Hamburg. Heute gibt es Kapitäninnen auf Kreuzfahrtschiffen und Frachtern. Auch beim Segeln mussten sich Frauen durchsetzen, wie ein neues Buch zeigt.
Frauen und Seefahrt? Das passt nicht zusammen, denken manche abergläubische Kapitäne noch immer. Diese Herren allerdings sind aus der Zeit gefallen. Heute führen Frauen Frachter und Kreuzfahrtschiffe. Und sie segeln bei olympischen Regatten und allein um die Welt dem Teufel ein Ohr ab. Noch vor 100 Jahren war das ganz anders. Ein neues Buch stellt 30 Damen vor, die sich dem weißen Sport verschrieben haben. Dabei sind auch einige Hamburgerinnen.
„Frauen, die segeln“ heißt die Porträt-Sammlung, die die Autorin Tatjana Pokorny und der Yacht-Redakteur Lasse Johannsen zusammengetragen haben. Es geht um weibliche Personen, die sich im Segelsport einen Namen gemacht haben: als wegbereitende Avantgarde und kühne Abenteuerinnen, als Champions, unerschrockene Profis oder einfach als leidenschaftliche Salzbuckel. „Es sich Porträts über tolle Menschen, die zufällig Frauen sind, jede phänomenal in sich“, sagt die 51-Jährige Hamburgerin.
Lasse Johannsen hatte die Idee zu diesem Buch, rund 18 Monate sammelten der 42-Jährige und seine Mit-Autorin Material, stellten Namenslisten auf und einigten sich dann auf dreimal zehn Damen, die im Segelsport Imposantes geleistet, Grenzen verschoben und neue Horizonte angesteuert haben.
Die Mutter des olympischen Frauen-Segelns
Zum Beispiel die Hamburgerin Hanne-Marie Bense. 1942 geboren, war sie schon als kleines Mädchen auf der Alster unterwegs und hat später den olympischen Segelsport in Deutschland wie keine Zweite befeuert. Bei den Segelwettbewerben 1972 in Kiel leitete sie das Protokoll und das Hostessen-Team, in ihrem Zeugnis steht, sie habe „wesentlich zu dem guten Gelingen der Olympischen Segelwettbewerbe in Kiel beigetragen“. Sie ist die „Mutter des olympischen Frauen-Segelns“ und hat die Weichen dafür mitgestellt, dass Frauen seit den Wettbewerben 1988 in Busan zunehmend in eigenen Disziplinen um Medaillen kämpfen.
Als geborene Skipperin gilt Kirsten Harmstorf mit ihrem Motto „Ich bin wir“. Die jetzt 44-Jährige mit dem Spitznamen Kirsche ist Chefin der weiblichen Mannschaft auf der 14-Meter-Rennziege „Tutima“. Die Mädels fallen nicht nur durch ihre Crew-Jacken in Pink auf, sondern vor allem durch ihre Leistungen. Bei der Kieler Woche 2016 fuhren sie im Finale drei Wettfahrtsiege in Folge ein, die Männer verneigten sich vor der Frauen-Power. „Das Miteinander ist das Wichtigste“, sagt Harmstorf, die im Mühlenberger Segel-Club Mitglied ist. „Das Segeln kommt dann schon mit der Zeit.“
Als erste Frau nonstop um die Welt
Kennenlernen kann man auch die Berlinerin Käthe Bruns, die sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts nur ein Leben unter Segeln vorstellen konnte. Oder die Britin Dee Caffari, die als erste Frau die Welt allein, nonstop und gegen die vorherrschenden Winde sowie Strömungen umsegelte. Das war vor ihr nur fünf Männern gelungen, darunter der Deutsche Wilfried Erdmann mit seiner „Kathena Nui“.
Porträtiert werden auch die deutsche Weltumseglerin Gudrun Calligaro und ihre amerikanische Kollegin Tania Aebi, die weltweit jüngste Einhand-Weltumseglerin Laura Dekker aus Holland und die jüngste Nonstop-Weltumrunderin Jessica Watson aus Australien. „Wir wollen verschiedene Lebensentwürfe zeigen und reflektieren“, so Pokorny. „Es geht nicht nur um schneller, höher, weiter, sondern um inspirierende Lebensweisen.“
Und die Journalistin, die hauptsächlich über die sportlichen Seiten des Segelns berichtet, erzählt in diesem Zusammenhang von einer Neuerung beim nächsten Volvo Ocean Race, das im kommenden Herbst im spanischen Alicante startet: „Die Crew kann entweder aus sieben Männern oder elf Frauen oder je fünf Männern und Frauen oder sieben Männern plus maximal zwei Frauen oder sieben Frauen plus maximal zwei Männern bestehen.“ Es gehe um Chance statt Quote.
Der Titel des Buches ist sachlich und nicht verspielt, die vielen Fotos der Damen sind schwarz-weiß, und das Cover ist im Stil der 30er-Jahre so hübsch gestaltet, dass man den Band nicht gleich ins Regal verbannen muss. Den Autoren ist eine anregende Sammlung gelungen über die, die mit dem Wind tanzen – lesenswert auch für Männer.
Tatjana Pokorny, Lasse Johannsen: Frauen, die segeln. Verlag Delius Klasing, 22,90 Euro