Hamburg. Bildungsträger in Hamburg sind in Sorge: Der Bund kürzt Zuwendungen, Entlassungen drohen. Auch Langzeitarbeitslose betroffen.
Ihr Job ist es, andere wieder in Arbeit zu bringen. Jetzt fürchten sie aber selbst um einen Teil ihrer Arbeitsplätze. Bei Hamburgs Bildungsträgern, die Kurse, Coaching und Weiterbildung für Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge anbieten, herrscht große Verunsicherung. „Fünf Mitarbeiter konnte ich nicht länger beschäftigen und musste ihnen kündigen“, sagt Jürgen Roßnagel, Leiter des Bildungsträgers KOM mit mehreren Standorten in Hamburg.
„Bei uns lernen Erwachsene Lesen und Schreiben und erhalten gleichzeitig eine berufliche Qualifizierung in den Bereichen Gastronomie und Gartenbau.“ Doch im Mai läuft der letzte Kurs aus. „Eine Neuauflage wird es nicht geben, obwohl es viele funktionale Analphabeten gibt“, sagt Roßnagel. Dabei handelt es sich nicht um Flüchtlinge, sondern um Langzeitarbeitslose.
14 Prozent weniger als im Vorjahr
Doch bei der Förderung dieser Personengruppe muss das Jobcenter in diesem Jahr sparen. Die Gelder, die jetzt noch ausgegeben werden können, betragen 55,7 Millionen Euro. Das sind 14 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Bundesmittel wurden gekürzt, weil weniger Flüchtlinge gekommen sind als geplant und es damit insgesamt weniger zu fördernde Personen gibt. Und das bekommen nun die Bildungsträger in Hamburg zu spüren. Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit (BAG) vertretenen Unternehmen sprechen von einem Förderstopp und sind mit der Arbeitsagentur über Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter im Gespräch.
„Noch haben wir keine Konsequenzen gezogen, aber wenn die Lage so bleibt, müssen wir im April Kurzarbeit anmelden“, sagt Jörg Krause-Dünow, Geschäftsführer von Fits Jobkonzepte an der Bürgerweide. Für Flüchtlinge bietet der Bildungsträger im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Sprach- und Integrationskurse an. Gleichzeitig wurden die Flüchtlinge in einem weiteren Kurs betreut. „Hier ging es mithilfe von Dolmetschern um den beruflichen Hintergrund von Flüchtlingen oder die Anerkennung von vorhandenen Abschlüssen“, sagt Krause-Dünow.
Kürzungen bei den Gutscheinen
Dafür gab es vom Jobcenter Gutscheine, die jetzt nicht mehr in dem bisherigen Umfang ausgegeben werden. Denn gerade bei diesen sogenannten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheinen für bestimmte Kurse bis zu einer Dauer von zwölf Monaten wird kräftig gespart. Statt 6000 können nur noch 2400 ausgegeben werden. „Die Geflüchteten waren dankbar für diese individuelle Förderung“, sagt Bernd Schröder von der SBB Kompetenz mit sieben Standorten in Hamburg und weiteren in Nordniedersachsen. „Nun werden sie in ihre Unterkünfte zurückgeschickt“, sagt Schröder. „Langzeitarbeitslose, mit denen wir an Motivation und Selbstwertgefühl arbeiten, erleben das leider in ähnlicher Weise.“
Das Jobcenter bestätigt die Kürzungen bei den Gutscheinen, weist aber die weiteren Vorwürfe zurück. „Die Förderung erfolgt individuell mit Blick auf den Bedarf der Langzeitarbeitslosen und nicht mit Blick auf Platzzahlen bei Bildungsträgern“, sagt Dirk Heyden, Geschäftsführer des Jobcenters. Bei vielen anderen Maßnahmen wie den Ein-Euro-Jobs oder der abschlussorientierten Weiterbildung gebe es keine Kürzungen. „Bei der Förderung von Arbeitsverhältnissen stehen mit 550 Plätzen sogar 70 mehr als im Vorjahr zur Verfügung“, sagt Heyden.
12.000 Langzeitarbeitslose werden gefördert
Arbeitgeber erhalten hohe Zuschüsse, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen. Doch die erste Förderphase wurde von zwölf auf sieben Monate gesenkt. „Viele Anbieter werden dann gar keine Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose zur Verfügung stellen“, befürchtet Gudrun Stefaniak, Chefin des Beschäftigungsträgers Passage. Das Jobcenter verweist darauf, dass eine Verlängerung nach sieben Monaten möglich ist und man einer Empfehlung des Bundesrechnungshofs folgt. Nach Angaben des Jobcenters werden derzeit 12.000 Langzeitarbeitslose gefördert.