Hamburg. Offenbar gerieten bis zu 20 Personen und Vereine aus der Stadt ins Visier von Erdogans Spionen. Polizei geht auf Betroffene zu.

Der türkische Auslandsgeheimdienst MIT hat offenbar auch mehrere Hamburger ausgespäht. Das bestätigte Verfassungsschutzsprecher Marco Haase dem Abendblatt. „Es sind auch einige Hamburger Personen betroffen“, so Haase. Eine exakte Zahl wollte er nicht nennen. Nach Angaben des NDR, der als erstes über die Spitzelaktion in der Hansestadt berichtet hatte, soll es sich um bis zu 20 Personen handeln.

Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die Türkei mehrere Hundert Menschen und Institutionen in Deutschland ausspioniert, die der Gülen-Bewegung nahestehen sollen. In Hamburg gerieten offenbar mehrere Einzelpersonen sowie Vereine und Organisationen ins Visier des türkischen Geheimdienstes. Um wen es sich dabei genau handelt, wollte er nicht sagen.

Polizei geht auf betroffene Hamburger zu

Es werde nun im Einzelfall geprüft, welche Maßnahmen zu treffen seien, so Haase. "Die Polizei wird auf die Betroffenen zugehen und mit ihnen Sensibilierungs- und Beratungsgespräche führen, so der Sprecher des Hamburger Verfassungsschutzes. Man sei in engem Austausch mit der Polizei. In Niedersachsen wurden Betroffene nach NDR-Angaben gewarnt, dass ihnen bei einer Einreise in die Türkei Repressalien bis hin zu einer Verhaftung drohen könnten.

Unterdessen hat die deutsche Justiz einen ranghohen Beamten der türkischen Religionsbehörde im Visier: Nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" leitete der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen einen hochrangigen Funktionär des "Präsidiums für Religionsangelegenheiten" (Diyanet) ein. Es bestehe der Verdacht auf geheimdienstliche Agententätigkeit.

Immer mehr türkische Diplomaten suchen Asyl

Unterdessen suchen Infolge des Putschversuches in der Türkei und der anschließenden Repressalien gegen mutmaßliche Gegner von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan immer mehr türkische Diplomaten und Militärangehörige Asyl in Deutschland. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" lägen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 262 Anträge vor, Entscheidungen seien noch nicht gefallen. Aufgrund einer Einschätzung des Auswärtigen Amtes überarbeite das Bundesamt seine Leitsätze für die Türkei.

Es gebe «deutliche Anhaltspunkte für eine systematische Verfolgung vermeintlicher Anhänger der Gülen-Bewegung», heiße es aus dem Außenministerium. Terrorvorwürfe würden in der Türkei infolge des Putschversuches im August 2016 «inflationär» erhoben.