Hamburg. Der Hamburger Versandhändler steigert seinen Umsatz um sechs Prozent und will mithilfe von TV-Stars weiter wachsen.
Lederjacke, Pulli, dunkle Jeans – Guido Maria Kretschmer hatte für den Anlass eine eher zurückhaltende Garderobe gewählt. Trotzdem konzentrierte sich das Blitzlichtgewitter der Fotografen bei der Vorstellung seiner ersten Damenkollektion für den Hamburger Versandhändler Otto auf den Stardesigner. Mit charmantem Lächeln posierte der 51-Jährige zwischen leichten Sommerkleidern und dem kleinen Schwarzen. „Ich habe einen Ort gesucht, an dem ich als Designer zu Hause bin“, sagte er zu der Kooperation, die auch eine Einrichtungslinie umfasst.
Die Damenkollektion hat 41 Teile, im klassisch-femininen Stil und zu moderaten Preisen. „Es hat mir nie gefallen, dass man meine Sachen nur in teuren Boutiquen kaufen kann“, sagte Kretschmer, der durch die TV-Show „Shopping Queen“ bekannt geworden ist. „Democratic Couture“ nennt er das, andere sagen „GMK light“. Im Juni folgt eine Herrenlinie für die Herbst- und Wintersaison.
Kretschmer bringt Glamour zu Otto
Kretschmer bringt Glamour für den eher bodenständigen Händler mit bundesweit 4350 Beschäftigten, der sich nach Abschluss des Geschäftsjahrs 2016/17 selbstbewusst zeigte. „Wir wachsen weiter kräftig – und das im siebten Jahr in Folge“, sagte der Sprecher der Otto-Geschäftsführung, Marc Opelt, der erstmals in seiner neuen Funktion die Zahlen präsentierte. Die Otto Einzelgesellschaft, die das deutsche Kerngeschäft des internationalen Handels- und Dienstleistungskonzerns Otto Group bündelt, erhöhte den Erlös um sechs Prozent auf 2,72 Milliarden Euro. Im vorherigen Geschäftsjahr hatte das Umsatzplus noch zehn Prozent betragen. Auch die Rendite im einstelligen Prozentbereich blieb leicht hinter den Erwartungen zurück. Opelt erklärte das mit erhöhten Investitionen vor allem in den wichtigen Bereichen Digitalisierung und E-Commerce.
Besonders stolz sind die Hamburger auf 1,9 Millionen Neukunden, das entspricht einem Zuwachs von 15 Prozent. 6,1 Millionen Kunden zählt der Versandhändler, der heute sein Hauptgeschäft online macht und damit im Wettbewerb mit Branchengrößen wie Amazon oder Zalando steht. „Wir sind eine digitale Plattform mit Historie. Das unterscheidet uns“, sagte Opelt, der übrigens wie alle Vorstandsmitglieder Modelle des neuen Hausdesigners Guido Maria Kretschmer trug. In diesem Jahr will Otto 300 weitere Mitarbeiter einstellen. Ausgebaut werden soll auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz etwa bei der Kundenbetreuung und -beratung.
Hauptmotor ist weiter der Online-Möbelhandel
Hauptmotor des Geschäfts ist erneut der Online-Möbelhandel. Otto behauptete seine Spitzenposition in dem Segment noch vor Ikea und anderen Anbietern. Der Gesamtumsatz stieg im Vergleich zum Geschäftsjahr 2015/16 um zehn Prozent auf 911 Millionen Euro. „Kein anderes Unternehmen in Deutschland verkauft mehr Möbel und Einrichtungsartikel über das Internet“, sagte Opelt. Zum Vergleich: Mit dem Gesamtvolumen könnte man die Elbphilharmonie fast dreimal füllen. Ein zweistelliges Wachstum verzeichnete der Bereich Multimedia, allein bei den Smartphones gab es im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von 35 Prozent. Auch bei Haushaltsgeräten ist Otto weiterhin stark. Jede zweite Waschmaschine, die online bestellt wird, kommt von dem 1949 gegründeten Unternehmen.
Als Erfolg verbuchen die Hamburger auch den Einstieg in den Verleih von Haushalts- und Mulitmedia-Geräten. Unter dem Namen „Otto Now“ können Kunden diese seit vergangenem Jahr über eine eigene Internetseite mieten statt kaufen. „Die Nachfrage hat uns überrollt, obwohl wir keine Werbung gemacht haben“, so Otto-Chef Opelt. Das Testangebot sei innerhalb von drei Wochen nahezu aufgebraucht gewesen. 2000 Kunden haben nach seinen Angaben den Service genutzt. Vor allem Fernseher, Kaffeevollautomaten und Laufbänder seien gefragt gewesen. Es werde geprüft, „inwiefern ein dauerhaftes Geschäftsmodell daraus werden kann“, erklärte der 55-Jährige.
TV-Stars sollen Klicks auf Otto.de bringen
Im besonders hart umkämpften Modemarkt will Otto in Zukunft verstärkt auf Fremdmarken setzen und mit Fernsehstars mehr Klicks generieren. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Ralf Dümmel, der durch die Vox-Show „Die Höhle des Löwen“ als Investor für neue Produktideen bekannt geworden ist. Diese waren in Echtzeit – also parallel zur Ausstrahlung der Sendung – bereits auf Otto.de erhältlich. Das Resultat: Die Smartphone-Zugriffe auf den Shop verdoppelten sich. Das Sporthandtuch eines Hamburger Gründerteams etwa wurde 20.000-mal verkauft.
Modemacher Guido Maria Kretschmer, der über einen Kontakt zum Otto-Erben Benjamin zu den Hamburgern gekommen war, sieht das Handelshaus als „strategischen Partner“. „Da gehen andere Türen auf, auch für Otto“, sagte er und lobte das Unternehmen, das für „anständige Produkte“ stehe. Dass die Otto-Kollektion des omnipräsenten Modestars, dessen Blazer auch mal 800 Euro kosten können, das Schlagwort „GMK light“ bekommen hat, fasst er als Kompliment auf. „Light bedeutet doch auch Leichtigkeit.“ Im Juli werden die Modelle auf der Berliner Fashion Week gezeigt.