Bahrenfeld. Am Sonntag spielt der HSV schon wieder während eines Konzerts. Was der Hallenchef von der Stadt fordert

Stau, Stau, Stau: Schon zweimal in diesem Jahr hatten Besucher über zwei gleichzeitige Großveranstaltungen im Volkspark geklagt, die den Verkehr zum Erliegen brachten. Auch am gestrigen Sonntag gingen mehr als 50.000 Zuschauer zum HSV ins Stadion (Anpfiff 17.30 Uhr), während parallel 3000 Konzertbesucher zu Alphaville und Gloria Gaynor in die Barclaycard Arena wollten (offizieller Beginn: 17 Uhr). Bei der Abfahrt wurde es noch enger: Während die meisten Fußballfans das Stadion zwischen 19.20 Uhr und kurz vor 20 Uhr verließen, endete das Konzert gegen 19.45 Uhr.

So drängten und stauten sich die Zuschauer auch diesmal auf den teilweise engen Zufahrtswegen, obgleich das befürchtete große Chaos anscheinend ausblieb. Doch das nächste „Doppel“ wartet schon: Kommenden Sonntag spielt der HSV wieder im Volkspark (17.30 Uhr), während nebenan Florian Silbereisen Tausende zum „Großen Schlagerfest“ begrüßt (18 Uhr) – die vierte Doppelveranstaltung des Jahres.

Werden zwei gleichzeitige Großereignisse jetzt zur Regel? Weil der Stadt die Probleme am Volkspark – zu wenig Parkplätze, Dauerbaustelle A 7, verhältnismäßig schlechte Anbindung an das S- und U-Bahn-Netz – bekannt sind, sollten Doppelveranstaltungen eigentlich vermieden werden, heißt es in der Verkehrsbehörde. „Ganz ausschließen kann man sie nicht“, sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke.

Eine Vereinbarung zwischen dem HSV und der Barclaycard Arena soll die Belastung für Verkehr, Anwohner und Besucher deshalb in Grenzen halten. Laut Senat sind demnach maximal sechs Parallelveranstaltungen pro Jahr erlaubt. Nur in diesem „begrenzten Umfang“ seien „nach Auffassung der zuständigen Behörden“ zwei gleichzeitig stattfindende Großereignisse „vertretbar“. Heißt: Vier dieser sechs „vertretbaren“ Termine sind in diesem Jahr schon bis Mitte März aufgebraucht.

Den Grund für diese strikte Haltung konnten bei früheren Doppelveranstaltungen alle besichtigen, die sich in der Nähe des Volksparks aufhielten. Am 18. Februar staute es sich kilo­meterlang, als HSV-Fans gleichzeitig mit Besuchern des Pop-Oratoriums „Luther“ anreisten. Am 1. März musste die Show „Once Upon A Dog Tour“ des selbst ernannten Hundeflüsterers Cesar­ Milla in der Arena wegen der schleppenden Anreise sogar eine Dreiviertelstunde später als geplant beginnen, das kurzfristig angesetzte DFB-Pokalspiel des HSV gegen Mönchengladbach mit zehnminütiger Verzögerung. Momentan verschärfe die Dauerbaustelle der benachbarten A 7 die Situation, sagt Behördensprecherin Meinecke. „Die können wir nicht wegzaubern.“ Insofern rät die Verkehrsbehörde zur Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch obwohl Busse und Bahnen des HVV nicht nur länger, sondern auch öfter fahren, bewahre das niemanden vor Wartezeiten. Zwei volle Spielstätten, eine begrenzte Auswahl an Zufahrtsstraßen – das schlucke das System nun mal nicht.

Für Uwe Frommhold, Geschäftsführer der Barclaycard Arena, sei das „verständlicher Ärger“. Besonders die Situation am 1. März bedauere er. Frommhold befinde sich im ständigen Austausch mit dem HSV und der Polizei, um die Probleme bei der An- und Abreise so gering wie möglich zu halten. „Das Team der Barclaycard Arena will Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sein“, sagt Frommhold.

Und doch gebe es Probleme. Zum einen seien die aktuell zur Verfügung stehenden 5000 Parkplätze an den Arenen viel zu knapp bemessen (siehe neben stehenden Text). Dadurch verursache der „Suchverkehr“ erhebliche Rückstaus. „Es sollten in Zukunft also mehr Parkplätze im Umfeld geschaffen werden“, sagt Frommhold.

Zum anderen würden die HSV-Spiele im Gegensatz zu den Konzerten in der Arena sehr kurzfristig von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) oder dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) terminiert. Konzerttermine stünden dagegen schon ein bis drei Jahre im Voraus fest. Bundesliga- oder DFB-Pokal-Partien werden etwa vier bis acht Wochen vorher terminiert. Da die Spieltagvergabe komplexen, bisweilen übergeordneten Interessen folgt, lassen sich Doppelbelegungen im Volkspark nicht verhindern. Der Verkehr ist da nur ein Kriterium. In Hamburg muss aus Sicherheitsgründen auch an den FC St. Pauli gedacht werden, dessen Heimspiele nach Möglichkeit nicht mit HSV-Heimspielen kollidieren sollten.

Dabei ist die beschwerliche An- und Abreise bei Großveranstaltungen im Volkspark fast schon der Normal­zustand. Anwohner beschweren sich regelmäßig über zugeparkte Wege, Besucher über viel zu lange Wartezeiten. Schon vor Jahren warnte der damalige CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse, dass der Senat keine weiteren Maßnahmen plant, um bei Großveranstaltungen flexibel auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen zu reagieren.

Ursache für die vermehrte Anreise mit dem Auto – darin sind sich alle Beteiligten einig – ist die fehlende direkte Anbindung der Arenen an das U- und S-Bahn-Netz. Der S-Bahnhof Stellingen ist gut 1800 Meter entfernt. Der Fußweg dauert 20 Minuten. Bei Stadionveranstaltungen werden zwar zwölf Gelenkbusse, bei Arena-Einsätzen sechs Gelenkbusse als Shuttle vom HVV eingesetzt. Pro Fahrt könnten bis zu 130 Fahrgäste transportiert werden. Aber auch Busse müssen die wenigen vorhandenen Straße nutzen.