Allerdings sei das das übliche Aufkommen auf einer innerstädtischen Straße, so der Oberbaudirektor.
Das Problem mit der viel befahrenen Luruper Chaussee wollen die Stadtentwickler dadurch lösen, dass an dieser Stelle des Quartiers auch Bürogebäude entstehen. Im Blick haben die Planer die Hamburger Universität und das in unmittelbarer Nähe liegende Forschungszentrum Desy. „Ein Teil der Gebäude könnten Universitätsgebäude werden“, sagte der Oberbaudirektor.
Baustart für die ersten Wohngebäude wird im Jahr 2020 sein. Auch wenn die Trabrennbahn derzeit noch in Betrieb ist, so dürfte diese Fläche als Erstes genutzt werden. Die ersten Mieter könnten dann zwei, drei Jahre später einziehen. Der zweite Bauabschnitt – auf den heutigen Kleingartenflächen – wird etwa 2025 gestartet. „Wir müssen zunächst die Fertigstellung des Lärmschutztunnels abwarten, damit die Kleingärtner umziehen können.“
Der Bau des neuen Wohngebiets fußt auf historischen Ideen. So zeigen bereits Pläne des Altonaer Volksparks aus den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts, dass nahe dem Volkspark eine Wohnbebauung angedacht war. Die heutige Überlegungen sehen ein durchmischtes Quartier vor. Neben Anbietern von Mietwohnungen sollen Baugemeinschaften zum Zuge kommen. Auch Eigentumswohnungen sind geplant.
Der Hintergrund: Ein Teil der zusätzlichen Kosten für den Lärmschutztunnel soll durch den Verkauf der Bauflächen hereinkommen. Die Baubehörde rechnet mit 130 Millionen Euro.
Morgen lesen Sie: Vorbild für die neue Stadt – das neue Wohngebiet an der Friedensallee