San Francisco/Hamburg. Hamburger Reederei soll zusammen mit Konkurrenten Preisabsprachen getroffen haben. Aktie gibt stark nach.
Die Meldung kommt für Hapag-Lloydzur Unzeit. Das Unternehmen berappelt sich gerade von der weltweiten Schifffahrtskrise. Die Aktie der Hamburger Traditionsreederei hat seit Jahresbeginn um rund zehn auf mehr als 30 Euro zugelegt. Da wird bekannt, dass die US-Justizbehörde wegen des Verdachts illegaler Preisabsprachen gegen das Schifffahrtsunternehmen ermittelt. In der Folge stürzte der Aktienkurs am Mittwoch zeitweise um mehr als sieben Prozent ab. Das Papier kostete am Nachmittag nur noch 28,15 Euro. Auch der Aktienkurs der dänischen Großreederei Møller-Maersk gab an der Börse um mehr als fünf Prozent nach.
Den Mittwoch der vergangenen Woche werden wohl einige Reedereichefs nicht so schnell vergessen. Denn es kam zu einem spektakulären Zwischenfall beim Treffen des sogenannten Box Clubs in San Francisco. Zweimal im Jahr treffen sich in diesem Rahmen die Topmanager der 20 größten Reedereien, um über die Lage ihrer Branche zu sprechen. „Box“ steht dabei für die Container, um die sich bei den Reedereien alles dreht.
Kein konkreter Vorwurf
Es ging um Piraterie, um falsche Gewichtsangaben für Container, die das Verladen erschweren, und andere Themen. Da platzten plötzlich Ermittler des US-Justizministeriums in das Treffen. Sie überreichten allen Spitzenmanagern ein Schreiben, mit dem Hinweis, dass gegen ihre Firmen ermittelt werde, verbunden mit einer gerichtlichen Aufforderung zur Stellungnahme. Auch der Vorstandsvorsitzende von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, nahm ein Schreiben entgegen und musste den Empfang quittieren. Inzwischen haben auch Møller-Maersk und die Großreederei MSC bestätigt, ein solches Dokument erhalten zu haben.
Ein Hapag-Lloyd-Sprecher sagte in Hamburg, das Schreiben der US-Justiz enthalte keinen konkreten Vorwurf. Man wisse deshalb noch gar nicht genau, ob es tatsächlich um den Verdacht von Preisabsprachen gehe. „Wir werden voll kooperieren, wenn Unterlagen angefragt werden, sind uns aber keiner Schuld bewusst.“ Ähnlich äußerte sich Branchenprimus Maersk. Die Dänen betonten, der Ausgang der Untersuchung sei völlig offen. Angesichts des laufenden Verfahrens wolle man sich nicht weiter dazu äußern.
Box Club trifft sich zweimal im Jahr
Zweimal im Jahr trifft sich der Box Club an den verschiedenen Standorten der Reedereien rund um die Welt. Der Vereinigung gehören nur die wichtigsten Manager der weltgrößten Container-Linien an. Gegründet wurde der Club in den 1970er-Jahren vom damaligen Hapag-Lloyd-Chef Hans Jakob Kruse. Vorsitzender war lange Zeit der ehemalige Schifffahrtsvorstand bei Hapag, Ulrich Kranich.
Was genau bei diesen Treffen besprochen wird, bleibt geheim. Illegale Preisabsprachen würden aber nicht getroffen, heißt es. Damit dies sichergestellt wird, nehmen an den Veranstaltungen immer Anwälte teil. Auch in San Francisco seien US-Juristen zur Kontrolle dabei gewesen, hieß es bei Hapag-Lloyd.
Das Unternehmen ist solchen Ermittlungen nicht das erste Mal ausgesetzt. 2011 durchsuchten Fahnder der EU-Kommission die Büros von Hapag-Lloyd am Ballindamm und zahlreicher weiterer Reedereien. Der Vorwurf: Die Unternehmen hätten untereinander Preise und Mengen für Linientransporte in und aus Europa heraus abgesprochen.
Aus Mangel an Beweisen wurde die Sache nicht weiter verfolgt. 2013 kam es zum neuen Kartellverfahren der EU, dabei ging es um Strecken zwischen Asien und Europa. Der EU-Kommission war damals aufgefallen, dass die Reedereien regelmäßig geplante Preiserhöhungen per Pressemitteilung bekannt gegeben hatten. Auch hier bestand der Verdacht der Absprachen.
2016 Einigung auf Kompromiss
Die Reedereien wehrten sich gegen den Vorwurf mit dem Hinweis, dass die Kartellbehörden in den USA die Reedereien sogar dazu verpflichtet hätten, Preiserhöhungen einen Monat vorher anzuzeigen. 2016 einigte sich die Branche mit der EU auf einen Kompromiss. Seitdem werden nicht mehr die Ratenerhöhungen bekannt gegeben, sondern nur noch der jeweils maximale Preis. Wie die Ermittlungen diesmal ausgehen? Am Freitag legt Hapag-Lloyd zunächst einmal Jahreszahlen vor.