Hamburg. Die Straßen sind jahrzehntealt und leiden unter dem Schwerlastverkehr. 40 Prozent der Strecken im Norden gelten als “kritisch“.
Die Reparatur duldete keinen Aufschub. Anfang März brach auf der Autobahn 7 in Höhe von Waltershof eine sogenannte Verbindungslamelle zwischen zwei Brückenbauwerken. Darüber hinaus bildete sich auf der zweiten Spur ein Riss. Beide Fahrbahnen mussten für die Reparatur umgehend einige Tage gesperrt werden.
Die Auswirkungen auf den Fahrzeugverkehr blieben dieses Mal im Rahmen. Glücklicherweise stand ein Wochenende an. Während in der Woche täglich im Durchschnitt 113.000 Fahrzeuge diese Stelle kurz hinter dem Elbtunnel passieren, sind es am Wochenende deutlich weniger. Dennoch stockte zeitweilig der Verkehr.
Angesichts der regen „normalen“ Bautätigkeit fragen sich natürlich viele Autofahrer: Wie kann das sein, dass – zumindest gefühlt – auf den 82 Kilometern Hamburger Autobahnen vermehrt ungeplant Baustellen notwendig werden? Ist das falsche Planung? Fehlt es an Qualität bei den Reparaturen? Steht zu wenig Geld für den Unterhalt der Autobahnen zur Verfügung?
Allgemein ein guter Zustand
Mitnichten, meint Carsten Butenschön, einer der zwei Hamburger Verkehrskoordinatoren, die bei der für den Straßenverkehr zuständigen Wirtschaftsbehörde sitzen. Im Allgemeinen sei der Zustand der Autobahnen in und um Hamburg gut. Zudem würden derzeit viele Hundert Millionen Euro in die Erneuerung der A 7 nördlich des Elbtunnels investiert.
Doch die Neubauprojekte haben nur indirekt mit den Notreparaturen zu tun, die die schwierige Situation auf den Autobahnen zumeist verschärfen. Kurzfristig auftretende Schäden seien angesichts der hohen Belastung der Autobahnen leider nicht zu vermeiden, sagt Butenschön. „Es ist eine Kombination von Gründen, die dafür verantwortlich sind: Alter, Untergrund und Belastung.“
Was der ADAC kritisiert
Anders als Butenschön hält Carsten Willms, Verkehrsexperte beim ADAC Hansa, den Zustand der Autobahnen eher für schlecht. „Es gibt ein Notensystem von eins bis fünf, mit dem eine Autobahn bewertet wird.“ Alles über 3,5 gilt als kritisch. „Im Norden werden 40 Prozent der Autobahn mit 3,5 oder schlechter eingestuft“, sagt Willms.
Aber auch er weiß, dass manche Schäden unerwartet auftreten können und die Behörden in so einem Fall eher die Getriebenen sind. Da wäre zunächst das Alter der Autobahnen. Die meisten Hamburger Teilstücke sind inzwischen in die Jahre gekommen und mehr als vier Jahrzehnte alt. Erschwert wird die Situation dadurch, dass besonders in den 1990er-Jahren notwendige Erneuerungsarbeiten unterlassen wurden. „Wir bezahlen jetzt dafür, dass bis vor zehn Jahren zu wenig gemacht wurde“, sagt Willms. „Die Fehler der Vergangenheit holen uns jetzt ein.“
Geld sei allerdings kein Problem mehr. „Der Bund und die Länder investieren seit einiger Zeit massiv in den Erhalt und Ausbau von Straßen.“ Das Problem: Alle Autobahnen gleichzeitig zu reparieren, geht nicht. „Dann würden die Autofahrer noch mehr im Stau stehen.“
Viele Lastkraftwagen
Ein weiterer Grund für die Reparaturanfälligkeit ist der hohe Anteil von schweren Lastkraftwagen auf den Trassen der Hansestadt. „Hamburg hat ja nicht nur den Hafen, sondern ist zugleich Transitland für Nordeuropa“, sagt Willms. Derzeit liegt der Anteil des Schwerlastverkehrs auf den hiesigen Strecken bei rund 20 Prozent – bundesweit sind es 14,7 Prozent. Schwere Lastkraftwagen schädigen Straßen und Brücken deutlich mehr als Personenkraftwagen. „Ein klassischer 40-Tonner stellt eine Belastung von 60.000 bis 100.000 Autos dar“, sagt Willms. Erschwerend komme hinzu, dass die in den 70er-Jahren errichteten Spannbetonbrücken für schwere Lastkraftwagen nicht geplant worden seien.
Reparatur für Schlaglöcher
Butenschön verweist zudem auf frühere Erweiterungs- oder Reparaturarbeiten. „Wenn eine dritte Spur angebaut wurde, können sich die Fahrbahnschichten unterschiedlich setzen und Risse verursachen.“ Eine typische Sollbruchstelle seien ferner Nähte von Ausbesserungsflecken. „Diese Stellen sind deutlich anfälliger als eine durchgängig asphaltierte Straße.“ Bei Autobahnen müssen auch kleinere Schäden wie Schlaglöcher umgehend repariert werden. Trotz regelmäßiger Kontrollen wird es auch künftig Notreparaturen geben müssen.