Hamburg. In Hamburg fehlt es besonders an Single-Unterkünften. Vermieter nutzen diesen Missstand offenbar aus – von wegen Mietpreisbremse.

Eine renovierte Einzimmerwohnung für 259 Euro, noch dazu in einem schönen Jugendstilbau, nur drei Gehminuten vom nächsten S-Bahnhof entfernt – wo gibt es das schon noch in zentraler Hamburger Lage? Also nichts wie hin zur Stormarner Straße zur Besichtigung an diesem Freitagnachmittag!

Bei genauerem Hinsehen aber macht sich Klick für Klick Ernüchterung breit. Die Küche ist nur ein Spülbecken, aufgestellt in einem engen Flur, der Zimmer und Duschbad verbindet. Und dann die Wohnfläche: 14,64 Quadratmeter. Umgerechnet auf einen Quadratmeter ergibt sich ein Preis von stolzen 17,69 Euro – kalt. Ist das vermeintliche Schnäppchen in Wahrheit ein Fall von Mietwucher? Vergleichbare Preise werden aktuell auch in Eppendorf oder Harvestehude verlangt.

Anteil der Singlehaushalte liegt bei mehr als 50 Prozent

„Der Fall zeigt, wie eng der Markt in diesem Segment ist“, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. „Viele Hartz-IV-Empfänger, Studenten, Auszubildende und auch Bewohner von Notunterkünften warten auf solche Wohnungen.“ Erst im Dezember hatten Chychla und Axel-H. Wittlinger, Chef des Immobilienverbands IVD, die Stadt aufgefordert, verstärkt auf Singlehaushalte zugeschnittene Wohnungen zu bauen.

Hintergrund: Mehr als jede zweite der 925.000 Wohnungen in Hamburg wird von nur einer Person bewohnt. Aber nur knapp jede sechste hat zwei Zimmer oder weniger. Das hat zur Folge, dass Alleinstehende für Wohnraum oft einen überproportionalen Anteil ihres Einkommens ausgeben müssen.

Für den wenigen kleinen Wohnraum werden dann schon mal Höchstpreise aufgerufen, wie der geschilderte Fall zeigt, der seit einigen Tagen im Internet die Runde macht. Tatsächlich liegt das Preisniveau für vergleichbaren Wohnraum in Dulsberg – zu diesem Stadtteil und nicht zu Wandsbek, wie vom Makler angegeben, gehört diese Straßenseite der Stormarner Straße – laut Hamburger Mietenspiegel bei 11,05 Euro pro Quadratmeter, wobei die Spanne von 8,69 bis 13,37 Euro reicht. Diese ortsüblichen Vergleichswerte wurden aufgrund von Wohnungen ermittelt, die hinsichtlich Größe, Ausstattung, Alter und Wohnlage auf ähnlichem Niveau sind.

Das Problem: Bei Wohnungen, die weniger als 25 Quadratmeter groß sind, kommt der Mietenspiegel nicht zur Anwendung. „Trotzdem muss man solche Preise nicht klaglos hinnehmen“, sagt Chychla. „Es ist dreist, für so kleinen Raum so viel Geld zu nehmen.“

Wohnung in diesem Zustand „unbewohnbar“

Mehr noch: Die Wohnung dürfte im auf den Fotos abgebildeten Zustand gar nicht vermietet werden. Vorgeschrieben sei, dass es zwischen Küche und Bad zwei Türen geben muss. Dies sei hier nicht der Fall. Chychla: „Das Bauamt würde eine solche Wohnung für unbewohnbar erklären.“ Eigentlich handele es sich also um eine Unterkunft ohne Küche, was allein den Wert um ein bis zwei Euro pro Quadratmeter mindern müsste.

Weiteres Minus: Laut Anzeige verfügt die Wohnung über eine Gas-Etagenheizung. Auf den Bildern ist allerdings eine Nachtspeicherheizung zu erkennen. Deren Betrieb ist teuer und muss auf die fixen Nebenkosten von 20 Euro aufgeschlagen werden. „Für eine solche Wohnung darf man allenfalls zwölf Euro pro Quadratmeter verlangen“, sagt Chychla.

Mietärger – neuer Schnelltest für alle Hamburger

Beim zuständigen Makler kann man die Empörung nicht nachvollziehen. Der Vorwurf des Mietwuchers sei lächerlich, wo sonst gebe es so günstige Wohnungen, heißt es auf Nachfrage. Dass vollständig sanierte Wohnungen mehr kosteten, sei normal. Dann ist das Gespräch auch schon beendet.