Hamburg. Das Konzept ist eine Innovation in Deutschland. Der Markt für Schuldscheine hat sich in den zurückliegenden Jahren deutlich belebt.

Schon vor mehreren Monaten hat die Böag, die Dachgesellschaft der Börsen Hamburg und Hannover, eine weitere Innovation in Aussicht gestellt. Jetzt ist es soweit: Am heutigen Mittwoch startet an der Börse Hamburg eine Handelsplattform für Schuldscheine – eine Premiere in Deutschland. Die Plattform richtet sich allerdings ausschließlich an Profianleger.

Schuldscheindarlehen dienen wie auch Anleihen der langfristigen Finanzierung von Unternehmen. Sie sind besonders für Firmen interessant, die entweder für die Emission von Anleihen zu klein sind oder die sich nicht durch eine Ratingagentur bewerten lassen wollen. Anders als eine Unternehmensanleihe ist ein Schuldschein kein Wertpapier und wird daher bisher auch nicht in einer transparenten Form gehandelt. Das ändert sich jetzt mit der neuen „Schuldscheinbörse Deutschland“.

Markt hat sich deutlich belebt

Nach Angaben der Böag hat sich der Markt für Schuldscheine in den zurückliegenden Jahren deutlich belebt. Allein 2016 sei das Neuemissionsvolumen um knapp 40 Prozent auf 26,8 Milliarden Euro gestiegen. Damit nehme auch das Potenzial für Transaktionen im Zweitmarkt zu. „Mit der Schuldscheinbörse Deutschland reagieren wir zeitnah auf den stark wachsenden Markt für Schuldscheine in Deutschland und Europa“, sagt Thomas Ledermann, Geschäftsführer der Börse Hamburg und Vorstand der Böag.

„Der Schuldschein ist zwar kein handelbares Wertpapier, aber wir starten den Versuch, ihn so schlank und sicher wie möglich für institutionelle Investoren vermittelbar zu machen“, so Ledermann. Ähnliches sei der Böag mit dem Zweitmarkt für geschlossene Fonds bereits vor Jahren gelungen: „Mit der Fondsbörse Deutschland sind wir mit großem Abstand Marktführer in Deutschland.“

Zwei Vermittlungsalternativen

Institutionelle Investoren wie Kreditinstitute, Versicherungen, Fondsgesellschaften, Vermögensverwaltungen und Stiftungen haben nach Angaben der Böag künftig die Möglichkeit, Kauf- und Verkaufsaufträge für Schuldscheine anonym und kostenfrei über einen Dienstleister auf der Plattform einstellen zu lassen.

Für Verkäufer stehen zwei Vermittlungsalternativen zur Verfügung: Das über maximal fünf Tage laufende „Auktionsverfahren“ ermöglicht die Erzielung eines bestmöglichen Verkaufspreises; im „Soforthandel“ wird eine zeitnahe Ausführung angestrebt. Bei erfolgreicher Vermittlung eines Geschäftes fällt eine Provision an.

Handelsumsatz von 7,4 Milliarden Euro

Als Dienstleister für die Plattform fungiert die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank, die bereits seit vielen Jahren als Skontroführer an den Börsen Hamburg und Hannover tätig ist. Auf Basis einer speziellen Marktordnung werden ausschließlich Schuldscheine mit einer Restlaufzeit zwischen einem und maximal zehn Jahren vermittelt.

Für das erste volle Geschäftsjahr hat sich die Böag in diesem neuen Segment ein Handelsvolumen im zweistelligen bis knapp dreistelligen Millionenbereich zum Ziel gesetzt. Insgesamt erreichte die Böag im Jahr 2016 einen Handelsumsatz von 7,4 Milliarden Euro, das war ein Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Seit Februar 2015 eine Sparbriefbörse

Das Handelsvolumen bei offenen Investmentfonds lag bei rund einer Milliarde Euro. Daneben verzeichnete das Tochterunternehmen Deutsche Zweitmarkt im vergangenen Jahr mehr als 6000 Vermittlungen geschlossener Fonds mit einem Nominalumsatz von zusammen über 250 Millionen Euro. Außerdem betreibt die Böag seit Februar 2015 eine Sparbriefbörse.